Mo 01.07.2002
Kommt nach dem heißen Sommer ein heißer Herbst? Wird Österreich auch in Sachen Streiks europareif? Im bisher streikarmen Österreich zeichnet sich eine Trendwende ab. Nicht zuletzt weil der soziale Druck auf die österreichischen ArbeiternehmerInnen durch Krise und Arbeitslosigkeit weiter steigt.
Nach dem Aus für Semperit, folgte die Libropleite. Vor allem aber kommt die Bauwirtschaft nicht aus der Krise heraus. Die fehlenden öffentlichen und privaten Investitionen in diesem Bereich, sind immer ein Anzeichen für tiefgreifende Probleme der gesamten Wirtschaft.
In so einer, prekären, Situation, kann alleine schon der Blick über die deutsche Grenze seine Auswirkungen auf das Bewußtsein der österreichischen KollegInnen haben: Dort gab es im Juni, erstmals seit 1945 einen gesamtdeutschen BauarbeiterInnenstreik. Das Klima in der österreichischen ArbeiterInnenklasse hat sich grundlegend gewandelt: Internationalen Beispiele von Streiks und Bewegungen, speziell in Nachbarländern, werden in Österreich von Betroffenen positiv wahrgenommen.
Sparpolitik erhöht den Druck
Die Nulldefizitpolitk der Regierung erhöht den Druck. Finanzminister Grasser muß den Spagat zwischen einer neoliberalen Sparpolitik und einer einigermaßen merkbaren Steuerreform schaffen. Die FPÖ braucht diese Steuerreform, will sie bei den Nationalratswahlen nicht die totale Verliererin zu sein. Einen solchen Spagat schafft Grasser nur wenn er das Geld für die Steuerreform (mindestens 30 Milliarden öS) durch Einsparungen im öffentlichen Bereich hereinbringt. Alles andere wäre eine Abkehr von der neoliberalen Politik. Zum gegenwertigen Zeitpunkt spricht der Finanzminister von der Verwaltungsreform. Es ist auch kein Zufall das Post und ÖBB im Schußfeld der FPÖ-Propaganda stehen: Auch dort soll vom Staat massiv eingespart, bzw. abkassiert werden.
Streiks finden statt!
Doch gerade im Öffentlichen Dienst gab es am meisten Widerstand, gegen die Sparpolitik der Regierung. Am stärksten bei den LehrerInnen: Basisinitiativen (wie etwa das “Forum Henriettenplatz”), versuchten in der Vergangenheit gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen gegen die Kürzungen der Regierung zu organisieren. Diese Versuche scheiterten lange an der GÖD- Spitze, die der Regierung die Mauer machte. So kam es zur Gründung der Unabhängigen Bildungs Gewerkschaft - UBG, die am 2.Mai einen erfolgreichen LeherInnenstreik durchführte. Die UBG, sieht sich als Richtungsgewerkschaft die unabhängig von Parteiinteressen, die Interessen aller vertritt die im Bildungsbereich arbeiten. Die UBG will aktiv gegen Neoliberalismus sein. Die UBG geht davon aus das viele Sparmaßnahmen bei Schulbeginn noch deutlicher zu spüren sein werden. Sie geht daher davon aus, im Herbst Initiativen für einen LehrerInnenstreik in mehreren Bundesländern setzten zu können.
Auch bei den Universitäten gab es einen Streik und gibt es Streikdrohungen. Die GÖD-Spitze sieht sich nun plötzlich gezwungen mit einem Streik im gesamten öffentlichen Dienst zu drohen. Die GÖD- Spitze steht auch wegen den Gehaltsverhandlungen unter Druck. Viele öffentlich Bedienstete wollen nach den schlechten Abschlüssen der letzten 2 Jahre und den sonstigen Verschlechterungen eine echte Gehaltserhöhung sehen. Traditionell sind Gehaltsabschlüsse im öffentlichen Dienst vor Nationalratswahlen auch besser als sonst. Das setzt die GÖD-Spitze zusätzlich unter Druck.
Postbus
Eine neue Entwicklung leiteten in Österreich die Postbusstreiks im Mai und Juni ein. BusfahrerInnen, “traditionelle” Schichten der österreichischen ArbeiterInnenklasse, nutzten ihre wirtschaftliche Macht und ihre gute gewerkschaftliche Organisierung, um sich gegen Angriffe zu wehren. International ein normaler Vorgang, der vielleicht auch bald in Österreich die Regel und nicht die Ausnahme sein wird. Bei der Post, Telekom und ÖBB wird der Postbusstreik besonders genau beobachtet, da hier ein “natürliches” Naheverhältnis besteht. Bei Post und Telekom gibt es im Herbst Personalvertretungswahlen, ein Faktor der die Gewerkschaftsspitze zusätzlich unter Druck bringt.
Grasser Sparwut im öffentlichen Dienst, und dazu die kampfbereiten KollegInnen. Diese Konfrontation könnte im Herbst mit Streiks ausgetragen werden. Der Betriebsratsvorsitzende der Postbus AG, Kollege Robert Wurm, hat in einem Interview bedauert das es in Österreich keine Streiktradition wie in Frankreich gibt. Stellt sich die Frage wie eine solche Tradition aufgebaut werden kann. Wir von der SLP meinen eine Vernetzung aller Betroffen die kämpfen und eine einheitlicher Aktionstag im Herbst wäre ein erster Schritt in diese Richtung. Das Ziel unserer Gewerkschaftsopposition ist der Aufbau einer kämpferischen Opposition im ÖGB.