Gibt es keine Kampfpartei, müssen wir sie gründen

Der US-Kapitalismus ist diskreditiert, auf der Suche nach sozialistischen Antworten finden viele das CWI
Flo Klabacher

„Socialist Alternative“ (SAlt), die Schwesterpartei der SLP in den USA wurde in den letzten Jahren zu einer der bedeutendsten linken Kräfte und spielt in vielen Bewegungen eine zentrale Rolle. Dank einer marxistischen Analyse der gesellschaftlichen Entwicklungen gelingt es, Perspektiven von Bewegungen einzuschätzen und die richtigen Schwerpunkte zu setzen.

Breiten Schichten wurde SAlt bekannt, als Kshama Sawant 2013 als erste Sozialistin seit Jahrzehnten in den Stadtrat von Seattle gewählt wurde. 2011 begann die „Occupy“-Bewegung, auf die Straßen zu mobilisieren und zentrale Plätze zu besetzen. Der Slogan „Wir sind die 99%“ politisierte eine neue Generation von AktivistInnen. SAlt erkannte, dass mit dem Schwung der Bewegung das Zwei-Parteien-System von Republikanern und Demokraten aufgebrochen werden kann. Sie rief dazu auf, bei Wahlen im ganzen Land 200 Occupy-KandidatInnen gegen Privatisierungen, Kürzungspolitik, Rassismus und Umweltzerstörung aufzustellen. In Verbindung mit der Kampagne für einen Mindestlohn von $15 für alle und getragen von 450 unbezahlten, überzeugten AktivistInnen, gelang so in Seattle der Einzug in den Stadtrat. Das Amt wird seither genutzt, um Bewegungen von ArbeiterInnen und Jugendlichen eine politische Stimme zu geben. Der $15 Mindestlohn konnte so erkämpft und die Bewegung auf die gesamten USA ausgebreitet werden. Der Bau eines Polizeizentrums um $160 Mio. an Steuergeldern wurde verhindert – gefordert wird stattdessen der Bau von 1.000 neuen Wohnhäusern. Die Beschäftigten der Kette „REI“ erreichten Lohnerhöhungen durch eine Kampagne, die maßgeblich von SAlt unterstützt wurde.

Solche Erfolge bestätigen, dass die Art, wie die Mitglieder des CWI weltweit politische Arbeit machen, den Unterschied machen kann, wenn es darum geht, Kämpfe zu gewinnen. SAlt erklärte aber von Beginn an, dass die Herrschenden alles versuchen werden, um Verbesserungen rückgängig zu machen; dass starke Gewerkschaften und eine breite ArbeiterInnenpartei notwendig sind, um sie zu verteidigen; dass der Kapitalismus und seine Krisen zu immer härteren Angriffen auf den Lebensstandard und die Rechte von ArbeiterInnen, Arbeitslosen, Jugendlichen, Frauen, Schwarzen und anderen ethnischen Minderheiten führen – und dass es deshalb notwendig ist, eine revolutionäre, sozialistische Partei aufzubauen, um dieses System zu stürzen. Auch wenn die konkreten Vorstellungen davon, was darunter zu verstehen ist durchaus unterschiedliche sind, so sympathisieren doch viele mit dem Begriff „Sozialismus“. Es gibt eine Basis für den Aufbau einer breiten, sozialistischen Bewegung in der nächsten Periode, vor allem unter StudentInnen und Jugendlichen. Mit der Gründung von „Socialist Students“ durch SAlt gibt es nun an vielen Universitäten wöchentliche Treffen und Diskussionen.

Mit Bernie Sanders bekam bei den Vorwahlen ein Kandidat, der sich als Sozialist bezeichnet, bei Unter-30-Jährigen mehr Stimmen als Clinton und Trump zusammen! Hunderttausende AktivistInnen des Kampfes für einen $15 Mindestlohn, Black Lives Matter sowie UmweltaktivistInnen und GewerkschafterInnen wurden in Sanders‘ Kampagne aktiv. SAlt war sich der eng begrenzten Möglichkeiten einer linken Bewegung innerhalb der Demokratischen Partei bewusst, sah aber auch das Potential von Sanders‘ Kampagne voraus und organisierte über die unabhängige Plattform „Movement4Bernie“ unzählige Straßenaktionen und Diskussionen.

Ohne Illusionen in Sanders zu schüren, stand SAlt dadurch Seite an Seite mit vielen AktivistInnen, die von seiner Kampagne angezogen wurden. Sanders kehrte nach seiner Niederlage bei den Vorwahlen der Bewegung den Rücken und unterstützt jetzt Clinton. Doch hunderte enttäuschte und wütende „Sandernistas“ kommen nun zu den „Beyond Bernie“ Treffen von SAlt, um zu diskutieren, wie die „politische Revolution gegen die Klasse der MilliardärInnen“ fortgesetzt und eine unabhängige Partei der „99%“ aufgebaut werden kann. Viele AktivistInnen der Bewegung konnte SAlt durch eine bewusste Intervention in die Sanders-Kampagne für den Aufbau einer revolutionären Partei gewinnen. Gestärkt durch neue AktivistInnen ist SAlt in praktisch allen sozialen Bewegungen in den USA aktiv: Vom Allina-Pflege-Streik in Minnesota bis zu den Protesten gegen eine für die Umwelt verheerende Öl-Pipeline durch das Gebiet der Standing-Rock-Sioux-Reservate in North Dakota.

„Wenn wir in eine Bewegung intervenieren, tun wir das nicht, um einfach nur Teil davon zu sein. Wir haben ein Konzept davon, was nötig sein wird, um einen Sieg zu erreichen. Intervenieren heißt, einen aktiven, bewussten Zugang dazu zu haben, wie sozialistische Ideen und Strategien eingebracht werden können, um der ArbeiterInnenklasse dabei zu helfen, ihre Kämpfe weiterzuentwickeln“, bringt es Teddy Shibabaw, Aktivist aus Madison, auf den Punkt.

 

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