Do 08.09.2005
Hunderttausande sind obdachlos. Zehntausende wurden als Flüchtlinge nach Texas gebracht. Gebäude sind eingestürzt. Ganze Gemeinden wurden zu Trümmerhaufen. Die Stadt New Orleans, eines der Zentren der Geschichte und Kultur in den USA, wird wahrscheinlich auf Monate unbewohnbar sein. Die Opferziffern durch Katrina gehen sicher in die Hunderte und werden wahrscheinlich Tausende erreichen. Manche Kommentatoren sagen, dass dies unvermeidlich war, aber dies ist eine Lüge.
Selbst das „Wall Street Journal” druckte einen Artikel mit dem Titel „Die Evakuierung war ein Modell an Effizienz — für die mit Autos.” Der Tiefe Süden in den USA wird von extremer Armut heimgesucht, die fast mit einem Dritte-Welt-Land vergleichbar ist, und New Orleans ist trotz allem grellen Tourismus keine Ausnahme.
Für die über 100.000 armen BewohnerInnen von New Orleans ohne jeden Zugang zu Autos gab es wenige Möglichkeiten. Man konnte die paar Cents die man hatte, für eine Busfahrt aus der Stadt ausgeben, allen Besitz, Freunde, Nachbarn zurücklassen, um dann in einer anderen Stadt auf der Straße schlafend zu enden. Oder man konnte in den Superdome gehen, wo über 23.000 Menschen in einer für American Football bestimmten Arena den Sturm überstehen wollten, die dann (nach einer gefährliche Evakuierung) in den Astrodome im nicht gerade nahen Houston, Texas, gebracht wurden.
Oder, wozu sich Tausende Menschen entschieden (oder entscheiden mussten): man konnte auf dem eigenen Dach oder auf dem eigenen Dachboden warten, umgeben von Zerstörung und im Wasser treibenden Leichen und nur hoffen, dass man selbst nicht auch so endet. Die ArbeiterInnen und Armen haben die am wenigsten stabilen Häuser, also wurden Arbeiterhäuser überdurchschnittlich stark zerstört.
New Orleans (und andere Orte quer durch Louisiana, Mississippi, Alabama, etc.) haben kein sauberes Trinkwasser und Nahrungsvorräte wurden verunreinigt. Verzweifelte ArbeiterInnen und Arme griffen zu „Plünderungen” um Nahrungsmittel zu bekommen. Menschen die so Nahrung, Wasser und andere Lebensnotwendigkeiten bekommen haben, sollten nicht für die Tragödie bestraft werden, die sie erleiden. WalMart kann es sich leisten, ein paar Nahrungsmittel zu verlieren. Menschen aus der Arbeiterklasse, die mit einer Katastrophe konfrontiert sind, können es nicht.
Während diese Krise zuschlägt, sind über 6.000 Nationalgardisten aus Louisiana und Mississippi im Irak und helfen der herrschenden Elite der USA bei ihren Versuchen, das Land zum Nutzen von Halliburton, Texaco, Bechtel, und anderen US-Konzernen zu besetzen. Theoretisch soll die Nationalgarde bei Notständen im Inland eingesetzt werden (sie wird oft als Streikbrecher verwendet). Wenn es jemals eine Zeit gab, in der entschlossene Staatsdiener für einen Notstand im Inland gebraucht wurden, dann war es jetzt. Die Prioritäten der Großkonzerne und ihrer beiden Parteien werden hier wirklich enthüllt.
Es wird gegenwärtig geschätzt, dass der New Orleans allein zugefügte Schaden zig Milliarden Dollar betragen wird. Das klingt wie eine Summe, die sich nicht aufbringen lässt. Aber denkt daran: innerhalb weniger Monate gaben Bush und seine Kumpel Hunderte Milliarden Dollar für den Krieg im Irak aus. Jetzt kostet die Besetzung des Irak 5,6 Milliarden Dollar pro Monat.
