Fr 01.07.2005
Weniger bekannt als die Privatisierungspolitik der Bundesregierung ist die der Gemeinde Wien. Aber: Privatisierung ist in Wien genauso auf der Tagesordnung. Die wichtigsten Aufgabengebiete der Stadt wurden bereits ausgegliedert: Die gesamten Wiener Stadtwerke wurden als Wiener Stadtwerke Holding ausgegliedert, das umfaßt Wiener Linien, Wiengas, Wienstrom, Fernwärme, Bestattung Wien usw. Es handelt sich dabei jetzt um Unternehmen im städtischen Eigentum, die als solche nicht primär den Bedürfnissen der WienerInnen verpflichtet sind, sondern dem Rechnungsabschluß. Bei den Wiener Linien brachte das neue Dienstrecht etwa eine Lohneinbuße von etwa 25%.
Weiters ausgegliedert sind auch die Krankenhäuser (KAV – Krankenanstaltenverbund) und Gemeindewohnungen (Wiener Wohnen).
Die Wiener Holding, andere Gesellschaft im Eigentum der Stadt, wurde in den 70er Jahren eigentlich zum Aufkaufen von bankrotten Privatunternehmen gegründet. Ab 1989 begann die Gemeinde, diese Gesellschaft umgekehrt zur Privatisierung zu nutzen. Zur Holding gehören derzeit Firmen wie die Wr. Stadtentwicklungsgesellschaft und die Wiener Messe Besitz Gmbh, die Kabel-TV-Wien und der Wiener Hafen. Mit der Schließung vieler Betriebe wird das Immobiliengeschäft immer wichtiger. Dabei geht es um das Messegelände, St. Marx und einiges mehr. Insgesamt arbeiten 1.800 Personen für die Wiener Holding. Spitzenreiter ist hier der Freizeit-, Kultur- und Veranstaltungsbereich mit den Vereinigten Bühnen Wien sowie die Wiener Stadthalle-Gruppe. Im Wahljahr 2001 wurden erste gemeindeeigene Wohnhäuser an private Immobilienbetreiber verkauft. Lächerliche Ausrede vom Sprecher des Wohnbaustadtrats Feymann: Es “handelt sich nicht um klassische Gemeindebauten, sondern um Althäuser, die durch Schenkung, Vererbung oder Tausch in den Besitz der Stadt gekommen sind.” Sogar Stadtplanungseinrichtungen, wie zum Beispiel die Gebietsbetreuungen, sind bereits vollständig privat.
Fonds Soziales Wien
Vor einem Jahr wurde ein Großteil des Wiener Sozial- und Gesundheitswesens im Fonds Soziales Wien ausgegliedert. Die Gemeinde Wien gibt die soziale Verantwortung weitgehend an diese privatrechtlich organisierte Firma im 100%igen Gemeindebesitz ab. Es gibt dabei keine Möglichkeit der demokratischen Kontrolle mehr für diesen Bereich mit rund 15.000 Beschäftigten, 60.000 LeistungsbezieherInnen und einem Budget von 700 Mio. Euro. Der Einfluß des Gemeinderats reduziert sich im wesentlichen auf die jährliche Abstimmung über das Budget. Die SPÖ nennt dieses Budget in der Postwurfzeitung “Wien.at” propagandistisch “höchstes Sozialbudget aller Zeiten” – erwähnt aber nicht, dass der “Fonds Soziales Wien” wesentlich mehr Aufgaben zu erfüllen hat, als die Vorgänger MA 12 und MA 47. So übernahm die Gemeinde Wien vom Bund einen Großteil der Flüchtlingsbetreuung, die der FSW koordiniert. Außerdem soll die medizinische und allgemeine Hauskrankenpflege massiv ausgebaut werden, um bei Spitals- und Pflegeheimbetten einsparen zu können. Ähnliches soll im Behindertenbereich zur Entlastung der psychiatrischen Krankenhäuser passieren. Insgesamt handelt es sich also eher um eine Budgetkürzung.
Der FSW hat die Aufgabe, eine Art sanfte Privatisierung im Sozial- und ambulanten Gesundheitsbereich der Stadt Wien zu beginnen. Das soll über die Umstellung von sogenannten Objektförderungen – das heißt, die Sozialeinrichtung wird gefördert – hin zur Subjektförderung – das heißt, der/die Bedürftige bekommt eine Art Scheck, mit der er/sie eine Leistung am Markt einkaufen kann – laufen. Somit könnte über das Gemeindebudget im Zukunft ein Förderbetrag auch unabhängig von tatsächlichen Kosten festgesetzt werden – die Betroffenen müssen dann den Fehlbetrag beim Einkauf der Leistung aus eigener Tasche drauflegen. Um das so organisieren zu können, muß der FSW aber noch seine eigenen Gesundheits- und Sozialversorgungseinrichtungen loswerden. Im FSW-Jargon heißt dieser nächste Schritt “Teilauslagerung der medizinischen Hauskrankenpflege an Partnerorganisationen”. Sprich - eine Ausgliederung von der Ausgliederung. Hier droht vor allem eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und somit der Qualität der Pflege. Neben den Beschäftigten trifft diese Politik vor allem auch die KlientInnen. Peter Hacker, Geschäftsführer des FSW zum Falter: “Theoretisch kann der Fonds Soziales Wien auch in Konkurs gehen.”