Sa 01.03.1997
Vom 7. bis zum 14. April findet ein Frauenvolksbegehren statt - initiiert vom UFF! - dem Unabhängigen Frauen Forum. Die Idee dazu entstand am Internationalen Frauentag 1996, als anläßlich des zweiten Sparpaketes über Protest-Formen nachgedacht wurde.
Ein kleiner Erfolg ist das Medienecho - allerdings nicht nur ein Positives. Eigentlich traurig, daß Frauen zu solchen aufwendigen und “spektakulären” Mitteln greifen müssen, um das „ewige“ Thema der Frauendiskriminierung in Diskussion zu bringen und vor allem die Parteien unter Druck zu setzen. SPÖ, Grüne und Liberale unterstützen es. Die ÖVP lehnte es dezitiert ab - Maria Rauch-Kallat bezeichnete das Frauenvolksbegehren als kontraproduktiv, weil ihrer Meinung nach die meisten Forderungen Nachteile für Unternehmer bedeuten. Unternehmerrechte vor Frauenrechte - typisch ÖVP.
Regina Kern, eine der Initiatorinnen: „Es ist wichtig, daß viele Frauen das Volksbegehren unterschreiben. Die enorme Anzahl der Anrufe, die wir bekommen haben, zeigt, wie groß die Unzufriedenheit der Frauen ist. Das Frauenvolksbegehren muß erfolgreich sein.“
Viele Frauen sehen im Frauenvolksbegehren eine Möglichkeit, ihre Rechte durchzusetzen. In vielen Bundesländern haben sich Unterstützungsgruppen gebildet. Aber sogar wenn eine Million Menschen unterschreibt, hat das auf gesetzlicher Ebene keine zwingenden Auswirkungen. Lippenbekenntnisse der Parteien reichen aber nicht - wenn die SPÖ das Frauenvolksbegehren ernsthaft unterstützt, müßte sie auch die Kürzungen zurücknehmen, die die Situation vieler Frauen verschlechtert haben. Jetzt ist es wichtig, das Frauenvolksbegehren zu unterstützen - als Auftakt für mehr und breiteren Protest. Dazu muß eine andere Struktur geschaffen werden, die nicht in erster Linie auf Promi-Frauen setzt, sondern Arbeiterinnen und Jugendliche anspricht und einbindet.
Die UnterzeichnerInnen des Frauenvolksbegehrens fordern den Beschluß folgender bundesgesetzlicher Maßnahmen:
- Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist im Bundes-Verfassungsgesetz zu verankern. Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) verpflichtet sich zum aktiven, umfassenden Abbau der Benachteiligungen von Frauen. Die tatsächliche Gleichberechtigung ist insbesondere durch folgende gesetzliche Maßnahmen herzustellen:
Unternehmen erhalten Förderungen und öffentliche Aufträge nur, wenn sie dafür sorgen, daß Frauen auf allen hierarchischen Ebenen entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung vertreten sind. - Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit ist anzustreben. Deshalb ist ein Mindesteinkommen von öS 15.000,- brutto, das jährlich dem Lebenskostenindex angepaßt wird, zu sichern.
- Teilzeitarbeit und geringfügige Beschäftigung sind arbeits- und sozialrechtlich der vollen Erwerbstätigkeit gleichzustellen.
Keine Anrechnung des Partner-Ineinkommens bei Notstandshilfe und Ausgleichszulage. - Die Gleichstellung der Frauen muß auch durch staatliche Bildungsmaßnahmen gefördert werden. Die Bundesregierung hat geschlechtsspezifische Statistiken zu den Themen Beruf und Bildung zu erstellen und jährlich zu veröffentlichen.
- Jeder Mensch hat das Recht, Beruf und Kinder zu vereinbaren. Daher hat der Gesetzgeber für die Bereitstellung ganztägiger qualifizierter Betreuungseinrichtungen für Kinder aller Altersstufen zu sorgen. Tagesmütter sind auszubilden und arbeits- und sozialrechtlich abzusichern.
- Zwei Jahre Karenzurlaub für alle AlleinerzieherInnen.
Gesetzlich garantierter Anspruch auf Teilzeitarbeit für Eltern bis zum Schuleintritt ihres Kindes mit Rückkehrrecht zur Vollzeitarbeit.
Ausdehnung der Behaltefrist am Arbeitsplatz nach der Karenzzeit auf 26 Wochen. - Jeder Mensch hat das Recht auf eine Grundpension, die nicht unter dem Existenzminimum liegen darf. Wenn ein/e Lebens-partner/in nicht erwerbstätig ist, hat der/die andere dafür Pensionsbeiträge zu zahlen. Kindererziehung und Pflegearbeit wirken pensionserhöhend.
- Keine weitere Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen, bevor nicht die tatsächliche Gleichberechtigung in allen Bereichen gegeben ist.