Es ist klar, dass in den Köpfen der Millionäre und Milliardäre, die in diesem Land herrschen, Krieg und Profite Vorrang vor der Hilfe für einfache Menschen haben, die in der schwierigsten Lage sind. Teils wegen der riesigen Menge an Ressourcen, die für den Krieg für Öl, Profite und Prestige verwendet werden, haben Landesregierungen und Kommunen brutale Haushaltskürzungen vorgenommen, die unter anderem dazu führten, dass weniger Geld für den Katastrophenschutz zur Verfügung steht.
Vorbeugung: Profit statt Menschen
In den vergangenen Jahren gab es einen deutlichen Anstieg der Zahl der Hurrikane und anderer größerer Naturkatastrophen, die wahrscheinlich teilweise das Ergebnis des Klimawandels sind. Natürlich wäre es unmöglich gewesen, allen durch Katrina verursachten Schaden zu verhindern, aber ein Großteil des Schadens ließ sich verhindern. New Orleans, das auf drei Seiten von Wasser umgeben ist (Mississippi, Pontchartrain-See und der Golf von Mexiko) wurde während Hurrikanen oft überflutet.
Die Stadt liegt unter dem Meeresspiegel und wird durch ein System von Deichen und Pumpen vor ständiger Überflutung geschützt. Die Deiche sind dafür ausgelegt, einem Hurrikan der „Klasse 3” standzuhalten, aber Katrina war ein Hurrikan der Klasse 4. Es gibt jede Menge Technologie, um Deiche zu errichten, die selbst Hurrikanen der Klasse 5 standhalten.
Außerdem werden die Pumpen, die Wasser aus den am tiefsten gelegenen Gebieten abpumpen, mit Elektrizität und nicht mit Generatoren betrieben. Natürlich ist der Strom nicht nur in New Orleans, sondern entlang der Golfküste ausgefallen. Das System hätte mit Generatoren betrieben werden können, aber das hätte Geld gekostet, Geld, das die Politiker der Großkonzerne nicht aufwenden wollten.
In einem interessanten Artikel im „New Orleans City Business” vom 7. Februar 2005 erklärte das US Army Corps, dass Millionen für Flut- und Hurrikanschutz in New Orleans nötig seien, aber „die meisten Projekte werden im Haushalt des Präsidenten im Haushaltsjahr 2006 nicht finanziert.” Von 2001 bis 2005 wurden die Staatsausgaben für Projekte zum Schutz von New Orleans vor massiven Fluten drastisch von 147 Millionen auf 82 Millionen Dollar gekürzt.
Das „Army Corps of Engineers“ ist zuständig für die Wartung von Hochwasserschutzanlagen. Im Juni letzten Jahres wandte sich sein Projektmanager, Al Naomi, an die Deichbehörde von East Jefferson und forderte 2 Millionen Dollar für „dringende Arbeiten”, für die Washington nicht zahlte. „Die Deiche sinken,” sagte er. „Alles sinkt, und wenn wir das Geld nicht schnell genug bekommen, um sie zu erhöhen, dann wird es zu spät sein.”
Eine Studie nach der anderen zeigte, dass ArbeiterInnen- und Armenviertel wie das heruntergekommene „Lower Ninth Ward” von New Orleans von Fluten aus Mangel an Investitionen in Hochwasserschutz am schlimmsten getroffen werden.
Sie behaupteten, es gebe nicht genug Geld für den Schutz, aber United Airlines bekam gerade eine Milliarden-Geldspritze durch die Bundesregierung. Milliarden werden für die Zerstörung, Besetzung, und Unterdrückung im Irak ausgegeben. Und sie können Projekte zur Verringerung des Schadens durch unvermeidliche Katastrophen nicht finanzieren? Lächerlich.
