Südafrika: Clover-Streik ist ein Kampf gegen das kapitalistische System

Erklärung der Workers and Socialist Party (WASP)

Dieser Artikel erschien zuerst am 5. Jänner 2022 auf der Website der Workers and Socialist Party (WASP), der südafrikanischen Sektion der International Socialist Alternative (ISA) und Schwesterorganisation der SLP.

Mobilisiert für Massenversammlungen am 8. Januar zur Vorbereitung fortlaufender Massenaktionen! 

Als WASP bekräftigen wir unsere Solidarität mit den 5000 Clover-Arbeitern, die seit dem 22. November letzten Jahres streiken. Wir unterstützen die Forderungen der ArbeiterInnen voll und ganz und rufen zu einer Eskalation der Demonstrationen auf, um dieses Jahr des Kampfes zu eröffnen, sowohl von den ArbeiterInnen als auch von den Kräften, die sich mit ihnen solidarisieren - hier in Südafrika und international.

Für den 8. Januar wurde eine Massenversammlung in der Cathedral Hall in Johannesburg und im Community House in Kapstadt einberufen. Alle Gewerkschaften, Gemeinde- und Jugendorganisationen und andere fortschrittliche Gruppierungen müssen ihre Teilnahme zu einer Priorität machen. Vor dem Hintergrund dieser anhaltenden Pandemie, der Verschärfung der Wirtschaftskrise und der Zerschlagung von Arbeitsplätzen müssen wir das neue Jahr mit einem vereinten Kampf der Arbeiterklasse gegen das neoliberale, von der ANC-Regierung und den Bossen vorangetriebene System der Kürzungen beginnen.

Milco SA investiert, um die Profite zu steigern, nicht die Arbeitsplätze

Die überwiegende Mehrheit der Clover-Beschäftigten verdient weniger als einen existenzsichernden Lohn, obwohl Clover in den letzten Jahren mit steigenden Gewinnen geprahlt hat. Milco SA, ein Konsortium unter Führung der israelischen Central Bottling Company, erwarb 2019 eine Mehrheitsbeteiligung an dem hochprofitablen Unternehmen Clover. Trotz der Einwände der Arbeitnehmer, die sich auf die Solidarität mit dem palästinensischen Volk in seinem Kampf gegen den israelischen Imperialismus stützten, genehmigten die südafrikanischen Behörden die Fusion mit der Begründung, dass im Rahmen des so genannten Masakhane-Projekts "Arbeitsplätze geschaffen" würden. Clover hat nicht nur das Projekt durch Entlassungen von Arbeitnehmern und Managern, die daran beteiligt sind, demontiert - was bedeutet, dass von den 500 versprochenen neuen Arbeitsplätze keiner geschaffen wurde -, sondern durch die Umsetzung des Projekts Sencillo (=Umstrukturierungen) sind über 2 000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Clover will 300 Beschäftigte entlassen, außerdem sollen vier Zweigstellen geschlossen werden, was einen weiteren Verlust von 350 Arbeitsplätzen bedeutet, nicht eingerechnet die Beschäftigten, die die freiwilligen Abfindungspakete angenommen haben (die einer Zwangsentlassung gleichkommen). GIWUSA berichtete, dass das Unternehmen seine Zweigstelle in City Deep (Vorort von Johannesburg) nach Boksburg verlagern will, wodurch weitere 812 Arbeitsplätze verloren gehen könnten.

Die Medienpropaganda besagt, dass Clover aufgrund der "anhaltenden Pandemie" und der mangelnden Erbringung von Dienstleistungen an verschiedenen Standorten nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzusetzen. Clover hatte jedoch von 2019 bis Ende 2020 seine Einnahmen von 462,3 Millionen Dollar (7,4 Milliarden Rand) auf 673 Millionen Dollar (10,8 Milliarden Rand) steigern können. Trotz dieser Zerschlagung von Arbeitsplätzen weigert sich die südafrikanische Regierung, die die letzten Wahlen knapp mit einem Mandat zur Schaffung von Arbeitsplätzen gewonnen hat, Clover zur Verantwortung zu ziehen.

Diese Fusion war nie im Interesse von Investitionen in das Wachstum von Clover und die Arbeitsplatzsicherheit der Arbeitnehmer, sondern vielmehr eine imperialistische Strategie, um mit Waren, die von einem israelischen Unternehmen im besetzten Palästina hergestellt werden, auf die südafrikanischen Märkte zu gelangen.

