Mi 02.11.2011
Das kasachische Regime tut so, als sei der Streik der ÖlarbeiterInnen in Zhanaozen und Aktau beendet. Das sehen die seit fast fünf Monaten Streikenden anders. Jeden Tag versammeln sie sich, um zu diskutieren wie der Streik fortgesetzt werden soll. Der Streik war vom Management bei KarazhanBasMunai (Tochtergesellschaft von KazMunaiGaz) durch den Abbruch der Lohnverhandlungen provoziert worden. Hintergrund sind Zulagen für gesundheitsgefährdende Arbeit. Die ArbeiterInnen haben allen Grund zu streiken - sie arbeiten unter schwersten Bedingungen und ihr Durchschnittslohn liegt nur knapp über 1000,- Euro/Monat. JedeR ArbeiterIn fördert durchschnittlich Öl im Wert von 30.000 Euro. Davon gehen 5.500 an die Regierung, nur 1.500 werden für Löhne verwendet. Selbst abzüglich Investitionen und Kosten bleibt dem Unternehmen immer noch ein "Mehrwert" von 15.000 Euro pro ArbeiterIn und Monat. Wenn KazMunaiGaz aus den Händen der Profiteure genommen und unter Kontrolle der ArbeiterInnen gestellt würde, könnten die Löhne angehoben und mehr Geld ins Staatsbudget einbezahlt werden.
Polizei, Gerichte, Geheimdienst und Staatsanwaltschaft stehen auf Seite des Unternehmens. Hunderte Streikende haben ihren Job verloren. Eine Juristin der Gewerkschaft, Natalia Sokolova, wurde zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt, Streikaktivist Akzhanat Aminov zu einem Jahr bedingt. Mitte August wurde Gewerkschaftsaktivist Zhaksylyk Turbayev von Auftragskillern getötet, nur Wochen später die Tochter eines weiteren Streikaktivisten ermordet. Im Juli hat CWI-EU-Parlamentarier Paul Murphy Zhanaozen und Aktau besucht. Dort hat er sich mit VertreterInnen der Unternehmen getroffen, die sich beschwerten, dass sie „verhandeln wollten“, aber nicht wüssten, wer die VertreterInnen der Streikenden seien. Paul wies darauf hin, dass sechs VertreterInnen von den Streikenden gewählt, aber zwei davon auf Anweisung des Managements inhaftiert worden waren. Das Haus eines Dritten war von Unbekannten in Brand gesteckt worden. Paul initiierte u.a. einen Fonds um den Familien der Streikenden in der Region zu helfen. Er fordert die Freilassung von Natalia Sokolova, die bedingungslose Wiedereinstellung der Entlassenen, eine Aufnahme der Verhandlungen mit den gewählten VertreterInnen der Streikenden, sowie die Verstaatlichung der natürlichen Ressourcen Kasachstans unter Kontrolle der ArbeiterInnen.
Der Streik findet vor dem Hintergrund steigender Unzufriedenheit statt. Seit 2007 sind Preise und Wohnkosten kontinuierlich gestiegen. 80% der Bevölkerung zählen zur ärmsten Schicht der Gesellschaft. Daher wendet sich das Regime gegen jene, die diese Unzufriedenheit in eine sozialistische Richtung lenken könnten. Gegen Ainur Kurmanov und Esenbek Ukteshbayev (CWI-Kasachstan) werden Anklagen vorbereitet, wie auch gegen zwei weitere AktivistInnen – Mutter und Tochter, Kulzhan und Nuosulu Sailybaeva. Vermutlich werden noch weitere Anklagen konstruiert, sobald die Fälle vor Gericht kommen. Weitere 25 AktivistInnen sollen ebenfalls belangt werden. Sobald die beiden Schlüsselaktivisten entfernt sind, wird das Regime vermutlich die beiden Organisationen schließen, deren Vertreter Ainur und Esenbek sind – „Leave People‘s Homes Alone“ und Talmas. Nach der bereits 5. Weigerung der Behörden, den heuer gegründeten unabhängigen Gewerkschaftsbund zu legalisieren, bedeutet das, dass es in Kasachstan keine legalen Möglichkeiten der Opposition mehr geben wird.
Trotz dieser Angriffe wird die Sozialistische Bewegung Kasachstan weiterhin Kampagne für die ÖlarbeiterInnen und gegen das Nazarbayev-Regime machen. Sie tritt für ein sozialistisches Programm für die Bewegung in Kasachstan ein, auf Basis von Verstaatlichung der Schlüsselindustrie und Naturressourcen, als ersten Schritt zu einer demokratisch kontrollierten, geplanten Wirtschaft. Sie fordert eine verfassungsgebende Versammlung, die die ArbeiterInnen und Armen vertritt und das herrschende Regime durch eine wirklich demokratische Gesellschaft mit gewählten Komitees auf allen Ebenen ersetzt. Die Sozialistische Bewegung Kasachstans bleibt standfest in ihrer Aufgabe, eine sozialistische MassenarbeiterInnenpartei in Kasachstan aufzubauen. Eine solche Partei muss fähig sein, den Kampf für ein demokratisches sozialistisches Kasachstan als Teil einer freiwilligen sozialistischen Föderation zentralasiatischer und eurasischer Staaten zu führen.