Di 11.07.2006
"Die Kommunistischen Parteien Amerikas, Kanadas und Australiens müssen eine energische Kampagne führen gegen die Gesetze zur Verhinderung der Einwanderung und müssen den proletarischen Massen dieser Länder klar machen, dass solche Gesetze, indem sie den Rassenhass schüren, letzten Endes ihnen selbst zum Schaden gereichen."
"Andererseits verzichten die Kapitalisten auf Gesetze gegen die Einwanderung, um die freie Einfuhr billiger farbiger Arbeitskräfte zu ermöglichen und auf diese Weise die Arbeitslöhne der weißen Arbeiter herabzudrücken. Diese Absicht der Kapitalisten zum Angriff überzugehen, kann nur durch ein Mittel erfolgreich vereitelt werden – die einwandernden Arbeiter müssen in die bestehenden Gewerkschaften der weißen Arbeiter aufgenommen werden. Gleichzeitig muss gefordert werden, dass die Entlohnung der farbigen Arbeiter den Arbeitslöhnen der weißen Arbeiter gleichgestellt wird. Ein solcher Schritt der Kommunistischen Parteien wird die Absichten der Kapitalisten entlarven und den farbigen Arbeitern gleichzeitig anschaulich zeigen, dass das internationale Proletariat keine Rassenvorurteile kennt." Das wurde vor 84 Jahren beschlossen, auf dem Vierten Weltkongress der Kommunistischen Internationale – als sie noch nicht stalinistisch degeneriert war.
Ein Beschluss, der immer noch aktuell ist. Die Kapitalisten gehen auch heute noch nach dem selben Muster vor: Hetze gegen Flüchtlinge und Nichtdeutsche, gleichzeitig Ausbeutung derselben als billige Arbeitskräfte.
Die EU und ihre Erweiterung dient den Unternehmern als Mittel, die Löhne zu drücken. Damals wie heute ist es falsch, wenn gesetzliche Maßnahmen gefordert werden, die sich gegen die ArbeiterInnen aus anderen Ländern richten.
Lafontaines sagte letzten Sommer: „Der Staat ist verpflichtet zu verhindern, dass Familienväter und Frauen arbeitslos werden, weil Fremdarbeiter ihnen zu Billiglöhnen die Arbeitsplätze wegnehmen.“ Das wäre auch falsch und rassistisch gewesen, wenn er statt Fremdarbeiter „Ausländer“ oder „Arbeiter aus Osteuropa“ gesagt hätte. Korrekt wäre, wenn er gesagt hätte: „Unternehmen, die direkt oder über Subunternehmen Beschäftigte zu Billiglöhnen schuften lassen, gehören enteignet.“
Die sich neu formierende Linke muss in Programm und Praxis das Ziel verfolgen, die Einheit der Beschäftigten zu fördern und Vorurteile abzubauen. Sie muss alle Anstrengungen unternehmen, um ImmigrantInnen vor Diskriminierung, Kriminalisierung und Abschiebung zu schützen und sie in ihren Reihen organisieren.
Grundfalsch ist auch die Position der IG BAU, Razzien gegen ausländische Bauarbeiter zu unterstützen. Die IG BAU und die anderen Gewerkschaften haben mit ihren Millionen Mitgliedern, mit ihrem Geld, ihrem Apparat die Möglichkeiten, praktisch alle Nicht-Deutschen Beschäftigten hierzulande zu erreichen. Die Aufgabe ist, sie zu organisieren, über ihre Rechte zu informieren, die skandalöse Beschäftigung zu Hungerlöhnen öffentlich zu machen und die alte Gewerkschaftsforderung – gleicher Lohn für gleiche Arbeit – durchzusetzen. Dieser Kampf muss natürlich auch über Ländergrenzen hinweg, international geführt werden. Die Kapitalisten bauen enge wirtschaftliche Beziehungen zu anderen Ländern auf. Gegen die Machenschaften der „multinationalen“ Konzerne brauchen wir multinationale Gewerkschaften.
Gemeint sind nicht Empfänge oder Feierstunden, bei denen Gewerkschaftsfunktionäre des europäischen Gewrkschaftsbundes (EGB) mit einem Sektglas in der Hand von internationaler Solidarität reden. Gemeint sind direkte Verbindungen auf allen Ebenen, zum Beispiel gegenseitige Einladungen von Vertrauensleuten, von Delegierten aus dem jeweiligen ausländischen Betrieb, wenn Standorte geschlossen und verlagert werden sollen, um länderübergreifende Kampfmaßnahmen zu koordinieren. Gemeint ist eine europaweite Kampagne für einen Mindestlohn, von dem man leben kann. Nötig sind europaweit koordinierte Protest- und Streikaktionen gegen Sozialabbau. Der praktische, gemeinsame Kampf über Nationalitäten- und Ländergrenzen hinweg ist der einzige Weg, um dem „Teile und Herrsche“ entgegen zu wirken. Eventuell vorhandene rassistische Vorurteile würden dabei durch die Erfahrung des gemeinsamen Kampfes überwunden.
Voraussetzung ist aber, dass man aufhört, die Augen vor der Natur des Kapitalismus zu verschließen: Zu seinen Prinzipien zählen Konkurrenzkampf und Profitmaximierung. Je erbitterter der Kampf um Profite, je tiefer die Krise der Wirtschaft, desto mannigfaltiger die Versuche, die Beschäftigten gegen-einander auszuspielen, um die Löhne zu drücken, um vom Versagen des Systems abzulenken, um neue Kriege zu rechtfertigen. Es gibt keinen Kapitalismus ohne Rassismus. Der Kampf gegen Rassismus muss verbunden werden mit dem Kampf für eine demokratische sozialistische Gesellschaft weltweit.