Mo 01.02.1999
Die EU–Kommission ist – wie eigentlich zu erwarten war – relativ unbeschadet davon gekommen: Der Mißtrauensantrag im EU-Parlament ging aufgrund parteipolitischer Interessen nicht durch. Und das obwohl Finanz- und Betrugsaffären, Vetternwirtschaft & Co. zum ganz normalen Alltag der EU-Kommission gehören.
Der strukturelle Aufbau der Europäischen Union bietet den idealen Nährboden für Korruption. Das EU-Parlament hat maximal Einspruchsrecht, die Macht konzentriert sich voll in den Händen der EU-Kommissare. Diese werden für 5 Jahre von jedem Mitgliedsland bestellt. Sie ist eigentlich die Exekutive der EU, hat aber auch das alleinige „Initiativrecht für Gesetzesvorschläge“ – ein Recht, das in allen bürgerlichen Demokratien das Parlament, also die gewählte Vertretung, hat! Theoretisch ist die EU-Kommission dem EU-Parlament rechenschaftsplichtig, kann also über ein Mißtrauensvotum von diesem abgesetzt werden. Praktisch kann/wird es dazu aber kaum kommen, da es nur möglich ist, die Kommission als ganze abzuwählen, nicht aber einzelne Mitglieder. Parteipolitisches Kalkül, so wie bei den jüngsten Skandalen, wird das aber meist verhindern. Und auch sonst können die Kommissare schalten und walten wie sie wollen. Fragt man die freundliche Stimme am Europatelefon der österreichischen Bundesregierung, wer eigentlich die EU-Kommission kontrolliert, so bekommt man die lapidare Antwort: „Na eigentlich niedmand“... Und das führt dann eben dazu, daß der Zahnarzt der französischen Kommissarin Edith Cresson für diese wissenschaftlich zum Thema Aids arbeitet, ohne aber irgendeine nachvollziehbare Qualifikationen nachweisen zu können. Oder daß der Vizepräsident der Kommission, der Spanier Manuel Marin, Gelder, die eigentlich für ein Hilfsprogramm gedacht waren, wahrscheinlich zum Stopfen von Löchern im Personalbudget verwendet hat. Und auch dazu, daß jener Beamte, der diese Skandale aufgedeckt hat, suspendiert wurde, die korrupte Kommission aber noch immer in Amt und Würden ist. Einzelfälle und Zufälle? Sicher nicht! Denn die EU hat offensichtlich die Struktur, die ihr als Instrument zur Wahrung vonUnternehmerinteressen entspricht.