Der arbeiterfeindliche, extrem ausbeuterische Charakter von Milco wird durch seine Komplizenschaft mit Landraub im besetzten Palästina, wo es Fabriken betreibt, unterstrichen. Aber auch durch die Tatsache, dass die Clover-Beschäftigten seit der Fusion jedes Jahr gezwungen waren, für die grundlegendsten und vernünftigsten Forderungen nach existenzsichernden Löhnen, der Sicherung von Arbeitsplätzen, der Beendigung der Arbeitsvermittlung sowie Transport- und Wohnbeihilfen zu streiken.

Auf früheren Kämpfen aufbauen, um den Streik zu voranzutreiben

Im Oktober 2020 traten die Beschäftigten von Clover in einen Streik, der am 9. Dezember endete. Durch unermüdliche tägliche Streikposten in den Clover-Depots, fliegende Streikposten und Massendemonstrationen am Hauptsitz wurden entscheidende Zugeständnisse wie eine 6,5-prozentige Lohnerhöhung und die Übernahme von fast 400 Beschäftigten erreicht. Zu den Solidaritätsaktionen gehörten ein landesweiter Boykott von Clover-Produkten mit einer starken Kampagne in den sozialen Medien, bei der Unterstützer*innen Aufkleber mit der Aufschrift "Boykottiert Clover" auf Clover-Produkten in strategischen Lebensmittelgeschäften im ganzen Land anbrachten, sowie Demonstrationen vor der israelischen Botschaft in Pretoria und eine Mahnwache vor der Coca-Cola-Fabrik in Bnei Brak, Tel Aviv, die von Mitgliedern von Socialist Struggle (ISA in Israel & Palästina, einer Schwesterpartei der WASP) organisiert wurde. Aber wie wir damals vorausgesagt haben, wird die Milco SA unerbittlich versuchen, diese Siege wieder zunichte zu machen und ihre Verluste zurückzuerobern. Wir müssen die Lehren aus früheren Kämpfen wie diesem ziehen, um herauszufinden, wie wir die aktuellen Streiks am effektivsten eskalieren können.

Bislang hat sich Clover verpflichtet, die fast 800 Beschäftigten, die sie im Laufe dieses Streiks illegal entlassen haben, wieder einzustellen. Sie weigern sich jedoch, bei den anderen vernünftigen Forderungen der Arbeitnehmer nachzugeben, die da wären:

  • Rücknahme aller Sparmaßnahmen
  • Eine Lohnerhöhung von 10%.
  • Die Desinvestition von MILCO/CBC
  • Verstaatlichung von Clover auf der Grundlage einer demokratischen Arbeiter*innenontrolle und -management als Alternative zu einer feindlichen und 
  • imperialistischen MILCO-Übernahme und Zerschlagung von Clover, Fabrikschließungen und Arbeitsplatzverlusten

Als Marxisten wissen wir, dass Unternehmen, um im kapitalistischen System wettbewerbsfähig zu bleiben, immer ihre Gewinne steigern müssen, um ihren Marktanteil zu vergrößern. Für die Arbeiter*innenklasse, die sowohl unter den Lohn-/Arbeitsplatzkürzungen als auch unter den gestiegenen Preisen für Konsumgüter leidet, bedeutet dies einen Wettlauf nach unten und eine Verschärfung der Ungleichheit. Deshalb wird die Forderung nach Verstaatlichung von Clover zu einem wichtigen Schritt auf dem Weg zur Kontrolle der gesamten Wirtschaft durch die Arbeitnehmer; zur Abschaffung dieses kranken kapitalistischen Systems, das den Profit über den Menschen stellt, und zu seiner Ersetzung durch eine sozialistische Wirtschaft auf der Grundlage der Bedürfnisse.

