So 01.09.2002
Die Grundlage des Irak-Konflikts besteht im Wunsch des Imperialismus, die totale Kontrolle über die ökonomisch und geostrategische so wichtige Region des Nahen und Mittleren Ostens herzustellen. Die Politik der USA und ihrer Verbündeten hat diesen Teil der Welt in einen einzigen Krisenherd verwandelten, der seit dem Afghanistankrieg erneut in Flammen steht. Vor allem die Situation in Israel/Palästina ist der Faktor, der das Fass in vielen arabischen Ländern zum Überlaufen bringen kann. Seit Beginn der jüngsten Militäroffensive Israels (Wiederbesetzung) hat es in der gesamten arabischen und moslemischen Welt Proteste gegeben. 2000 protestierte eine halbe Million Menschen in Marokko gegen die Aufrechterhaltung von diplomatischen Beziehungen mit Israel, wie es die marokkanische Regierung praktiziert. Ähnlich groß sollen die Proteste im Iran gewesen sein. Die jordanische Regierung - ein treuer Vasall des Westens - ließ in eine Demonstration unbekannter Größe schießen. In fast allen arabischen Ländern lässt sich der Kapitalismus seit langem nur durch Diktaturen aufrecht erhalten. Dort, wo vom Imperialismus eingesetzte und gestützte Regierungen herrschen, geraten diese zunehmend durch islamische Fundamentalisten unter Druck, die in Ermangelung einer linken Alternative die anti-imperialistische Stimmung in großen Teilen der Bevölkerung für sich nutzen können. Fundamentalismus an der Macht bedeutet nicht nur schlimmste Unterdrückung im Inneren. Fundamentalistische Regimes wie im Iran, bedeuten ebenso keinen Bruch mit dem Kapitalismus. Sie sind deshalb auch nicht in der Lage, eine konsequente anti-imperialistische Außenpolitik zu betreiben.
Soziale Unterschiede in der Region
Die Wut der Menschen im Nahen und Mittleren Osten hat eine klare ökonomische und soziale Grundlage. In einer der potentiell reichsten Regionen der Erde sehen nur wenige Menschen etwas von den Öl-Profiten. Trotz des steigenden Ölpreises steigt in Saudi-Arabien die Arbeitslosigkeit, das BIP pro Kopf fiel von 2000 auf 2001 um ca. 10%. Selbst der bisher beste arabische Bündnispartner der USA, das saudische Königshaus, konnte aufgrund innenpolitischen Drucks im Afghanistankrieg seine Luftwaffenbasen den USA nicht mehr zu Verfügung stellen. Ein Sturz der Herrscherfamilie Saud ist denkbar. Vor diesem Hintergrund fordern die radikalen “Falken” in der US-Regierung den Einmarsch im Irak und die Entfernung von Hussein, nicht zuletzt um die Versorgung mit Öl sicherzustellen. Bush hoffte auch für die Parlamentswahlen im November auf einen Effekt, der kriegstreibenden Regierungen immer noch genützt hat: Jetzt müssen alle geeint gegen den Feind stehen. Doch auch in den USA wäcst nun die Opposition gegen einen Militärschlag. Für den US-Imperialismus wird ein Krieg gegen den Irak ein Spiel mit dem Feuer. Es gibt auch in der US-Regierung Kräfte, die dem Angriff skeptisch gegenüberstehen. Die irakische Armee ist allein zahlenmäßig zehn mal so stark wie die Taliban es waren. Es wäre unmöglich, die selbe Militärtaktik wie in Afghanistan anzuwenden und Milizen der kurdischen und schiitischen Minderheiten den Bodenkrieg zu überlassen. Schon 1998 versuchten die USA, Saddam mit Luftschlägen zu brechen - ohne Erfolg. Außerdem wäre das türkische Regime als einer der verbliebenen Bündnispartner des US-Imperialismus in der Region über zu viel Eigenständigkeit der irakischen KurdInnen nicht erfreut. Zu viel Selbstbewusstsein bei den SchiitInnen wäre den USA wieder ein Dorn im Auge. Zu nahe läge da eine Zusammenarbeit mit dem Iran, der ja auch zur “Achse des Bösen” von Bush jr. zählt. Für ein Überrennen des Iraks mit Bodentruppen rechnen die US-Strategen mit einem Bedarf von 250.000 Soldaten. Sollte Saddam B- oder C-Waffen einsetzen, wären hohe Verluste an Menschenleben - auch auf Seiten der USA unabwendbar. Das irakische Regime wäre nur durch einen sehr hohen Preis von außen zu stürzen. Die USA werden weder Frieden noch Demokratie bringen. Die Diktatur im Irak kann nur durch eine Revolution der ArbeiterInnen und Landbevölkerung im Inneren beendet werden. Doch oppositionelle Kräfte, die eine grundlegende Änderung der sozialen und politischen Ordnung im Irak anstreben würden, werden von den USA natürlich nicht unterstützt. Die vor Jahrzehnten starke ArbeiterInnenbewegung wurde durch Hussein zerschlagen. Wenn Mitglieder der US-Regierung davon sprechen, dass sie der Bevölkerung dabei helfen wollen, Saddam loszuwerden, „vergessen“ sie, dass sie durch das Wirtschaftembargo und die seit 1998 anhaltenden Bombardements in der Flugverbotszone (2/3 des gesamten irakischen Staatsgebiets) es Saddam ermöglichten, seine Macht im Inneren zu stabilisieren. Hunderttausende Tote hat der Imperialismus im Irak auf dem Gewissen. Selbst wenn die USA Saddam hinauswerfen würde, würde sie eine neue Diktatur installieren. Ein solches Regime könnte dauerhaft nur von der ArbeiterInnenklasse und den Massen am Land beseitigt werden. Wichtigster Ansatzpunkt hierfür ist das anti-imperialistsiche Bewusstsein der ArbeiterInnen und Jugendlichen im gesamten arabischen Raum. Leider hat der Stalinismus die ehemals starken Organisationen der ArbeiterInnenklasse in der Region politisch zugrundegerichtet. Er hat zur nationalen Einheit gegen die Kolonialmächte mit den Fundamentalisten (in den 70ern im Iran) oder anderen bürgerlich nationalistischen Kräften aufgerufen (z.B. Saddams Ba’ath-Partei im Irak). Nachdem diese an die Macht gekommen waren, war einer der ersten Taten, die KommunistInnen zu verfolgen und zu ermorden. An den Auswirkungen dieser Niederlagen leiden die Massen der Region noch heute.
Durch die anti-imperialistischen Proteste ist eine neue Schicht von ArbeiterInnen und Jugendlichen herangewachsen, der es zu zeigen gilt, dass der Fundamentalismus keinen Ausweg bietet. Vor allem der ArbeiterInnenklasse in Israel und Palästina, sowohl der arabischen als auch der jüdischen, kommt dabei eine Vorreiterrolle zu. In der Region können Beispiele aufgebaut werden, die auch der irakischen ArbeiterInnenklasse das Selbstbewusstsein geben können, ihre Geschichte selbst in die Hand zu nehmen. Wir können dabei helfen, in dem wir in Österreich, Europa und den USA eine starke Bewegung gegen den imperialistischen Feldzug aufbauen!