Mo 03.11.2014
Zigtausende verloren in den letzten Jahren in der Region um Irak und Syrien ihr Leben. Millionen mussten fliehen, Diktaturen, Imperialismus und Fundamentalismus haben unsagbares Leid über die Bevölkerung gebracht. Verzweifelt wird ein Ausweg aus der schier endlosen Spirale aus Barbarei und Gewalt gesucht. Und auch, wenn es utopisch scheint: Es gibt ihn. Unter den Trümmern begraben liegt ein roter Faden des gemeinsamen Kampfes in der Region – von ArbeiterInnen und Armen verschiedener Herkunft gegen ihre gemeinsamen UnterdrückerInnen. Diesen Faden aufzuspüren und an ihm anzuknüpfen ist die einzige Möglichkeit, aus der aktuellen Hölle hinauszufinden.
In der Region gibt es eine reiche Tradition an Widerstand. Die junge Sowjetunion rief 1920 in Baku (Aserbaidschan) zum „Kongress der Völker des Ostens“. Es wurden Strategien zum gemeinsamen Kampf von ArbeiterInnen, Bauern und Armen gegen Kolonialismus und Unterdrückung diskutiert. Diese wurden dann in den antikolonialen Aufständen 1920-24 zur Praxis. In den 30er Jahren bildeten sich in Syrien und im Irak Gewerkschaften und kommunistische Parteien. Auch in den 50er-60er Jahren kommt es zu Massenbewegungen, die allerdings aufgrund der Moskau-Treue der KPn ihr revolutionäres Potential nicht entfalten konnten. Die Gesellschaften in der Region waren, zumindest in den Städten, durchaus säkular geprägt, der Lebensstil „westlich“. Erst durch die Fehler der Linken, die Intervention des Imperialismus und den Aufstieg des Fundamentalismus wurden diese Länder auch kulturell zurückgeworfen. Doch selbst in den letzten Jahren gibt es Anknüpfungspunkte für gemeinsamen Widerstand von Menschen aus der ArbeiterInnenklasse über religiöse bzw. kulturelle Grenzen hinweg:
Als die USA 2003 im Irak einmarschierten, sahen sie sich mit massivstem Widerstand konfrontiert. Berichtet wurde aber nur von den Anschlägen fundamentalistischer Gruppierungen, nicht von der Gründung der irakischen Arbeitslosengewerkschaft UUI. Diese wuchs innerhalb eines Jahres unter schwierigsten Bedingungen auf über 300.000 Mitglieder. Sie stand für einen gemeinsamen Kampf von ArbeiterInnen, Arbeitslosen und Armen gegen Besatzung und Fundamentalismus. In den folgenden Jahren kam es regelmäßig zu Streiks und Besetzungen in der Ölindustrie. 2005 streikten etwa 15.000 ArbeiterInnen der Southern Oil Company. FabrikarbeiterInnen in Nahrawahn bildeten bewaffnete Streikposten, um ihre Forderungen nach höheren Löhnen und sozialer Absicherung durchzusetzen – mit Erfolg. 2006 führte ein Aufruf zum Generalstreik in den kurdischen Gebieten im Nordirak zu flächendeckenden Massenprotesten. Ebenfalls 2006 wehrte sich der schiitische Teil Bagdads mit einem Generalstreik gegen die US-Besatzung.
Als 2011 die Massenbewegung gegen den syrischen Diktator Assad entstand, vereinigte sie Sunni, Shia und KurdInnen im gemeinsamen Kampf gegen die Diktatur und für soziale Rechte. Hunderttausende marschierten unter der Parole „Huriya-Azadi“ („Freiheit“ auf arabisch und kurdisch) durch die syrischen Städte. Hama und Homs wurden durch teilweise tagelange Generalstreiks paralysiert.
Von allen Seiten bedroht, leisten heute v.a. KurdInnen in West-Kurdistan (bzw. Nord-Ost-Syrien) heroischen Widerstand gegen den Terror des IS. Dies ist jedoch nicht Öcalan oder dem Rest der PKK-Führung zu verdanken, sondern der Basis der kurdischen Bewegung, besonders den kämpfenden Frauen. Tausende sehen sich als SozialistInnen und KommunistInnen. Sie kämpfen nicht nur um nationale Selbstbestimmung, sondern auch gegen den Imperialismus. Mit einer starken internationalen Solidaritätsbewegung im Rücken können sie zur Lokomotive der sozialen Revolution in der Region werden.
Die SLP ist die österreichische Sektion des Committee for a Workers International (CWI). Das CWI hat aktive Organisationen in der Region: in der Türkei, im Libanon, in Israel/Palästina und in Tunesien. Die SozialistInnen des CWI kämpfen in der Region mit aller Kraft für ArbeiterInneneinheit und eine sozialistische Perspektive. Es ist die Aufgabe der ArbeiterInnenbewegung hier, Proteste und Organisierung von ArbeiterInnen vor Ort aktiv zu unterstützen. Wir müssen helfen, starke sozialistische Organisationen in der Region aufzubauen, die die Kämpfe von ArbeiterInnen und Armen zusammenführen und ihnen ein Programm geben können. Nur eine sozialistische Föderation des Nahen und Mittleren Osten kann den Reichtum der Region nutzen, um den Bedürfnissen der Bevölkerung nach Sicherheit, Wohlstand und Frieden nachzukommen.