Die Lage bei Clover ist kritisch und erfordert, dass alle Arbeiter*innenorganisationen ernsthaften Druck auf die ANC-Regierung ausüben, damit diese eingreift. GIWUSA und FAWU (Food and allied Workers Union, Gewerkschaft der Nahrungsmittel- und damit verbundenen Arbeiter*innen) trafen sich in der vergangenen Woche mit dem Minister für Handel und Industrie, Ebrahim Patel, und der Wettbewerbskommission, und die Antwort war, dass sie nichts tun können, außer die Nichteinhaltung der vagen Bedingungen für die Fusion durch die Wettbewerbskommission zu untersuchen. Es ist keine Überraschung, dass der neoliberale, unternehmensfreundliche ANC der Schließung der größten Käsefabrik Afrikas tatenlos zusieht. Vor dem Hintergrund der eskalierenden Arbeitslosigkeit, die sich mittlerweile fast auf die Hälfte der Bevölkerung beläuft, widerspricht dies jedoch dem Versprechen der ANC-Regierung, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten.

 

Ernährung und Arbeitsplatzsicherheit

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Schließung und Umstrukturierung dieser Molkereien auf diese brutale Art und Weise auch die örtlichen Milchbetriebe und den gesamten Agrarsektor hart treffen wird. Es wird der Anfang vom Ende der südafrikanischen Milchwirtschaft sein, die seit 1996 unter dem Druck der Deregulierung des Agrarsektors zugunsten der Anarchie des internationalen freien Marktes gelitten hat. Dies hatte verheerende Folgen für die Kleinbauern, ihre Arbeiter und Gemeinschaften.

Wir haben die Auswirkungen des Hühner-"Dumpings" in Südafrika gesehen - die Praxis, ein Überangebot an Hühnerfleisch in Ländern wie den USA in Südafrika zu Preisen unter dem Marktniveau zu verkaufen, um die Preise in diesen Ländern hoch zu halten. Inzwischen sind Tausende von Arbeitsplätzen in der Geflügel- und Getreidezucht (die die Geflügelfarmen mit Futtermitteln versorgt) verloren gegangen, und nach Angaben des südafrikanischen Geflügelverbands verlassen jedes Jahr 6,1 Mrd. Rand das Land aufgrund von Geflügelimporten. Die lokale Produktion von Geflügel und Getreide wird eingestellt, da sie nicht mit den internationalen Importen konkurrieren kann, die die Preise für Geflügel unterbieten. So werden die Löhne der Arbeiter gekürzt, Arbeitsplätze gehen dauerhaft verloren, und die Produktion wird weiter abgebaut. Sobald die gesamte lokale Produktion verschwunden ist, werden die Preise erheblich steigen, da es keine Konkurrenz mehr gibt.

Im Kapitalismus führt der Wettbewerb zu Monopolen. Dies und feindliche Übernahmen wie Milco, die die Kapitalkonzentration in der Zeit der Wirtschaftskrise beschleunigen, sind im Kapitalismus angelegt. Die gleiche Zukunft erwartet viele Industrien in der gesamten Wirtschaft, wie bei SA Breweries und anderen Unternehmen zu sehen ist, wo Tausende von Arbeitnehmern infolge ähnlicher Übernahmen ebenfalls ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Letztendlich sind es die Arbeiterklasse und die Armen, die dafür bezahlen, nicht die kapitalistischen Eigentümer; bei Clover wird dies deutlich durch die Tatsache illustriert, dass dem CEO 107 Millionen Rand "geliehen" wurden, um Aktien von Milco zu kaufen, während die ArbeiterInnen brutal behandelt werden, um 300 Millionen Rand an Arbeitskosten "zurückzuholen".

Wie wir bereits erwähnt haben, ist dies auch eine Frage der Ernährungssicherheit in Südafrika. Die Covid-Pandemie hat ernste Schwachstellen in einer marktwirtschaftlichen Wirtschaft aufgezeigt und gezeigt, wie globale Lieferketten, die nicht demokratisch geplant sind, schnell ins Chaos stürzen können. Sich zunehmend auf Importe zu verlassen, um das Land mit den lebensnotwendigen und produktiven Nahrungsmitteln zu versorgen, ist ein ernsthaftes Risiko, das wir eingehen müssen.

Die Forderung der Arbeitnehmer nach Verstaatlichung beinhaltet richtigerweise, dass das gesamte Unternehmen Clover und seine Vertriebslinien unter demokratischer Arbeiter*innenkontrolle stehen. Dies wäre ein entscheidender erster Schritt zur Verstaatlichung der gesamten Milchwirtschaft, um die Zukunft der Arbeitnehmer und der von ihr abhängigen Gemeinschaften zu sichern. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass alle Beschäftigten in der Milchwirtschaft sich mit den Beschäftigten von Clover solidarisieren. Gewerkschaften, die in dieser Branche organisiert sind, wie die NUMSA (National Union of Metalworkers of South Africa) bei NAMPAK (Verpackungsunternehmen, welches auch Konservendosen etc. herstellt), müssen sich für eskalierende Solidaritätsaktionen wie Streikposten zur Mittagszeit, sekundäre Streiks und Besetzungen einsetzen.

