Mi 23.10.2019
Demokratie und Kapitalismus sind keineswegs gleichbedeutend. Die meisten Länder bedienen sich nach wie vor autoritärer Systeme unterschiedlichster Ausprägung. Auch wenn in vielen Staaten demokratische Rechte erkämpft wurden - die „Mitbestimmung“ im Rahmen dieses Systems ist extrem begrenzt und macht bei wirtschaftlichen Fragen Halt: „Demokratie für eine verschwindende Minderheit, Demokratie für die Reichen - so sieht der Demokratismus der kapitalistischen Gesellschaft aus.“ (Lenin 1917 in: „Staat und Revolution“, 5. Kapitel).
Arbeitsrechte, Versammlungsfreiheit, Wahlrechte – kurzum alle Errungenschaften, die letztlich die Arbeiter*innenbewegung erkämpft hat – sind im Kapitalismus ständigen Angriffen ausgesetzt. Da die entgegengesetzten Interessen von Arbeiter*innen und Kapitalist*innen immer wieder aufeinander prallen wird auch die bürgerliche Demokratie Opfer dieses Tauziehens.
Insbesondere in wirtschaftlichen Krisenzeiten wird die bürgerliche Demokratie zum Klotz am Bein des Kapitals, wenn es darum geht, schnell drastische Maßnahmen zum Schutz der Profite durchzusetzen. Sie muss dann „marktkonform“ (Angela Merkel) um- bzw. abgebaut werden. Wenn die Organisationen der Werktätigen keine glaubhafte Alternative zur Krise des Systems anbieten können, kann es den Kapitalist*innen auch, zumindest vorübergehend, gelingen, Teile der Arbeiter*innenklasse hinter sich zu vereinen – es schlägt die Stunde der „starken Männer“. Mithilfe einer enormen Propagandamaschinerie wird der verständliche Wunsch einer selbstbestimmten Existenz vieler Menschen für die Interessen des Kapitals missbraucht. Dabei wird das zugrundeliegende System und seine inneren Widersprüche nicht angetastet, das Eigentum an Produktionsmitteln bleibt in den Händen der bürgerlichen Klasse.
Doch der Abbau von bürgerlich-demokratischen Mechanismen ist auch ein gefährliches Unterfangen für die Herrschenden. Zum einen diskreditieren sie sich ideologisch und provozieren Kämpfe um demokratische Rechte. Zum anderen nehmen sie sich ein wichtiges Instrument zur Stabilisierung ihrer wirtschaftlichen und politischen Herrschaft. Nicht nur, dass die Führungsebenen von Arbeiter*innenparteien und Gewerkschaften – mit Privilegien in den bürgerlichen Machtapparat integriert – als willige Helferlein zur Niederhaltung des Proletariats zunehmend verschwinden. Auch die Möglichkeit der Vermittlung zwischen einzelnen kapitalistischen Interessensgruppen – auch über Staatsgrenzen hinweg – geht verloren. Deshalb ist die Abschaffung der bürgerlichen Demokratie stets nur das letzte Mittel der Herrschenden.
Sozialist*innen verteidigen alle demokratischen Rechte gegen die autoritären Offensiven von oben. Doch wir bleiben dabei nicht stehen, sondern kämpfen für echte Demokratie: Eine sozialistische Demokratie, in welcher die Wirtschaft nicht den Profitinteressen überlassen wird, sondern demokratisch geplant wird.
Zum Weiterlesen:
Broschüre der SLP:
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