Da die Großkonzerne die Hilfsstrategie kontrollieren, sieht es für die armen Massen an der Golfküste schlecht aus. Selbst wenn der Wasserspiegel sinkt, werden Leichen, ranzige Nahrung und ungeklärte Abwässer zu einem massiven Ausbruch von Krankheiten und Seuchen bei denen führen, die in die Region zurückkehren. Elektrizität und Trinkwasser werden auch nicht für den Massenverbrauch zur Verfügung stehen.
Bis heute sorgt sich Wall Street nicht um die schreckliche Lage, in der sich Millionen wegen dieser Katastrophe befinden. Sie sorgen sich um ihr ein und alles: Profite. Konkret sorgen sie sich um Öl. Die Golfküste hat viele, wenn nicht die meisten Ölraffinerien in den USA. Mit emporschießenden Benzinpreisen und einer drohenden Energiekrise in vielen Gebieten sorgen sich die Mächtigen an der Wall Street um „Investorenvertrauen” und fallende Aktienkurse als Folge.
Sie haben Grund zur Sorge. Diese Ereignisse werden massive Auswirkungen auf die US-Wirtschaft und die Weltwirtschaft haben. Arbeitende Menschen werden schon hart getroffen. ArbeiterInnen können nicht zulassen, dass uns die Folgen der wirtschaftlichen Probleme aufgebürdet werden. Das werden sie machen, indem sie uns auffordern, den „Gürtel enger zu schnallen.”
Bush und seine Bande machen sich Sorgen. Die Wut auf Bush steigt wegen vieler Fragen, vom Krieg im Irak über die unsicheren Einkommen bis zu seinen massiven Steuerkürzungen für die Reichen. Bush leidet schon unter den niedrigsten Zustimmungsraten jemals und fürchtet, dass diese Katastrophe ihn weiter untergraben wird, wenn bei den Leuten ankommt, dass seine Regierung die Ausgaben für den Hochwasserschutz gekürzt und die Nationalgarde in den Irak geschickt hat. Der Hurrikan Katrina könnte ein Wendepunkt sein, an dem aus passiver Wut aktive Opposition wird.
Wir müssen uns wehren, damit die Großkonzerne für eine Katastrophe zahlen, die sie mit herbeigeführt und verschärft haben. Wir sollten ArbeiterInnen- und Stadtteilkontrolle über alle Hilfsmittel verlangen. Wir sollten fordern, dass Milliarden für Katastrophenhilfe und -schutz ausgegeben werden. Die Bundesregierung muss allen, die ihre Arbeitsplätze verloren haben, den Verdienstausfall voll erstatten, es muss ein Notprogramm für den Bau guter städtischer Wohnungen für die jetzt Obdachlosen geben, Kleinbetriebe und FarmerInnen müssen zinsfreie Kredite für de Wiederaufbau bekommen und die Länder müssen Bundeshilfe als Ersatz für die Steuerausfälle erhalten. Wir müssen Massenbewegungen mit Demonstrationen, Streiks und direkten Aktionen machen, um die Haushaltskürzungen rückgängig zu machen, die Reichen zu besteuern und Mittel für Programme wie Gesundheitsversorgung für alle, ordentliche Bildung und öffentliche Beschäftigungsprogramme für die Schaffung ordentlicher Arbeitsplätze zu bekommen.
Das kapitalistische System hat seine Prioritäten: Aktionäre durch höhere Profite glücklich zu machen. Um Profite zu machen, wollen sie unsere Löhne niedrig halten. Die Großkonzerne wollen nicht besteuert werden, um für unsere Sozialprogramme zu bezahlen, deshalb bezahlen sie Politiker, damit sie Gesetze und Haushalte beschließen, die den Superreichen nützen. Wir brauchen eine Partei, die die arbeitenden Menschen vertritt, eine Partei mit einem Programm zur Beendigung von Armut, Krieg, Rassismus und Umweltzerstörung. Wir brauchen eine Arbeiterpartei mit einem sozialistischen Programm, die den Kampf gegen das Großkapital bis zum Ende führt.