Mo 11.10.2021
Kurz macht “einen Schritt” zu Seite, will aber weiter die Fäden ziehen. Seine Freunderlpartie, sein Programm, seine Politik bleiben. Die Grünen machen weiter, denn es geht um “Stabilität” für die Herrschenden. Also eine Regierung, auf die sich die Kapitalist*innen verlassen können da klar ist, dass die Firmen bald die nächsten staatlichen Finanzspritzen brauchen. Doch stabil ist gar nichts, Neuwahlen werden immer wahrscheinlicher. Ob der Auslöser eine ÖVP-Omanndebatte, eine Aufstand von Landesgrünen, die um die eigenen Pfründe fürchten oder neue Skandale sind ist dafür egal. Klar ist: es kommt nichts wirklich besseres nach da alle etablierten Parteien in ihrer Praxis ähnlich sind.
Dass Kurz 1,2 Milliarden für Nachmittagsbetreuung verhindert hat ist nur die Spitze der unsozialen Politik. Trotz Corona kein zusätzliches Personal in den Spitälern, die Klassen in den Schulen werden größer, dazu noch Abschiebungen, Rassismus und Untätigkeit angesichts der Femizide. Die Steuerreform bringt fürs Klima genau nichts, dafür bräuchte es den massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Stattdessen sollen Firmen rund 800 Millionen an Steuergeschenken kriegen - auf unsere Kosten!
Es reicht nicht, dass Kurz weg ist, wir müssen diese kapitalistische Politik los werden! Wir brauchen mehr Geld für Gesundheit, Soziales, Bildung und Klimaschutz. Wir brauchen echte Reallohnerhöhungen und eine Abschaffung der Umsatzsteuer, das entlastet v.a. kleine Einkommen. All das müssen wir erkämpfen. Der Unmut ist groß und es gibt Proteste (Kindergärten) und Lohnforderungen (Metaller*innen). Das müssen wir zusammen führen und jede Politik auf unsere Kosten zurückschlagen. Wir brauchen ein offensives Programm das wir jeder Regierung entschlossen entgegen halten und um das wir uns in den Betrieben, durch die Gewerkschaften, an Schulen, Unis organisieren und das wir gemeinsam erkämpfen. Durch Demonstrationen, Proteste und auch durch Streiks. Weil wir dieses ganze System los werden müssen!
Die SLP fordert:
- Die Gewerkschaft muss endlich aktiv werden!
- Jetzt Kämpfe für echte Verbesserungen aufbauen!
- Für einen bundesweiten Streik- und Aktionstag als ersten Schritt!
- Milliarden für Gesundheit, Soziales, Bildung und Klima erkämpfen!
Kommentar von Sonja Grusch:
Regieren? Mitregieren? Opposition?
Gratulation zum Erfolg der Grazer KPÖ! Es folgt die Frage: Wie kann die KPÖ ihr Programm umsetzen, das echte Verbesserung enthält? Es fehlt die Mandatsmehrheit, von Boykottmaßnahmen des Kapitals abgesehen. Der Druck, “verantwortungsvoll” zu agieren wird übergroß – das Nachgeben war eine Grundlage für die Wahlschlappe der deutschen Linkspartei. Wer sich mit „Sachzwängen“ abfindet, wird die kapitalistische Krise auf dem Rücken der Bevölkerung mitverwalten. Wenn die KPÖ mit einem offensiven Programm den Anspruch auf die Stadtregierung stellt und in öffentlichen Verhandlungen sagt, was sie warum will, geraten die etablierten Parteien unter Zugzwang. Warum sind sie gegen ein höheres Arbeitslosengeld, gegen mehr Beschäftigte im Sozial- und Gesundheitswesen, gegen Mietendeckel bzw. sozialen Wohnbau?
Ziel kann nicht eine Regierung, sondern die Umsetzung der Forderungen sein - wenn es dafür eine Alleinregierung der KPÖ braucht, dann ist es nötig, dafür die Grundlage zu schaffen: Durch Kompromisslosigkeit, wo Kompromisse nur den Reichen und Mächtigen nutzen würden. Die Signalwirkung auf Bundesebene wäre enorm!
