Di 01.06.2004
“Wer kostet, soll zahlen” – das ist Wolfgang Schüssels Vorstellung von einem gerechten Gesundheitssystem. Auch Spitäler wie das traditionsreiche Hanuschkrankenhaus könnten geschlossen werden. Wir meinen: Hanusch bleibt und Schüssel muss weg!
Österreich liegt mit Gesundheitsausgaben von 8.9% BIP gerade im europäischen Mittelfeld. Trotzdem sollen in einer “Reform” nun Kosten und Leistungen reduziert werden. Eine Regierung spart an der Gesundheit der eigenen Bevölkerung.
Spitäler auf der Abschussliste
Aktuell steht das Hanuschkrankenhaus auf der Abschussliste der Regierung: Das traditionsreiche 534-Betten-Spital, versorgt täglich mehr als tausend PatientInnen ambulant und stellt 20% der Dialyseplätze der Bundeshauptstadt zur Verfügung. Nun heißt es, es sei eine verzichtbare Überkapazität und für das Defizit der WGKK verantwortlich. Daher solle bei medizinischen Leistungen, Medikamenten und Personal gespart werden. Der “Abgang” des Hanusch macht zwar nur 4% des Kassendefizits aus, doch der politische Druck hat bereits zu Personalreduktion und zur Schließung der Hautambulanz geführt. Die Kinderambulanz soll in Kürze folgen. Die neoliberale Sparlogik trifft gerade die Ambulanzen, die in der Erstversorgung Schlimmeres verhindern können. “Gesundheitsökonom” Christian Köck (ehemals Spitzenkandidat des Liberalen Forums) hat bereits erklärt, er sei am Betrieb des Hanuschkrankenhauses nach dem Vorbild eines privaten Unternehmens interessiert. Eine gefährliche Drohung! Denn Profitmaximierung steht gegen die naturgemäß kosten- und personalintensive Behandlung kranker Menschen nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Methoden. Der wahre Grund für das Defizit der Kassen wird von Regierung und selbsternannten Spezialisten gerne verschwiegen: Die Schulden der Arbeitgeber bei den Gebietskrankenkassen betrugen im letzten Jahr 897 Mio Euro. 405 Mio davon stammen aus Beiträgen, die den Arbeitnehmern zwar monatlich abgezogen wurden, die aber bei den Krankenkassen nicht eingelangt sind. Allein in Wien betragen die Arbeitgeberschulden bereits 328 Mio Euro. Zum Vergleich: die WGKK ist nach Angaben des Hauptverbands mit 110 Mio Euro im Minus. Die angebliche Unfinanzierbarkeit des Gesundheitssystem ist eine Lüge, die Selbstbehalte und Kostendeckelungen wie bei der umstrittenen Gesundheitsreform in Deutschland rechtfertigen soll.
“Nicht kostendeckend”
Die Angriffe auf das Hanuschkrankenhaus sind kein Einzelfall – in ganz Österreich drohen Spitalsschließungen und Auslagerungen. Die niederösterreichische ÖVP hat ihre Vorstellung von einem “schlanken” Gesundheitswesen bereits klar gemacht – wenige zentrale “Gesundheitszentren” sollen größere Regionen versorgen. Das österreichische “Wirtschaftsforum der Führungskräfte” empfiehlt in einer Aussendung an Gesundheitsministerin Rauch-Kallat gleich die vollständige Privatisierung von Spitälern und Kassen sowie Schließungen von kleineren Spitälern oder deren Umwidmung in Pflegeheime. Vorbereitet werden soll eine Reform nach dem deutschen Vorbild: sozial unverträgliche Selbstbehalte und Kostendeckelungen führten dort bereits zu zehnprozentigen Patientenrückgängen in den Ambulanzen und zu Protesten der Patienten- und Ärztevertreter. In Großbritannien werden älteren Menschen wichtige Operationen und Behandlungen verweigert, wenn diese zu teuer sind. Außerdem: Wer pflegt die Kranken, wenn es die öffentliche Hand nicht mehr macht? In Vorarlberg hat die ÖVP die Aktion “Ehrenamt – unverzichtbar, unbezahlbar” gestartet. PensionistInnen und Frauen sollen unbezahlt die Arbeit übernehmen, für die angeblich kein Geld mehr da ist.
Wo bleibt der ÖGB?
Ein Gegenprogramm zu den neoliberalen Angriffen auf das Gesundheitsystem müsste ein definitives Nein zu Privatisierung, Kürzungs- und Sparpolitik beinhalten. Um auch in Österreich wirksam gegen die Angriffe auf das Gesundheitssystem vorgehen zu können, ist ein kämpferischer Kurs des ÖGB nötig. Krankenhausschließungen müssen mittels Mobilisierung aller Betroffenen durch die Gewerkschaften verhindert werden. Gerade im Gesundheitsbereich sind die Beschäftigten mit massiver Antistreikpropaganda konfrontiert – eventuelle Streiks gingen laut Regierung ja auf Kosten der Patienten. Wenn diese Argumentation hingenommen wird, müssten die Beschäftigten immer miesere Arbeitsbedingungen akzeptieren ohne sich wehren zu können. Solidarität und Unterstützung von außen sind daher besonders wichtig. Gemeinsam mit Beschäftigten, PatientInnen und AnrainerInnen konnten in Großbritannien und Deutschland durch Kampagnen um Krankenhäuser Verschlechterungen für Patienten und Personal verhindert werden. Wir meinen: Wenn es unmöglich ist, optimale Gesundheitsversorgung aller unabhängig von Einkommen und sozialem Status zu ermöglichen, dann ist am System etwas faul: In einer modernen Gesellschaft besteht der “Profit” nämlich in der Gesundheit der Bevölkerung. Auch das Hanuschkrankenhaus kann durch eine Kampagne von AnrainerInnen, PatientInnen und Krankenhauspersonal verteidigt werden!