Mi 22.10.2008
Glanzstoff: “Die Belegschaft wurde vom ÖGB im Stich gelassen”
In St. Pölten stehen über 300 ArbeiterInnen vor der Kündigung. Unter dem Vorwand angeblich unerfüllbarer Umweltauflagen will der Eigentümer Grupp die Produktion in ein Land mit niedrigeren Löhnen und weniger umweltrechtlichen Auflagen auslagern. Eine Gruppe von ArbeiterInnen gründete die Plattform "Pro Glanzstoff", die Aktionen setzte, um für den Erhalt des Werkes zu kämpfen. So sammelten die ArbeiterInnen tausende Unterschriften und organisierten Kundgebungen. Sie setzten auf eine Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft. Doch dem ÖGB ist das Thema nicht einmal einer Stellungnahme auf seiner Homepage wert. Anstatt die ArbeiterInnen zu mobilisieren, versuchte der Betriebsrat die ArbeiterInnen von "Pro Glanzstoff" immer wieder hinzuhalten. So lud er etwa zu einer Betriebsversammlung - die nur auf Druck von "Pro Glanzstoff" zustande gekommen war - zum Ärger der ArbeiterInnen das Management ein. Dieses beanspruchte die Hauptzeit und die ArbeiterInnen hatten keine Möglichkeit ihr eigenes Vorgehen unter Ausschluss des Managements zu besprechen.
"Pro Glanzstoff" organisierte daraufhin eine Demonstration zur St. Pöltner-ÖGB-Zentrale. Im Aufruf von "Pro Glanzstoff" hieß es u.a.: "Wir sehen es als Aufgabe der Gewerkschaft - ohne Rücksicht auf die sonstigen Gewinninteressen von Firmeneigentümern und Politik - für die Interessen der ArbeitnehmerInnen zu kämpfen. Sozialpläne auszuhandeln ist zu wenig! Es sollte auch die Aufgabe sein, die Arbeitsplätze und ein funktionierendes Werk zu erhalten!"
Doch auch dieser Versuch, den ÖGB aufzuwecken war leider vergebens.
Während die ÖGB-Führung im sozialpartnerschaftlichen Trott blieb, erhielten die ArbeiterInnen Unterstützung von engagierten Einzelpersonen und der LINKE. Doch die Hinhaltetaktik der Gewerkschaft hat dazu geführt, dass es mittlerweile recht aussichtslos scheint, das Werk noch zu retten. "Pro Glanzstoff" hat sich inzwischen aufgelöst. Da die Gewerkschaft es verabsäumt hat, kollektiven Widerstand zu organisieren, sind viele Arbeiter in Krankenstand gegangen - eine letzte Form des individuellen Protests. Grupp hat die Produktion mittlerweile heruntergefahren, die ArbeiterInnen müssen allerdings weiterhin "arbeiten" gehen.
Glanzstoff hat gezeigt, wie nötig ein kämpferischer und demokratischer ÖGB ist. Gerade angesichts der beginnenden Krise werden viele Verschlechterungen auf uns zukommen. Um Personalabbau und Werkschließungen zu verhindern, muss der ÖGB seine Aufgabe, die Interessen seiner Mitglieder offensiv zu vertreten, endlich wahrnehmen. Von der Schließung bedrohte Betriebe müssen von der öffentlichen Hand übernommen werden und unter der Kontrolle der Belegschaft weitergeführt werden. Eine umwelttechnische Sanierung der Glanzstoff soll durch das Vermögen von Grupp finanziert werden, er hat jahrelang millionenschwere Gewinne gemacht. Da auf die ÖGB-Führung jedoch kein Verlass ist, ist es notwendig, kämpferische und demokratische Strukturen innerhalb der Gewerkschaft aufzubauen, die sich nicht nur damit begnügen, die Gewerkschaftsspitze zum Handeln aufzufordern, sondern die auch selbst aktiv Widerstand organisieren.
LINKE Aktionen gegen Kündigungen in Hallein
In der Region Hallein wurden in den vergangenen 15 Jahren schon über 1.000 Arbeitsplätze vernichtet. Die Schließungs- und Entlassungswelle geht weiter. Die Gewerkschaft zieht sich mit dem Verhandeln von Sozialplänen aus der Affäre und versucht nicht einmal die Arbeitsplätze zu verteidigen.
Fall 1: Die Tamponfabrik von Johnson & Johnson bei Hallein schließt mit März 2009. Trotz Rekordgewinnen - von 2003 bis 2006 wurden 32 Millionen Euro Überschuss erwirtschaftet - trotzdem wandert das Werk ab. 150 ArbeiterInnen stehen auf der Straße. Zynismus pur: Den ArbeiterInnen wurden Jobs im Johnson & Johnson-Werk in Wuppertal (Deutschland) als Ersatz angeboten.
Fall 2: Die Papierfabrik M-Real ist mit 700 ArbeiterInnen immer noch der zweitgrößte Arbeitgeber in Hallein. Desto größer ist der Schock für die Beschäftigten nach der Ankündigung des Mutterkonzerns den Standort Hallein aufzugeben und über 500 ArbeiterInnen zu entlassen. Hintergrund ist der Verkauf des Geschäftsbereichs Graphic Papers an den südafrikanischen Konzern Sappi Limited. Die Halleiner ArbeiterInnen sollen als Bauernopfer für die stattfindende Marktbereinigung im Papiersektor herhalten. Schon Anfang der 1990er Jahre gab es Proteste gegen die Schließung des Werks. Schon damals waren SLP-Mitglieder vor Ort, die die KollegInnen aktiv unterstützt haben und geholfen haben Widerstand zu organisieren.
Die sich vertiefende Finanzkrise und der sich abzeichnende Konjunktureinbruch haben immer größere Auswirkungen auf die Realwirtschaft. Opfer sind die KollegInnen in den betroffenen Berieben. Die SLP wird sich aktiv darum bemühen Druck auf den ÖGB auszuüben, damit die Arbeitsplätze verteidigt werden. Wir werden die betroffenen KollegInnen bei allen Aktionen unterstützen.