Spätestens jetzt muss die steirische KPÖ sagen, dass es nicht reicht, den Mangel zu verwalten, sondern wo das Geld herkommen soll, muss also Forderungen an die Bundesregierung stellen und einen Kampf darum durch die Mobilisierung und Organisierung der Arbeiter*innenklasse führen; ähnlich wie es der sozialistische Stadtrat von Liverpool Mitte der 1980er getan hat. Wie Kshama Sawant in Seattle (USA) den Kampf für eine Besteuerung großer Konzerne wie Amazon und einen 15 $ Mindestlohn führt, nicht FÜR, sondern MIT den Beschäftigten und den Menschen in der Stadt, wie sie ihr Mandat als Bühne, aber nicht als Abkürzung verwendet, und das, was nötig ist, immer über das, was “normal”, “legal” oder “möglich” ist, stellt - davon können wir alle lernen.
Artikel:
Der Wunsch nach Veränderung
“Grazer Bevölkerung zum Koalitionspartner machen” (Elke Kahr) - “Das ist der Weg” (Mandalorian)
Für die etablierte Politik war der 26.9. ein Schock: In Berlin sprach sich eine Mehrheit für die Enteignung großer Immobilienfirmen aus, in Graz wurde die KPÖ Nummer 1. Auch in Oberösterreich haben KPÖ und Wandel mehrere Kommunalmandate gewonnen. Im scharfen Gegensatz dazu die Krise der etablierten Politik. Schon im Mai zweifelten 91% am “Anstand in der Politik” - gesunken ist das sicher nicht.
Der Niedergang der ÖVP hatte sich schon vor der Kurz-Krise gezeigt. Der Wunsch nach Alternativen steigt und hat in den letzten Jahren zu Wahlerfolgen diverser Parteien geführt (Liste Stronach, Liste Pilz, Neos etc). In Oberösterreich konnten weder ÖVP, noch SPÖ oder Grün wirklich vom Verlust der FPÖ profitieren. Der Wunsch nach einer Alternative hat sich sehr verwirrt ausgedrückt (Corona-Maßnahmen-Skeptiker*innen MFG) oder eben links, am deutlichsten in Graz.
Besonders angesichts vom Kurz-Rücktritt und möglichen Neuwahlen stellt sich natürlich die Frage: Was daraus lernen und daraus machen? Internationale Erfahrungen zeigen: Das Spiel der etablierten Politik mitspielen bringt weder politische noch Wahlerfolge. Vielmehr ist es nötig, zu sagen und tun was nötig ist. Vor allem braucht es Mobilisierungen von unten. Programm statt Pragmatismus muss die Grundlage einer Politik sein, die sich an den Interessen von Jugendlichen, Arbeiter*innen und sozial Schwachen orientiert. Elke Kahr hat recht, wenn sie sagt, dass diese die Koalitionspartner der KPÖ sein sollen. Es wird spannend, ob bzw. wie die KPÖ das in die Tat umsetzt.
Grundlagen für den Grazer Erfolg
Der Erfolg der KPÖ wurzelt auch in ihrer bisherigen Politik. Dass KPÖ-Mandatar*innen einen Teil ihrer Bezüge in einen Sozialtopf einzahlen zeigt, dass sie nicht Teil des korrupten Establishments sind. Hinzu kommt, was die KPÖ mit diesem Sozialtopf tut. Wer in Graz Unterstützung beim Wohnen braucht, Mietrechtsberatung oder auch einen sozialen Engpass hat, kann zur KPÖ gehen und dort rechtliche und finanzielle Hilfe bekommen. Diese teilweise stark sozialarbeiterische Politik der KPÖ hat ihre Glaubwürdigkeit weiter erhöht und viele sind ihr sehr konkret dafür dankbar. Angesichts der Regierungsperspektive (Bund, Land, Stadt) stößt eine solche Politik aber rasch an Grenzen, wenn sie nicht verbunden wird mit dem Aufbau von Widerstand und der Mobilisierung der Arbeiter*innenklasse für echte Veränderung.
Die bundesweiten Folgen
Auch wenn offen ist, wann die Nationalratswahlen sind: der Grazer Erfolg hat Folgen. Die KPÖ kann Initiativen auf der Basis von Klassenkämpfen und sozialen Bewegungen setzen, um die dringend nötige Alternative anzustoßen. Ein Ansatz wäre die katastrophale Situation im Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich, die immer wieder zu Protesten führt. Startpunkt kann eine bundesweite Aktivist*innenkonferenz sein, die konkreten Widerstand diskutiert und organisiert. Der falsche Schluss aus dem Grazer Erfolg wäre eine Orientierung primär auf Wahlen und Mandate und der Versuch, den Erfolg einfach zu “kopieren”. Echte Verbesserungen werden nur möglich sein, wenn sich Gewerkschafter*innen, Sozialist*innen/Kommunist*innen und andere Linke auf den Aufbau von sozialen Bewegungen und Klassenkämpfen stützen.