Do 07.04.2022
Ende März wurden die Forderungen zu den KV-Verhandlungen in der Elektronik- und Elektroindustrie übergeben. Auftragslage und Gewinne der Branche mit rund 50.000 Beschäftigten sind in der Krise rund um die Coronapandemie stabil geblieben. Trotzdem war der letztjährige Abschluss mit +2% noch niedriger als bei den Metaller*innen, die zwar um 3,55% stiegen, allerdings im Zuge eines Aufschwungs.
Angesichts der aktuellen Preisexplosionen sind die von der Gewerkschaft geforderten 6% nicht annähernd übertrieben und sollten konsequent verteidigt werden. Die Gewerkschaft darf sich nicht in der sonst üblichen Kuhhandel-Manier runterhandeln lassen. Beide Seiten, die am Verhandlungstisch sitzen arbeiten in der Logik, dass Beschäftigte und Unternehmen gleich von wirtschaftlichen Schwankungen betroffen wären. Die Realität sieht anders aus: Trotz Ukrainekrieg und Unsicherheiten bei Ressourcen und Lieferketten ist die Auftragslage gut. Und wenn es doch Probleme gibt, schreien die Firmen sofort nach der spendablen Hand des Staates. Gewinne der letzten Jahre aber werden nicht thematisiert und entsprechend sollen wir Beschäftigte den Gürtel enger schnallen, falls vorhanden, auf unsere Reserven zurückgreifen und die Konsequenzen der angehäuften Schulden tragen.
Wir können jetzt nicht auf bessere Zeiten warten, die Teuerung zieht weiter an und eine baldige nächste Krise ist weit wahrscheinlicher als ein Aufschwung. Und: Die Gewerkschaft darf nicht vergessen, dass aktuell Millionen ukrainischer Arbeiter*innen Richtung Westen flüchten. Die Kapitalist*innen hoffen auf einen billigen Ausweg aus dem Arbeitskräftemangel – wir müssen gemeinsam mit den ukrainischen Kolleg*innen verhindern, dass sie zum Lohndrücken eingesetzt werden. Wir brauchen deshalb eine gesamteuropäisch koordinierte gewerkschaftliche Offensive und einen Kampf der europäischen Arbeiter*innenschaft gemeinsam mit Flüchtenden aus allen Ländern, um die dringend notwendigen Verbesserungen der Arbeitswelt zu erringen. Dafür wäre auch der Zeitpunkt taktisch günstig, da das Schreckgespenst Outsourcing aktuell nicht mehr wirkt. Damit müssen wir sofort anfangen und hier und jetzt für eine ordentliche Anstellung und mindestens + 6% für alle, egal woher sie kommen, kämpfen.