So 20.03.2011
Jahrzehntelang wurde Österreich als „Insel der Seligen“ dargestellt, als eine Oase von sozialem Frieden und relativem Wohlstand in einer bewegten und unruhigen Zeit. Auch heute versuchen Politik und Medien uns einzureden, wir hätten im Vergleich zu anderen Ländern die Krise gut überstanden und deshalb gäbe es auch keinen Grund sich zu wehren. Richtig ist, dass die Folgen der Wirtschaftskrise in Österreich (noch) nicht voll zugeschlagen haben. Falsch wäre es aber daraus abzuleiten, dass „alles in Ordnung“ sei. Denn die Krise ist keineswegs vorbei, das schwache Wachstum, die hohe Verschuldung und selbst die Analysen seriöser bürgerlicher ÖkonomInnen deutet auf einen neuerlichen Abschwung hin. Die sozialen Folgen werden dramatisch sein. Während in anderen Ländern die ArbeiterInnenklasse mit Protesten und Streiks gegen die Angriffe wehrt, ist der „soziale Friede“ in Österreich von Seiten der Gewerkschaften ungebrochen. Unter der Oberfläche gärt es aber auch bei uns! SchülerInnen und Studierendenproteste waren die Vorboten weit größerer sozialer Kämpfe. Aufgabe von SozialistInnen ist es, sich darauf politisch und organisatorisch vorzubereiten.
Krise „reloaded“
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Regierung und Medien verkünden das Ende der Wirtschaftskrise. Der aktuelle Miniaufschwung kann aber sehr schnell vorbei sein. Denn die Krise ist eine strukturelle Krise des Kapitalismus. Die erste Talfahrt wurde 2008 ausgelöst durch ein Platzen der Immobilien- und Spekulationsblase, das rasch auf die „Realwirtschaft“, also den Produktionssektor, übergriff. Doch die Ursache liegt in den Grundwidersprüchen des Kapitalismus. Diese bestehen weiter und legen die Basis für kommende, tiefere Krisen. Eine Analyse „Krise – alles bricht zusammen – dann kommt die Revolution“ wäre aber grundfalsch. Der Kapitalismus an sich ist zwar in einer tiefen Krise, doch „von selbst“ wird er sich nicht abschaffen, sondern er findet stets Auswege – wenn diese auch mit hohen Kosten für die ArbeiterInnenklasse und auch Teile der Mittelschichten verbunden sind. Auch führt eine Krise nicht automatisch zu revolutionären Erhebungen. Unmut, Proteste und Bewusstsein entwickeln sich nicht linear – der Verlauf ist auch ganz entscheidend abhängig von der Existenz von klassenkämpferischen und sozialistischen Formationen. (Mehr zu Ursachen der Wirtschaftskrise in der SLP-Publikation „Sozialistische Antworten auf die Krise“.)
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Obwohl die KapitalistInnen wirklich gezwungen waren zu reagieren, haben die verschiedenen staatlichen Rettungsmaßnahmen für Banken und Unternehmen die wirtschaftlichen Fundamente sogar weiter unterhöhlt. Die Kombination von Zuspitzung der systemimmanten Widersprüche und massiver Vergrößerung der Verschuldung stellt ein Pulverfass dar, das rasch zu einem neuerlichen Einbruch führen kann. Was der Auslöser sein wird ist offen. Es kann der jetzt in Folge der revolutionären Erhebungen steigende Ölpreis sein. Oder der Bankrott weiterer Staaten in EU-Europa der von der EU nicht mehr aufgefangen werden kann. Oder ein als Folge von Staatsverschuldung/Defizit und Kürzungspaketen folgender Einbruch der US-amerikanischen Wirtschaft, der zum Einbruch der europäischen Exporte führen würde. Oder ein Zusammenbruch der europäischen Exporte in Folge von massiven Problemen der überhitzten und hoch-spekulativen chinesischen Wirtschaft. Auch Probleme der nationalen Ökonomien, wie die Abhängigkeit österreichischer Banken von Entwicklungen am Balkan und besonders in Osteuropa können aufgrund der engen internationalen Verflechtungen und Abhängigkeiten enorme Auswirkungen auf die gesamte europäische und internationale Wirtschaft haben. Wären die Haftungen für die Kärtner Hype-Alpe-Adria schlagend geworden, wäre Österreich das erste Land gewesen, dass um EU-Hilfe hätte ansuchen müssen. Die Auslöser einer künftigen Krise mögen noch offen sein – die Voraussetzungen dafür sind aber längst existent. (Mehr zu Perspektiven der Weltwirtschaft in den Dokumenten zum 10. Weltkongress des CWI).
