Do 01.02.2001
In der Opposition und in der Regierung zugleich, offen rassistisch und doch liberal, Sparpakete schnürend und doch die Partei der kleinen Leute. Die FPÖ ist ein internationales Phänomen; zwar nicht einzigartig, doch auf Grund ihres vermeintlichen Facettenreichtums umso gefährlicher.
Eine wesentliche Eigenschaft der FPÖ ist sicherlich ihre “Kaderschwäche”. Auf Grund ihres raschen Wachstums müssen die Freiheitlichen nehmen, was kommt, und das sind nun einmal nicht nur Jungunternehmer wie Grasser, sondern auch in der Augen der Bürgerlichen inkompetente Karrieristen. Zwar stammte ein Kabas aus der Liga der Burschenschafter, doch hat der nicht dieselbe Ausbildung in der Partei genossen wie sein Kamerad Haider. Der wurde über 15 Jahre (!) als Führungspersönlichkeit der FPÖ aufgebaut. In diesen Kreisen gilt es als schick, sich kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Das hat oft nichts mehr mit Populismus zu tun.
Blaue Euphorie
Seit dem Regierungseintritt befindet sich die FPÖ trotz aller Skandale und schlechten Umfragewerte in einer Art Euphorie. Seit langer Zeit sitzt sie wieder in einer Regierung und hat Anspruch auf jede Menge “Versorgungsposten”. Zu Verlockend war die Möglichkeit, endlich – wie in Kärnten oder Vorarlberg – auch am Kuchen mit naschen zu können. Grasser vernarrt sich in sein Nulldefizit und streicht tatsächlich auch bei Unternehmern, um dieses zu erreichen. Kabas wollte um jeden Preis an die Macht und Sickl war letzten Endes selbst der Partei ein Dorn im Auge. Sie verstecken sich nicht wie SPÖ und ÖVP, weshalb ihr Sexismus, ihr Sozialabbau usw. immer mehr Leuten ins Auge springen. Die FPÖ mag zwar instabil sein, doch durch den Wegfall der SPÖ (und somit des gewerkschaftlichen Einflusses!) aus der Regierung, können sie ihr Programm in noch kürzerer Zeit durchbringen.
Appelle an die ÖVP?
Die FPÖ ist die größte rechtsextreme Partei der Welt. Umso bedeutender ist die Frage ihrer Bekämpfung: Während die einen auf Integration und nationalen Konsens setzen, reden die anderen davon, dass wir die FPÖ einfach ignorieren müssen, um sie zu schwächen. Die Proteste gegen die blauschwarze Koalition waren anfangs von starker Enttäuschung über die ÖVP bei gleichzeitiger moralischer Entrüstung über die Regierungsbeteiligung der FPÖ getragen. Vor allem die Grünen und die “Demokratische Offensive” puschten die Forderung nach Neuwahlen, von denen sie sich viel für die eigene Parteien erwarteten. In diesem Sinne luden die Grünen auch alle “enttäuschten ÖVPlerInnen” ein, sich ihnen anzuschließen. Sogar linke Gruppierungen, wie die Linkswende, sammelten Unterschriften gegen einen Regierungseintritt der FPÖ und übergaben diese an die ÖVP.
Was tut der ÖGB?
Die Forderung nach Streik, dem einzigen Mittel, um diese Regierung zu stürzen, kam nur sehr vereinzelt auf. Ebenso wurde in erster Linie der rassistische Wahlkampf der FPÖ in Wien kritisiert und nicht so sehr ihr wirtschaftsliberales Programm. Die Gewerkschaftsführung unterließ es aber wieder einmal, einen Streik zu organisieren. Sie setzen weiterhin auf verhandeln und besitzen immer noch die Frechheit und Arroganz, davon zu sprechen, dass die “Basis” noch nicht zum Kampf bereit wäre. Einzig die LehrerInnen haben es mit dem LehrerInnenforum Henriettenplatz geschafft, tatsächlich Druck auf den ÖGB aufzubauen. Sie drängten die Gewerkschaftsführung so sehr, bis diese einem Warnstreik am 5. Dezember 2000 zustimmen musste. Doch in einem Land, in dem es über 50 Jahre kaum nennenswerte Streiks gab, ist es extrem schwierig, Streiks gegen den Willen der Gewerkschaftsbürokratie durchzusetzen.
Anstatt endlich mit die Betroffenen gegen die Regierung zu organisieren, setzt die Gewerkschaftsspitze auch weiterhin auf Verhandlungen. Bestes Beispiel dafür ist das Politschauspiel, dass in den letzten Wochen mit Hans Sallmutter aufgeführt werden konnte.
Obwohl er gleichzeitig der Vorsitzende der größten Fachgewerkschaft ist, gab es vor seiner Absetzung keine einzige nennenswerte Aktion gegen die sich in den letzten Wochen abzeichnende Absetzung.
Die FPÖ verkörpert extrem, was ArbeiterInnen, Frauen und Jugendliche auf der ganzen Welt bekämpfen: den neo-liberalen Umbau. Es wird sich noch viel tun im Kampf gegen die FPÖ – und vor allem gegen die Politik, die sie verkörpert. Rassismus, Sexismus und Sozialabbau sind Facetten ein und derselben ideologischen Richtung.
Perspektiven für den Widerstand
Das einstige rein moralische Entsetzen über die FPÖ-Regierungsbeteiligung ist in vielen Bereichen sozialen Forderungen gewichen: Beim Schulstreik im Februar letzten Jahres, in zahlreichen (gegen die Gewerkschaftsbürokratie erkämpften) Dienststellenversammlungen und – am radikalsten – bei den LehrerInnen.
Der Aufbau gemeinsamer Aktionsplattformen und konsequenter Aufbau in den je eigenen Bereichen sind erste Schritte zum Aufbau einer linken Opposition in der Gewerkschaft. An ein solchen führt kein Weg vorbei, soll solidarischer und wirkungsvoller Widerstand organisiert werden.
Die Linke Opposition in der deutschen ÖTV, Streiks in ganz Europa, im Bildungsbereich z.B. in Griechenland. In Italien und Frankreich wurden rechte Regierungen von Massenbewegungen gestürzt. Beispiele gäb’s genug …