Sa 01.03.1997
Frauen machen 52 % der Weltbevölkerung aus. Leisten zwei Drittel aller Arbeitsstunden. Erhalten nur 1/10 des Welteinkommens. Besitzen 1/100 des Weltvermögens! Am 8. März ist internationaler Frauentag. Ein Tag, an dem auf der ganzen Welt Frauen für ihre Rechte auf die Straße gehen. Rechte, die zunehmend beschnitten werden. Denn zur wirtschaftlichen Krise gesellt sich eine konservative Wende, deren Umsetzung hauptsächlich männliche Politiker vorantreiben.
Frauen sollen sich damit begnügen, als Menschen zweiter Klasse betrachtet und als solche unterdrückt und ausgebeutet zu werden. Bei gleicher Qualifikation, bei gleichen Bedingungen verdienen sie um 43 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Erwerbstätigkeit bedeutet allerdings lediglich einen Teil der von Frauen geleisteten Arbeit. Haushalt und Kindererziehung stellen ungeheure Belastungen dar, die nach wie vor beinahe ausschließlich den Frauen, dafür bloß mit „Kost und Logis“.belohnt, aufgebrummt werden. In allen Lebensbereichen - ob am Arbeitsplatz, in der Familie, bei der Bildung und im kulturellen Leben - begegnet frau ständiger Benachteiligung. Frauen werden zum „schwachen Geschlecht“, das, weil “von Natur aus” emotional, anlehnungsbedürftig, des Schutzes und der Bevormundung bedarf, degradiert. Darüber hinaus paßt sich das jeweils aktuelle Frauenbild den Bedürfnissen der Wirtschaft an.
In Phasen des wirtschaftlichen Aufschwungs, z.B. im Österreich der 50er und 60er Jahre, bestand für die Unternehmer die Notwendigkeit der Erwerbstätigkeit von Frauen. Doch die Zeiten haben sich geändert. Heute gibt es ein Überangebot an Arbeitskräften, die Arbeitslosigkeit steigt. EU-weit sind rund 20-30 Millionen arbeitslos, und auch in Österreich liegt die Zahl offiziell bei 300.000 (inoffiziell noch darüber).
Frauen, die ersten Opfer von Rationalisierung und Flexibilisierung, werden verstärkt aus dem beruflichen Leben gedrängt. Das Ergebnis: entweder Erwerbslosigkeit (Männer als angebliche „Familienerhalter“ sind eher zu behalten) oder unsichere und noch schlechter bezahlte Jobs. Nur noch 42 % aller Frauen befinden sich in einem Normal-Arbeitszeit-Verhältnis. Viele Frauen arbeiten als „geringfügig Beschäftigte“ und sind mit einem Monatseinkommen von unter öS 4000.- nicht einmal sozialversichert. Fast 90 % aller Teilzeitbeschäftigten sind Frauen (19 % aller Frauen, 2 % aller Männer). Frauen arbeiten teilzeit, weil sie sich zusätzlich zum Job noch um Haushalt und Kinder kümmern müssen. Sie werden erpreßbarer und geben sich somit auch mit der miesen Bezahlung der Teilzeitjobs „zufrieden“. Eine Situation, die von den Unternehmern leidlich ausgenutzt wird.
Keine Chance am Arbeitsmarkt
46.000 Frauen in Österreich werden zur Arbeitslosigkeit gezwungen, weil sie keine Betreuungsplätze für ihre Kinder gefunden haben. Vor allem außerhalb Wiens wissen die Frauen oft nicht, wo sie die Kinder unterbringen können. Von Ganztagesplätzen gar nicht zu sprechen. Auf diese Weise wird es vielen Frauen unmöglich gemacht, nach der Karenzzeit (wieder) ins Berufsleben einzusteigen - zusätzlich zur schlechten Arbeitsplatz-Situation.
Sind Frauen erst einmal ohne Arbeitsplatz, ist es schwer, diesen Umstand wieder zu verändern. 1996 betrug die Arbeitslosenquote für Frauen 6,1 %, für Männer 4,8 %. Dazu kommt noch, daß Frauen im Vergleich länger als Männer arbeitslos sind. 1995 waren Frauen durchschnittlich 126 Tage, Männer 109 Tage auf Arbeitssuche. Frauen erhalten wegen der niedrigeren Löhne auch weniger Arbeitslosengeld und Notstandshilfe.
Konservative Trendwende
Damit wir alle diese Ungleichbehandlung brav akzeptieren, wird sie ideologisch “begründet”. Konservative Autoren und reaktionäre Publikationen stimmen ein in das Hohelied auf die Frau als „Hausfrau und Mutter“. Sie fordern: „Die Frau soll sich ihrer biologischen Rolle besinnen“. Oder wie es „hochwissenschaftlich“ in einer FPÖ-Familienbroschüre heißt: „Eine Entlastung des Arbeitsmarktes durch Abbau der Frauenbeschäftigung“ muß erreicht und die „Verfügbarkeit der Mutter für Kinder und Familie“ sichergestellt werden. Die Frau soll schweigen und arbeiten (allerdings ohne Bezahlung), Kinder gebären und für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft zur Verfügung stehen - in immer jener Form, die gerade gebraucht wird.
Sparen auf Frauenkosten
Der Sparhysterie der Regierung sind vor allem Frauen zum Opfer gefallen. Ein Umstand, der nicht zufällig mit der konservativen Trendwende zusammenfällt. Die Frau soll wieder mehr Aufgaben vom Staat übernehmen und den Arbeitsmarkt „entlasten“. Die Sparpakete 1 + 2 beinhalteten eine Reihe von Kürzungen bei Frauen: die Geburtenbeihilfe wurde gestrichen, die Karenzgeldbezugsdauer für Alleinerzieherinnen von 24 auf 18 Monate gekürzt, und unter den Einsparungen im Bildungswesen leiden v.a. Frauen.
Durch die Regierungsmaßnahmen werden immer mehr Frauen in die Armut gedrängt - und die ist in Österreich meist weiblich: Ein Drittel aller Alleinerzieherinnen muß mit monatlich weniger als öS 6.300,- auskommen. Die verkürzte Karenzzeit bedeutet, daß Frauen früher wieder arbeiten gehen müßten. Da sie aber keinen Kindergartenplatz finden, gelten sie als „Arbeitsverweigerinnen“ und verlieren Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Die wenigen Schutzbestimmungen für Frauen, die den offensichtlich ungleichen Verhältnissen entgegenwirken sollten, werden heute unter dem Vorwand der „Gleichbehandlung“ aufgelassen. Bestes Beispiel: das Nachtarbeits-Verbot für Frauen.
Wir kämpfen für gleiche Rechte
Im April findet in Österreich das „Frauen-Volksbegehren“ statt, das einen ersten Schritt in die richtige Richtung darstellt - aber eben nur einen allerersten! Eine Unterschrift reicht nicht aus, um miese Bezahlung, ungleiche Behandlung und gesellschaftliche Diskriminierung zu beenden. Dazu braucht frau organisierten Widerstand - ein Ziel, das sich der Vorwärts-FrauenStammtisch gesetzt hat.