Mo 01.05.2000
Was hat Zlatko, den arbeitslosen Mechaniker, zum Star gemacht? Nichts, mensch durfte ihm ein paar Wochen beim Leben zuschauen. “Real Soap” (echte Seife) nennt sich das. Viel Geld bringt das - den TV-Anstalten und wohl auch Zlatko.
"Authenzität" als Publikumsmagnet
Geht es nach den Verantwortlichen ist vor allem die „Authenzität“, die Echtheit des Programms für den Erfolg verantwortlich. Was aber ist echt an einer Containerwohnung, aus der keine/r rausdarf, außer er/sie wird "gefeuert"? Was ist echt an einer Wohngemeinschaft, in der die BewohnerInnen dazu genötigt werden, sich gegenseitig rauszuwerfen? Nichts, die Show ist nichts als raffiniert inszeniertes "echtes Leben". Das Publikum durchschaut das, diese Tatsache hindert es aber nicht daran, zuzusehen.
Ergötzen an den Unterlegenen
Dass gerade Zlatko zum polarisierenden Superstar avancierte, verrät schon einiges vom tatsächlichen Erfolgsgeheimnis der Show. Die vermeintlich Überlegenen, die sich überwiegend aus jüngeren und gebildeteren Schichten zusammensetzen, ergötzen sich am Banalen, an den vermeintlich Unterlegenen, die sich eben nicht dafür schämen, Shakespeare für einen Filmemacher zu halten.
Für Geld tu ich alles
Dabei steht nicht im Vordergrund, ob das Geld wirklich derart dringend gebraucht wird oder nicht. Es geht darum, dass die ProtagonistInnen, aus welchen Gründen auch immer, es einfacher finden, ihr Geld dadurch zu verdienen, dass sie sich vor einem Millionenpublikum zum Trottel machen.
Linke Gedanken zu „Big Brother“
Das "Recht auf Selbstentwürdigung" kann niemandem genommen werden. Was eine linke Bewegung allerdings anbieten kann, sind Werte, die zu interessanteren kulturellen Ausdrucksformen finden. Solidarität statt Freude an der vermeintlichen Überlegenheit zum Beispiel, das eigene Leben selbst in die Hand zu nehmen, statt einem inszeniertem Leben anderer beiwohnen zu "müssen". Real Life hat doch mehr als “Real Soap”.