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Die erste Welle der Wirtschaftskrise wurde mit historisch einzigartig hohen Beträgen von staatlicher Seite abgefedert. Unmengen wurden zur Rettung mancher Banken, zur Subvention vieler Konzerne und zur Finanzierungen von Maßnahmen wie der Kurzarbeit aufgewendet. 100 Milliarden wurden binnen weniger Tage zur Bankensicherung bereitgestellt. „Finanzmarktstabilität“ war mit über 10 Milliarden der größte Budgetposten 2009. Auf europäischer Ebene macht der sogenannte „Rettungsschirm“ zzt. 750 Milliarden Euro aus und mehr wird gefordert. Schon heute zahlt ArbeiterInnenklasse in Österreich und international dafür. Denn dieses Geld wird nun über Sozialkürzungen zurückgeholt. Somit führt die „Bankenrettung“ zur größten Umverteilung von unten nach oben in der 2. Republik. Und zwar noch bevor ein weiterer Einbruch der Wirtschaft stattfindet. Das Sparpaket 2010/11 war erst der Anfang. Die schwache Wirtschaftsentwicklung wird ein „nachjustieren“ von Seiten der Regierung nötig machen. Weitere große Angriffe im Gesundheitswesen, Pensionssystem, in der Bildung, bei kommunalen Dienstleistungen etc. stehen deswegen bevor.
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Gerade die kleine österreichische Volkswirtschaft ist überproportional abhängig von der internationalen Entwicklung. Momentan stützt sich der Miniaufschwung in Österreich auf Exporte nach Deutschland und Teile des EU-Raums. Schon eine Verlangsamung des ohnehin schwachen Wachstums in der EU hätte daher große negative Effekte in Österreich. Die Erholung des Jahres 2010 wurzelt v.a. in der Exportzunahme und nicht in der „erfolgreichen“ Politik der Regierung! Gerade diese Exportabhängigkeit ist auch die Archillesferse der österreichischen Wirtschaft. Die Einbrüche nach 2008 sind durch den schwachen Aufschwung noch nicht wieder wett gemacht. Die Inlandsnachfrage wird durch die Sparpakete geschwächt, dieser Trend wird sich mit weiteren Einsparungen, Kündigungen und Privatisierungen in ganz Europa verstärken. Der Bankensektor könnte zum Schwachpunkt der Wirtschaft werden: Vielen Banken sind in Osteuropa mit hohen Außenständen konfrontiert. Fast 270 Mrd. Euro Kredite haben die Austro-Banken in Osteuropa vergeben – das sind fast genausoviel wie das aktuelle BIP. Sollten in einzelnen osteuropäischen Ländern (wie etwa 2008/09 im Baltikum) Volkswirtschaften massiv in die Krise geraten bzw. zusammenbrechen, könnte das österreichische Banken mitreißen. Der Staat könnte gezwungen werden, weit größere Summen locker zu machen als er dies bei der Hypo Alpe Adria getan hat.
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Die jüngsten Wirtschaftsprognosen zeigen die wackelige Basis der österreichischen Wirtschaft. Das Wirtschaftsforschungsinstitut geht davon aus, dass im 4. Quartal 2010 das Wachstum nur mehr magere 0,6% ausmacht. Die Exporte wachsen langsamer, die Inlandsnachfrage ist bestenfalls stabil (unter Einbeziehung des Weihnachtsgeschäftes), der Bausektor schrumpfte Ende 2010 um 0,9% und im Dienstleistungssektor konzentriert sich das Wachstum auf den Bereich „Vermögens- und Unternehmensdienstleistungen“ während jene Bereiche, die Auskunft über die wirtschaftliche Lage der Masse der Bevölkerung geben (Handel etc.) nur schwache Zahlen aufweisen. Auch für Österreich gilt: Offen ist, wann und wodurch das Ende der schwachen Erholung ausgelöst werden wird und nicht die Frage ob!
Bewusstsein verändert sich
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In den letzten Jahrzehnten waren wir im Wesentlichen mit einer einheitlichen Strategie des Kapitals und seiner VertreterInnen in den Regierungen konfrontiert. Insbesondere seit den 1980er/90er Jahren beherrschte neoliberale Politik das Spektrum.. So wollte der spätere SP-Kanzler Alfred Gusenbauer während Schwarz-Blau das Nulldefizit in die Verfassung aufnehmen. Diese Einmütigkeit ist in Zeiten der Krise vorbei. Unterschiedliche Kapitalfraktionen setzen auf unterschiedliche Strategien - Sparen versus Wirtschaft ankurbeln. Die Nationalstaaten als verlängerter Arm „ihrer“ Unternehmen geraten zunehmend in Konflikt zueinander, wenn sie um die Verteilung des kleiner werdenden Kuchen kämpfen. 2010 erlebte die EU die tiefste Krise seit ihrem Bestehen. Statt die „Lissabon-Strategie“ gemeinsam umzusetzen, tobten heftige interne Kämpfe. Die Zukunft der EU ist ungewiss. Darüber hinaus ist das Vertrauen in die verschiedenen Institutionen des Kapitals, insbesondere den Finanzsektor und sogar den Kapitalismus an sich ist zurückgegangen.
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In Österreich sind größere Klassenkämpfe wie in Spanien, Portugal, Griechenland oder auch Irland noch ausgeblieben. Maßnahmen, wie die Kurzarbeit oder auch die massive wahlkampfbedingte Finanzspritzen der (SPÖ)Gemeinde Wien im Jahr 2010 haben dramatische Einbrüche im Lebensstandard bei größeren Schichten der ArbeiterInnenklasse vorläufig noch abgefedert.
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Die konkrete Lebenssituation, die Perspektiven für die eigene Zukunft und die der Kinder prägen Menschen. Die Teilnahme bzw. Existenz von Klassenkämpfen prägt und verändert das Bewusstsein. Und hier ist die Einschätzung alles andere als optimistisch. 40.000 Industriejobs wurden allein in Österreich in der Krise vernichtet. Viele Jobs wurden von Regulären in Leiharbeitsjobs umgewandelt. Die Zahl der SozialhilfebezieherInnen ist in der Krise um knapp 10% gestiegen. Im Durchschnitt haben sich 2000–2008 die Realeinkommen nur um 2,9 % erhöht. Dieser Durchschnitt verschleiert, dass sich in einzelnen Sektoren die Situation dramatisch verschlechtert hat. Frauen in klassischen Arbeiterinnenjobs (Kellnerinnen, Pflegehelferinnen) verdienen heute real 8% weniger als 1998.
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Rund eine Million Menschen ist dauerhaft arm oder armutsgefährdet. Dazu kommen noch einmal fast soviel Menschen, die regelmäßig mit ihrem Einkommen nicht auskommen. Am bisherigen Höhepunkt der Krise 2008/09 ist die Anzahl der SozialhilfebezieherInnen um 8,7% gestiegen. In Wien leben ein Viertel der Kinder und Jugendlichen in Haushalten, die arm oder armutsgefährdet sind. Arm sei bedeutet z.B. die Wohnung nicht angemessen heizen zu können bzw. aus Kostengründen auf Zahnreparaturen verzichten zu müssen. Ausgaben für einen neuen Kühlschrank oder z.B. Schulschikurse stellen ein oft unüberwindbares Problem dar.
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Der Druck und die psychische Belastung steigt: Burnout und psychische Krankheiten nehmen zu. Gleichzeitig bleibt die Arbeitslosigkeit hoch. Neu sind nicht die Probleme, sondern die Tatsache, dass heute klar ist, dass diese Trends dauerhaft sind und dass große Teile der ArbeiterInnenklasse keine großen Chancen haben aus dieser Situation herauszukommen.
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Hinzu kommt die konkrete Erfahrung mit der Abgehobenheit des Establishments und der ManagerInnen. Gerade Zeitungen wie „heute“ oder „Österreich“ die von vielen ArbeiterInnen und Jugendlichen gelesen werden zelebrieren die Berichte über die Gier von Unternehmen, ManagerInnen und PolitikerInnen. Verstärkt wird das durch ständig neue Berichte über PolitikerInnen, die sich bereichert haben (Stichwort: Beraterhonorar, Steuerhinterziehung, Zusatzgehälter etc.). Gerade der Fall Karl-Heinz Grasser empört viele Menschen und „entfremdet“ sie von der Politik. PolitikerInnen schneiden in Umfragen zum „Vertrauensindex“ daher auch denkbar schlecht ab. Die Regierung versucht zwar durch Erzeugung eines „Wir ÖsterreicherInnen Gefühl“ gegenzusteuern und abzulenken (z.B. durch die restriktive Asylpolitik). Aber das gelingt nur mangelhaft. Zunehmend ist ein „wir hier unten“ gegen „ihr dort oben“. Das ist noch kein sozialistisches, in den meisten Fällen auch kein antikapitalistisches Bewusstsein, aber es ist eine Grundlage, auf der sich Klassenbewusstsein entwickeln kann.
Perspektiven für Klassenkämpfe
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Auch wenn die ÖGB-Spitze noch so häufig auf den abgedroschenen Slogan „Wir zahlen nicht für Eure Krise“ zurückgreift, widerspricht es der Realität ihres Handelns. Die Führung der Gewerkschaften hat weder eine Antwort auf die Offensive des Kapitals, noch auf die Krise. Es gibt keinen organisierten Widerstand. Die wesentliche Rolle der Gewerkschaft ist es, ein paar der schlimmsten Verschlechterungen “abzufeden“ und unter den Beschäftigten das Gefühl zu schüren bzw. zu stärken, man wäre noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen. Das drückt sich in einer zahnlosen „Fairteilen“ Kampagne aus mit der an Politik und Wirtschaft appelliert wird. Bisher hat sich die Gewerkschaftsbürokratie der Regierung v. a. als Krisenmanager angedient. Maßnahmen wie die Kurzarbeit wären ohne die Vorarbeit und Zustimmung über die Verwendung von AMS-Geldern von Seiten der Gewerkschaftsspitzen nicht möglich gewesen. Bei einer neuerlichen Krise werden sie wieder ähnliches versuchen. Die Gewerkschaftsführung stößt ins selbe Horn wie die Regierung und behauptet, dass die Lage in Österreich besser wäre als in anderen europäischen Ländern, weil die Sozialpartnerschaft eine „bessere Politik“ gemacht hätte
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Doch diese Beschwichtigungstaktik funktioniert nur beschränkt. Die Stimmung ist in verschiedenen Teilen der ArbeiterInnenklasse unterschiedlich – v.a. Junge sehen kaum noch Perspektiven. 70% der Jugendliche hat Angst vor der Zukunft, 83% meinen (zu Recht), dass sie es es schwerer haben ins Berufsleben zu finden als frühere Generationen. Über die Hälfte geht davon aus, dass die heutigen Jugendlichen keine ausreichende Pension erhalten werden.
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Und die permanente Propaganda vom Ende der Krise hat auch dazu geführt, dass ArbeitnehmerInnen - insbesondere jene die 2008/09 starke Einbußen hinnehmen mussten – nun ihren Anteil am Wirtschaftsaufschwung wollen.
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Auch wenn es bisher noch nicht zu vergleichsweisen Klassenkämpfen, wie in anderen Ländern gekommen ist, so gab es im vergangenen Jahr erste Kämpfe gegen Kündigungen und bei KV-Verhandlungen und es stehen weitere und größere bevor. Die Faktoren, die bisher bremsend bzw. verhindernd für Klassenkämpfe wirkten (Ideologie der Sozialpartnerschaft, fehlende Erfahrungen mit Klassenkämpfen, starke Kontrolle durch die Gewerkschaftsführung) sind zwar noch existent, wirken aber zunehmend schwächer bzw. v.a. auf die älteren Schichten der ArbeiterInnenklasse. Dies zeigte sich schon 2009 beim "Kindergartenaufstand" und der "UNI-brennt-Bewegung", die sich ohne gewerkschaftliche Unterstützung entwickelten und bei denen es auch um konkrete Verbesserungen ging.“
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Aber aufgrund der bisherigen Bewegungen, Proteste und der Konzentration der Angriffe sind Proteste im Sozial- und Gesundheitsbereich sowie im Bildungsbereich wahrscheinlich.
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Im Sozialbereich stehen viele Menschen mit dem Rücken zur Wand. Dass es in Oberösterreich zu einem Streik im psychosozialen Bereich gekommen ist, ist kein Zufall. Schon längst sind die Arbeitsbedingungen im gesamten Sozial- und Gesundheitsbereich unzumutbar. Nun wird gerade in diesem Bereich durch Bund, Länder und Gemeinden gekürzt und Stellen abgebaut. Bisher gab es im Sozial- und Gesundheitsbereich erste Vernetzungen und Protestmaßnahmen (wie etwa die „Krötenwanderung“). Gleichzeitig ist der direkte Zugriff der Gewerkschaftsbürokratie durch den niedrigen gewerkschaftlichen Organisationsgrad in diesem Bereich geringer und es gibt (wenn auch politisch schwache) existierende linke Strukturen.
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Auch der Bildungsbereich kommt seit Jahren nicht zur Ruhe. Beim „Kindergartenaufstand“ wurden unhaltbare Zustände aufgezeigt und die KollegInnen haben ihre Kämpfe bzw. Kampagnen unabhängig von der Gewerkschaftsbürokratie organisiert. Aufgrund ihrer negativen Erfahrungen haben sie keine Hoffnungen in den ÖGB. Bei den LehrerInnen hingegen spielt die Gewerkschaft in Form der GÖD bei den älteren KollegInnen noch eine zentrale Rolle. Von Medien und Politik gibt es seit Jahren ein LehrInnenbashing, das mit immer größeren Verschlechterungen der Arbeitssituation einhergeht. Weitere als „Verbesserung des Bildungswesens“ getarnte Angriffe stehen bevor. Allerdings zu einem Zeitpunkt, wo ein LehrerInnenmangel existiert, was die Position der LehrerInnen eigentlich stärken könnte. Die GÖD konzentriert sich vor allem auf die Interessen der älteren LehrerInnen und nur bedingt auf die der zahlenmäßig immer größer werdenden Gruppe der Vertragsbediensteten. Darüber hinaus vertritt die GÖD ein konservatives Bildungsmodell. Offiziell haben die LehrerInnen schon mit der Debatte über die Verlängerung der Arbeitszeit „ihren Teil“ für die Krise beigetragen. Es ist daher davon auszugehen, dass die GÖD bei kommenden Angriffen stark unter Druck geraten wird. Das kann zu einer Radikalisierung und eigene Organisierung (in alternativen Fraktionen, Gruppen etc.) von jüngeren LehrerInnen und solchen, die für ein fortschrittlicheres Bildungskonzept stehen, führen.
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Proteste werden also sowohl eigenständig, neben und außerhalb der existierenden Gewerkschaftsstrukturen entstehen. Als auch im traditionellen Bereich mit starkem Einfluss der Gewerkschaftsbürokratie von dieser organisiert werden. Der Druck aus der Belegschaft kann auch „typische“ BürokratInnen in den Kampf zwingen. Dies ist v.a. in Kern- bzw. staatsnahen Bereichen wie Verkehr, Energie, Telekom, Post, Öffentlichem Dienst etc. möglich.
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Neben den Angriffen am Arbeitsplatz sieht sich die ArbeiterInnenklasse noch der allgemeinen Sparpolitik bei Gesundheit, Bildung, Pensionen etc. und steigenden Preisen gegenüber. Hinzu kommen Repressionen gegen ArbeiterInnen, die sich organisieren (wollen), gegen MigrantInnen und gegen Erwerbslose. Beispiele dafür sind „Terrorismus“-Bestimmungen im Strafrecht, steigender Staatsrassismus in Form von Abschiebemaschinerie und ständigen Fremdenrechtsverschärfungen sowie AMS-Zwangsmaßnahmen. In welcher Form die Regierung künftig kürzen wird ist offen und abhängig vom weiteren Verlauf der Krise. Eine Serie kleinerer Angriffe, auch auf regionaler und kommunaler Ebene, kann bei einem neuerlichen Krise von umfassenden harten Sparpaketen abgelöst werden. Die Härte der kommenden Krise, die Notwendigkeit von Seiten des Kapitals drastische Kürzungen zu fahren wird den Lebensstandard der ArbeiterInnenklasse aber auch von Teilen der Mittelschichten senken. Natürlich ist die Angst um den Arbeitsplatz auch ein bremsendes Element. Dennoch ist davon auszugehen, dass wir eine Reihe von Verteidigungskämpfen und Verzweiflungskämpfen auch der österreichischen ArbeiterInnenklasse in der kommenden Periode sehen werden.
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Neben Klassenkämpfen findet der allgemeine Unmut aber auch in anderen Bereichen seinen Ausdruck. Während es in Deutschland Massenbeteiligung gegen Stuttgart 21 oder die Atompolitik der Regierung gibt, ist in Österreich das Asyl- und Abschiebungsthema sowie die Bildungsdebatte ein Ventil. Seit der Atomkatastrophe in Japan spielt das Thema Atomkraft eine zentrale Rolle. Das Bewusstsein über die zerstörenden Tendenzen des Kapitalismus hat damit eine neue Qualität erreicht und es kann rund um dieses Thema auch in Österreich zu großen Mobilisierungen kommen. In einer Schicht von Jugendlichen ist die wachsende staatliche Repression ein Thema, das polarisiert und politisiert. Auch neue Korruptions- und Bereicherungsfälle die bekannt werden können Wut und lauten Unmut erzeugen. Bewegungen in diesen Bereichen tragen insgesamt zur Politisierung und Radikalisierung einer ganzen Schicht bei und Lehren aus diesen Bewegungen können und werden auch in künftigen Klassenkämpfen eine Rolle spielen.
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Das Bildungsthema war in den vergangen Jahren Auslöser großer Jugendbewegungen – im Frühjahr 2009 im SchülerInnenbereich, im Herbst und Winter 2009 in der unibrennt-Bewegung, die auch international große Beachtung fand. Sie hat eine ganze Generation an Studierenden politisiert und auch die die ÖH war gezwungen, radikaler aufzutreten. Viele der ehemaligen unibrennt-AktivistInnen sind nach wie vor aktiv und suchen nach Möglichkeiten, die Bewegung voranzutreiben – aber es fehlt dafür an Konzepten und Ideen. Auch hat die Tatsache, dass die Bewegung keines ihrer Ziele erreicht hat auch zu Rückschlägen geführt. Bei den neuerlichen Angriffen auf die Studierenden im Rahmen des Sparpaketes 2010 wurden die Proteste v.a. von der ÖH organisiert. Und diese Mobilisierung war zögerlich und zu spät. Statt Dynamik aufzubauen, wurde gebremst. Dennoch gibt es eine Schicht von Studierenden die sich angesichts der neuen Angriffe überlegen, wie Kämpfe erfolgreich gewonnen werden können. Polarisierungen sind hier im Kampf gegen die konkreten Auswirkungen der Kürzungen durchaus möglich.
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Die Reaktion auf soziale Krisen ist allerdings keine lineare. Es gibt keine automatische Entwicklung zu Klassenkämpfen und Revolution. Gerade in Österreich gibt es – aufgrund der Schwäche der gewerkschaftlichen Linken und aufgrund des Fehlens einer Partei für ArbeiterInnen und Jugendliche mit sozialistischem Programm auch die Gefahr, dass rechte und rechtsextreme Kräfte den Unmut kanalisieren können. Auch dafür gibt es aber keinen Automatismus. Vielmehr hat sich in den letzten Jahren immer wieder gezeigt, dass rechte Kräfte, wie z.B. die FPÖ, in den Hintergrund getreten sind, sobald es zu sozialen Bewegungen (Studierendenproteste) und Klassenkämpfen (2003) gekommen ist. Erst als diese Bewegungen scheiterten haben sie sich wieder hervor getraut und ihre „normalen“ Angriffe auf MigrantInnen um jene auf Teile der ArbeiterInnenklasse erweitert. Der Kampf gegen die rechte Gefahr in Form von FPÖ, BZÖ aber auch faschistischen Gruppen ist eng verbunden mit der Entwicklung und dem Kampf gegen die soziale Misere. (Mehr zu Analyse und Perspektiven der FPÖ in der SLP-Stellungnahme „Kampf gegen Rechtsextremismus gewinnt in der Krise an Bedeutung“.)
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Die ruhigen Zeiten sind endgültig vorbei. Die Angriffe der herrschenden Klasse nehmen zu. Auch die Gegenwehr – in unterschiedlichen Bereichen – nimmt zu. Die Entwicklungen im arabischen Raum sind ein wichtiges Anzeichen für die stürmische Periode, die uns bevorsteht. Die revolutionären Bewegungen in der ganzen Region zeigen, wie schnell scheinbar stabile politische Systeme plötzlich kippen können. Gerade für die politische Arbeit in Österreich gilt es sich das vor Augen zu halten. Österreich spielt weder wirtschaftlich noch politisch eine Sonderrolle. Die Krise in Irland zeigt wie schnell Länder, die gerade noch kapitalistische Wachstumsbereiche waren bzw. mit einer starken Sozialpartnerschaft Ähnlichkeiten zu Österreich aufweisen in den Strudel der politischen Veränderungen gerissen werden können. Soziale Bewegungen und Klassenkämpfe werden keinen Bogen um Österreich machen. Wir werden große Bewegungen nicht nur in Fernsehen und Internet beobachten, sondern Teil davon sein. Brüche und Proteste können sich mit einer unerwarteten Heftigkeit entladen – und die SLP bereitet sich darauf politisch und organisatorisch vor.