Fr 05.04.2013
MigrantInnen erfüllen für den Kapitalismus die Funktion eines schier unerschöpflichen Potenzials billiger Arbeitskräfte, die global mobil und einsetzbar sind. Und seit ihren Anfängen hat sich die ArbeiterInnenbewegung mit der Migrationsfrage beschäftigt. Der Entwicklung dieser Bewegung folgend haben sich auch deren Positionen geändert bzw. spiegeln sich die unterschiedlichen Zugänge innerhalb der ArbeiterInnenbewegung wider. Die verschiedenen Herangehensweisen zwischen reformistischen und revolutionären Strömungen werden gerade in der Frage der Migration und der Behandlung von MigrantInnen überdeutlich.
Reformismus agiert im Rahmen der kapitalistischen Logik. Daraus kann sich dann auch ein Schulterschluss von reformistischen ArbeiterInnen-“Führungen“ mit den Interessen des „eigenen“ nationalstaatlichen Kapital ergeben. Standortpolitik ist notwendig und auch, dass die Höhe der Arbeitskosten das „eigene“ Kapital nicht in seiner Wettbewerbsfähigkeit einschränken. MigrantInnen erfüllen einerseits diese Aufgabe und werden andererseits als Konkurrenz am Arbeitsmarkt wahrgenommen. Die Spaltungspolitik der herrschenden Klasse wird so von der reformistischen Führung noch weiter in die ArbeiterInnenklasse hineingetragen.
Marx hat schon 1870 in Bezug auf die Einwanderung irischer Arbeitskräfte nach England geschrieben: "...hat die englische Bourgeoisie das irische Elend nicht nur ausgenutzt, um durch die erzwungene Einwanderung der armen Iren die Lage der Arbeiterklasse in England zu verschlechtern, sondern sie hat überdies das Proletariat in zwei feindliche Lager gespalten. Dieser Antagonismus zwischen den Proletariern in England selbst wird von der Bourgeoisie künstlich geschürt und wach gehalten. Sie weiß, dass diese Spaltung das wahre Geheimnis der Erhaltung ihrer Macht ist."
Daraus folgte dann auch, dass diverse reformistische Strömungen in der Sozialdemokratie und später im Stalinismus auf Maßnahmen zur Abschottung gegen ausländische Arbeitskräfte setzten. Zuwanderungsbeschränkungen, Einstellungsverbote etc. Begründet wurde dies teilweise mit rassistischen Vorurteilen über deren angeblich „niedrigere Kultur“ oder schlicht mit nationalistischer „unsere Leute zuerst“-Politik.
Revolutionäre MarxistInnen haben dementgegen immer einen „Klassenstandpunkt“ eingenommen. Sie haben, wie auf dem Weltkongress der 2. Internationale 1907 (bei dem sich die MarxistInnen in dieser Frage zwar auf dem Papier durchsetzten, wo aber in den nationalen sozialdemokratischen Parteien längst reformistisch-nationalistischer Pragmatismus herrschte) die Forderung festgehalten: "Abschaffung aller Beschränkungen, welche bestimmte Nationalitäten oder Rassen vom Aufenthalt in einem Lande und den sozialen, politischen und ökonomischen Rechten der Einheimischen ausschließen oder sie ihnen erschweren“ Zentral war dabei auch stets, die Organisationen der ArbeiterInnenbewegung für MigrantInnen nicht nur formal zu öffnen, sondern unter diesen offensiv zu werben.
Weil sie die Sorgen der heimischen ArbeiterInnen vor dem Einsatz von MigrantInnen ernst nehmen, haben sie soziale Forderungen aufgestellt, die für alle gelten, um so die Spaltung in in- und ausländische Arbeitskräfte zu überwinden.