Irland: Weg mit dem 8. Amendment!

Am 28. Oktober kam der „Abortion Pill Train“ in Dublin an – eine Aktion für das Recht auf Abtreibung.
Diana O’Dwyer

Angeführt wurde die Aktion von ROSA („für Reproduktionsrechte, gegen Unterdrückung, Sexismus und Sparpolitik“), einer sozialistischen Organisation, die für Frauenbefreiung kämpft und von Frauen der Socialist Party (SP, CWI in Irland) initiiert wurde. Wir hatten - in Irland illegale - Abtreibungspillen online bestellt, die an SP-Mitglieder in Nordirland geliefert wurden. So machten wir auf die Verfügbarkeit von Pillen in Nordirland aufmerksam. Wir brachen damit offen ein Gesetz, das die Verbreitung von Information über Abtreibungsmöglichkeit außerhalb von individueller Beratung verbietet. Wir brachen auch das Abtreibungsverbot selbst: Im Rahmen der Aktion nahmen mehrere ROSA AktivistInnen die Pillen vor den Medien ein. Der Abortion Pill Train war inspiriert von einer Aktion aus den 1970er Jahren, die zur Legalisierung von Verhütungsmitteln geführt hatte: Damals nahm eine Gruppe von Aktivistinnen einen Zug von Dublin nach Belfast, um in der Republik verbotene Verhütungsmittel aus Nordirland zu holen. Der 28.10. war der 2. Jahrestag des Tods von Savita Halappanavar. Ihr war eine Abtreibung verwehrt worden, obwohl eine Fehlgeburt unausweichlich war.

Irland ist eines von nur zwei europäischen Ländern, mit komplettem Abtreibungsverbot. Allerdings haben in der jüngsten Zeit Proteste dagegen massiv zugenommen. Gleichzeitig sind Frauenrechte mit der Krise europaweit unter Beschuss. In Irland ist der Staat stark mit der katholischen Kirche verbunden. Das Abtreibungsverbot war 1983 nach einer Kampagne katholischer FundamentalistInnen eingeführt worden. Durch das „8. Amendment” wird das Leben eines „ungeborenen Kindes“ vom Moment der Zeugung an mit jenem einer erwachsenen Frau gleichstellt. Später gab es zwei Ergänzungen: Eine erlaubt es Frauen, für Abtreibungen ins Ausland zu reisen, eine weitere beschränkt die Information über Abtreibung auf individuelle Beratung, mit strikten Auflagen. Seitdem sind 150.000 Frauen nach Britannien gereist, um abzutreiben. Das Verbot trifft MigrantInnen und Frauen aus der ArbeiterInnenklasse doppelt: Eine solche „Reise“ kostet mindestens 1.000 Euro und Asylsuchende können nicht ausreisen. Die Abtreibungspille ist für viele Frauen eine Alternative. Sie ist seit 2008 in Nordirland verfügbar und ist mit 90,- Euro weit billiger.

Frauen sind vom Sozialabbau, der durch die Krise zugenommen hat, am härtesten betroffen. Kinderbetreuung kostet hunderte Euro pro Monat. Seit 2008 wurde die Kinderbeihilfe um rund 30 % gekürzt. Gekürzt wurde auch bei staatlichen Alimenten für Kinder von AlleinerzieherInnen sowie beim Pflegegeld für pflegende Angehörige. Die Löhne sind seit der Krise bestenfalls stagniert bzw. gefallen – Irland hat den zweithöchsten Anteil an Niedriglohnjobs unter den OECD Ländern. Je niedriger die Löhne von Frauen, desto stärker sind sie vom Partner abhängig.

Die Aktion hat enorm positive Reaktionen ausgelöst. Vor der Aktion hat die sozialistische Abgeordnete Ruth Coppinger (SP/AAA) einen Antrag zur Abschaffung des 8. Amendment im Parlament eingebracht. Bei der Aktion selbst traute sich die Polizei nicht einzugreifen, auch die "Pro-Life" Fundis haben sich nicht zu Wort gemeldet. Für uns zeigt das die Schwäche des Establishments angesichts einer sich wandelnden öffentlichen Wahrnehmung. Fast zwei Drittel der Bevölkerung unterstützen ein Referendum über das 8. Amendment. ROSA ist die einzige Pro-Choice-Gruppe, die im Moment ein Referendum für den Frühling 2015 fordert. Um Unterstützung zu sammeln, halten wir wöchentliche Infotische im Stadtzentrum Dublins ab.

Eines der Hauptziele von ROSA ist der Kampf gegen Sparpolitik – wie schon der Name sagt. Wir verbinden den Kampf gegen Frauenunterdrückung mit dem Kampf für Sozialismus. Wir greifen die Frage von Frauenbefreiung von einem Klassenstandpunkt aus auf. Der Kampf für das Recht auf Abtreibung ist Teil des Klassenkampfs von Frauen. Wir fordern daher kostenlose Verhütungsmittel sowie die kostenlose Durchführung von Abtreibungen durch das irische Gesundheitssystem. Wir unterscheiden uns dadurch von liberalen FeministInnen, die sich mit Fragen befassen, die Frauen der herrschenden Klasse betreffen, wie Frauen in Führungspositionen etc. Frauen waren und sind an der Front des Kampfs gegen Wassergebühren. Die Socialist Party und Anti-Austerity-Alliance sind mit ihren drei ParlamentarierInnen Joe Higgins, Ruth Coppinger und Paul Murphy eine führende Kraft in diesem Kampf. ROSA nahm mit einem lebhaften Block an der 100.000 Menschen starken Demonstration gegen Wassergebühren teil. ROSA fordert nicht nur ein Ende des Sozialabbaus und den Ausbau öffentlicher Dienstleistungen, sondern auch höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen für Frauen. Nur so können tatsächlich gleiche Rechte für Frauen und eine echte Wahlfreiheit erkämpft werden.

 

http://www.socialistparty.ie

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