Einheit der Arbeiterklasse unerlässlich

Die Einigkeit zwischen GIWUSA- und FAWU-Beschäftigten bei Clover zeigt einen qualitativen Unterschied im laufenden Kampf bei Clover, der lobenswert ist. Wo früher Spaltungen die Kraft des kollektiven Kampfes untergruben, erhöht diese klassenbasierte Einigkeit das Potenzial für einen Sieg erheblich. Der gemeinsame Betriebsratsausschuss von FAWU und GIWUSA ist eine entscheidende Struktur, die sicherstellen kann, dass alle Verhandlungen kollektiv und nicht in getrennten Sitzungen mit separaten Gewerkschaften geführt werden - das ist die Einheit der Arbeiterklasse, für die die WASP kompromisslos gekämpft hat. Es ist auch wichtig, diese Einheit zu nutzen, um für die Wiederaufnahme von GIWUSA in die SAFTU (South African Federation of Trade Unions, Südafrikanische Gewerkschaftsföderation) zu kämpfen, wodurch das Potenzial für einen kämpferischen Kampf der Arbeiterklasse erweitert werden kann. Eine Injektion von Militanz seitens der Basis, wie sie von den Clover-Beschäftigten demonstriert wurde, kann sich als wichtiges Gegenmittel gegen die bürokratische Lähmung erweisen, die die SAFTU plagt, und diese wieder auf den Weg zu einem kämpferischen Verband bringen.

Die SAFTU muss auch in diesem Clover-Streik eine aktive Führungsrolle übernehmen und eine Kampagne zur Ausweitung des Kampfes auf SA Breweries führen. Die WASP ruft die Genossen in der FAWU auf, jetzt einen Streik auszurufen, um das Potenzial für einen Sieg durch koordinierte Streiks und eine geschlossene Front der von Arbeitsplatzverlusten bedrohten Arbeiter*innen zu maximieren.

Letztlich ist dies nicht nur eine Angelegenheit der Clover-Beschäftigten oder gar der breiteren Arbeiterbewegung, sondern ein Thema, das alle Jugendlichen und die Arbeiterklasse betrifft. Wir alle müssen uns gegen diesen anhaltenden Angriff von Milco SA wehren und für die Enteignung von Clover kämpfen, um der internationalen Kapitalistenklasse die Kontrolle über die Milchindustrie zu entreißen und sie unter demokratische Arbeiterkontrolle zu stellen. 

Wie WASP-Mitglied und GIWUSA-Präsident Mametlwe Sebei erklärte: "Es gibt keine andere Alternative zu Arbeitsplatzverlusten und massiven Fabrikschließungen in diesem Land." Die Regierung und die Wettbewerbskommission werden den Bossen dienen, wie sie es bisher bei Clover getan haben, bis genügend Druck auf sie ausgeübt wird, um Zugeständnisse zu erzwingen. Nur die Arbeiterklasse hat die Macht dazu, und wir müssen diese Macht auf demokratisch organisierte und strategische Weise ausüben, um die Errungenschaften vergangener Kämpfe zu verteidigen, aber auch um weitere Siege im Klassenkampf zu erringen.

Die Ohnmacht der Regierung entlarvt den Bankrott des ANC angesichts der schlimmsten Krise seit Jahrzehnten. SAFTU muss dringend konkrete Schritte zur Gründung einer Arbeiter*innenmassenpartei auf der Grundlage eines sozialistischen Programms unternehmen, was für die WASP den sofortigen Start einer Kampagne zum Aufbau von Vor-Parteistrukturen bedeutet, um die verschiedenen Gemeinschaften für wichtige Streiks wie Clover zu mobilisieren. Mehr denn je müssen wir diese Kämpfe nutzen, um eine kämpfende Arbeiterbewegung gegen das kapitalistische System als Ganzes aufzubauen und eine sozialistische Welt auf der Grundlage einer bedarfsgerechten Planwirtschaft zu schaffen.

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