Mo 18.02.2013
Sozialisierung (Überführung von Unternehmen in gesellschaftliches Eigentum) war nach dem 1. Weltkrieg ein dominantes Schlagwort im politischen Alltag. Drei Konzepte (wirtschaftlicher) Systemveränderung standen einander gegenüber: 1) langsame, schmerzlose Transformation (Sozialdemokratie), 2) dezentrale Kontrolle/ Übernahme der Betriebe (SyndikalistInnen) und 3) radikaler Bruch durch die Kombination von Streikbewegung und zentral geführtem politischen Aufstand (KommunistInnen). Im Jänner 1919 führte der Unmut über mangelnde Ergebnisse beim zunächst eingeschlagenen Weg 1 zur radikalen Sozialisierungsbewegung im deutschen Ruhrgebiet. Anfangs verlangten die Belegschaften nur Kontrollrechte. Rasch entwickelten sich die Forderungen aus den Betrieben in Richtung schneller und vollständiger Sozialisierung. Bereits im Februar wurde von den Linkskräften (USPD, KPD) ein Generalstreik beschlossen. In mehreren Wellen streikten im April 1919 über 300.000 Menschen (3/4 der Belegschaft). Wie zentral – entgegen den syndikalistischen Konzepten (Weg 2) – die Frage der politischen Macht tatsächlich war, zeigten nicht nur die heftigen Zusammenstöße mit der extremen Rechten. Unterstützt von Severing (SPD) wurde der Belagerungszustand über das lebenswichtige Kohlegebiet verhängt. Die Niederringung der Bewegung zog sich noch bis in den Mai hin. Zahlreiche ArbeiterInnen schlossen sich in Folge linkeren, nicht-sozialdemokratischen Strömungen an. (je)