Korruption und die Rechte in Europa

Es ist das System
Laura Rafetseder

“Der Kapitalismus gründet auf Gier. Korruption ist untrennbarer Teil des kapitalistischen Systems. Ich möchte dieses System ersetzt sehen durch eine Gesellschaft, die wirklich demokratisch und frei von Korruption ist, in der der Reichtum den arbeitenden Menschen gehört und in der es keinen Grund gibt, korrupt zu sein. Dies ist das System eines demokratischen Sozialismus, das ich vorziehe.” (Joe Higgins, Socialist Party Abgeordneter in Irland in einer Parlamentsrede vom 11. Juli 2002)

Jacques Chirac lässt sich Einkaufsrechnungen von über drei Millionen Euro von Steuergeldern bezahlen, die CDU verstrickt sich in Spendenskandale, die deutschen Grünen und die französischen Sozialdemokraten ziehen mit kleineren aber ebenso pikanten Affären nach - Korruption zieht sich quer durch alle politischen Lager. Privilegienschacher und Lobbying sind längst politischer Alltag. Mit jedem neuen Skandal wächst das Misstrauen der Bevölkerung in die Parteien des Establishment. In den USA führt die Empörung über die Skandale um den Bush-Clan und die Bilanz-Fälscher-Affären an der Börse zu verstärkter gesellschaftlicher Polarisierung und Ablehnung des Bildes des Managers als Saubermann. In Europa sind es vor allem rechtspopulistische Parteien, die die Wut der Bevölkerung auf Wahlebene kanalisieren. Ob Le Pen in Frankreich, Haider in Österreich oder Fortuyns Liste in den Niederlanden; sie alle wurden durch populistisches Anklagen von Privilegien und Postenschacher groß.

Anti-establishment?

Dass die selbsternannten Anti-Establishment-Ritter und Retter des “kleinen Mannes” selbst Dreck am Stecken haben und Teil des Establishments sind, wird deutlich, wenn sie an der Macht sind und sich Mühe geben, ihre Vorgänger im Einstecken von Privilegien zu übertrumpfen. Reinhart Gauggs letztlich missglückter Versuch, am Privilegienkuchen mitzunaschen, zeigt die wahren Motive hinter dem Anprangern von Korruption von rechts. In den Niederlanden gab es bereits den dritten Ministerrücktritt in Serie aus dem Kabinett der Fortuyn-Liste, die seit dem Regierungsantritt von einer Reihe von Skandalen erschüttert wurde. Die Schichten der ArbeiterInnenklasse, die Fortuyn ursprünglich ihre (Protest-)Stimme gaben, fühlen sich nun zu Recht verraten, wenn offensichtlich wird, dass hinter dem Versprechen von mehr Transparenz selbst nur korrupte Machenschaften stecken. In dieser Enttäuschung kann sowohl eine Gefahr als auch eine Chance liegen - wenn der Unmut der Bevölkerung sich in verstärkten Klassenkämpfen und Streiks äußert, kann hier der Beginn für eine neue Kraft auf der Linken, eine neue ArbeiterInnenpartei, liegen. In Zukunft ist auch das Erstarken wirklich faschistischer Kräfte in der Größenordnung der “gemäßigteren” Rechtspopulisten möglich, wenn diese entzaubert sind und das Projekt des Aufbaus neuer ArbeiterInnen-Massenparteien nicht gelingt. Was heute notwendig ist, um Korruption wirklich zu bekämpfen, zeigt unter anderem die Arbeit der ‚Socialist Party’, Schwesterpartei der SLP in Irland, mit ihrem Parlamentsabgeordneten Joe Higgins. Joe, der selbst nur einen Facharbeiterlohn bezieht, wird selbst von bürgerlichen Medien „der Unbestechliche” genannt und spielt eine zentrale Rolle in den Kampagnen der Socialist Party gegen die Korruption des Systems und für die Unterstützung von Kämpfen der ArbeiterInnenklasse.

Erscheint in Zeitungsausgabe: