Fr 01.06.2012
Vor fünf Jahren, als DIE LINKE aus der Fusion von WASG und Linkspartei.PDS entstand, galt sie als Erfolgsstory. Die Partei zog in Landesparlamente ein, setzte mit ihren Forderungen nach Truppenabzug aus Afghanistan, der Abschaffung von Hartz IV und der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns die anderen Parteien gehörig unter Druck. Heute stagniert die Partei. Weniger Leute treten bei, die Treffen sind schlechter besucht und in der Öffentlichkeit werden v.a. die Personaldebatten wahr genommen. Im Vergleich zur letzten Bundestagswahl (11,9 %) ist DIE LINKE in Umfragen auf sieben Prozent gefallen. Dabei müsste sie doch von der zunehmenden sozialen Ungerechtigkeit, der kapitalistischen Krise, Bewegungen wie occupy und einer schwächelnden Bundesregierung profitieren. Was ist passiert?
Als Erklärungen werden Personalquerelen und dass die bürgerlichen Medien weniger über DIE LINKE berichten als über andere Parteien, genannt. Auch die ökonomische Sonderentwicklung Deutschlands und das Ausbleiben großer sozialer und betrieblicher Kämpfe, in denen die LINKE ein Bezugspunkt hätte werden können, verkomplizieren die Lage. Doch all dies ist nicht Kern des Problems.
Die Ursache ist, dass sie seit ihrer Fusion zwei Parteien in einer ist. Während der Flügel um das Forum demokratischer Sozialismus (FdS) eine Annäherung an SPD und Grüne durchsetzen möchte und das auch in der Koalition mit der SPD in Brandenburg praktiziert, setzt die Parteilinke auf Opposition zu den etablierten Parteien und lehnt eine Regierungsbeteiligung ab. Während die Kräfte des FdS den Einsatz der Bundeswehr im Einzelfall durchsetzen wollen, lehnt die Parteilinke Auslandseinsätze bedingungslos ab. Diese unvereinbaren Positionen wurden durch die Erfolge der Partei nach der Fusion überdeckt. Mit den ersten Krisenerscheinungen sind die alten Konflikte wieder aufgebrochen. Doch statt sie inhaltlich auszudiskutieren, werden „Kompromisse“ geschlossen, um die Einheit der Partei nicht zu gefährden. Dann werden die Differenzen über Personaldebatten ausgefochten.
Die Strömung Antikapitalistische Linke (AKL) schrieb vor kurzem, dass DIE LINKE zu „einer sozialistischen Massenpartei“ werden müsse. SAV-Mitglieder teilen dieses Ziel und sind der AKL beigetreten. DIE LINKE ist bei allen Unzulänglichkeiten der Ansatzpunkt, eine solche Partei aufzubauen. Sie ist die einzige Partei, die im Bundestag gegen die Bankenrettungspakete gestimmt hat, die Schuldenbremse ablehnt und sie ist die wesentliche Oppositionspartei. Ihre Existenz ist ein wichtiger Grund dafür, dass in Deutschland keine rechtspopulistische Kraft Erfolge bei Wahlen auf Bundesebene erzielen konnte. Die LINKE ist zudem eine Partei, die zumindest den Anspruch vertritt, abhängig Beschäftigte und Erwerbslose zu vertreten.
Nun können die Piraten trotz inhaltlicher Schwächen als angebliche Protestpartei punkten, weil DIE LINKE von vielen als linkes Korrektiv und nicht als grundlegend andere Partei wahrgenommen wird.
In den letzten Jahren war sie selten ein vorwärtstreibender Teil von Bewegungen, sondern eher Zaungast. Stattdessen hat sich eine starke Orientierung auf die Parlamente durchgesetzt. Dabei vergisst so mancheR, dass grundlegende Verbesserungen im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung immer durch gesellschaftlichen Druck und Kämpfe durchgesetzt wurden und nicht durch geschicktes Taktieren im Parlament.
Die Partei hat sich 2011 ein Grundsatzprogramm gegeben, das antikapitalistische Positionen vertritt. Das drückt die Stimmung an der Basis und die Stärke des linken Flügels aus. Doch die Versuche von Teilen der Partei, sie auf Regierungsbeteiligungen mit pro-kapitalistischen Parteien einzuschwören, setzen sich fort. Eine solche Regierungsbeteiligung mit der SPD hat in Berlin 2002-11 zu Privatisierung von Wohnraum, Sozialabbau und Arbeitsplatzvernichtung im Öffentlichen Dienst geführt. Die LINKE Berlin büßte an Glaubwürdigkeit ein und verlor mehr als die Hälfte der Stimmen.
Die LINKE wird nur kompromisslos für die Interessen von Arbeitern, Angestellten und Erwerbslosen kämpfen können, wenn sie die kapitalistischen Sachzwänge ablehnt. Sonst landet sie bei einer Politik des „kleineren Übels“.
Die Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Flügeln wird sich verschärfen. Die Frage wer der/die neue ParteivorsitzendeR wird, ist nicht unwichtig. Die Parteilinke sollte aber v.a. eine politische Bilanz ziehen und DIE LINKE auf einen kämpferischen, sozialistischen Kurs einstimmen.