Mo 13.07.2015
Teil des Vorwärts Schwerpunkt zur FPÖ.
Wenn FPÖ-GegnerInnen die FPÖ als „faschistisch“ bezeichnen, steckt meist ehrliche Wut über ihre widerliche Politik dahinter. Wir teilen den Hass auf die FPÖ. Doch ist es notwendig, aufzuzeigen, dass eine solche moralisierende Faschismusdefinition uns im Kampf gegen die FPÖ nicht hilft.
„Faschismus“ ist keine zeitlose Kategorie, und auch nicht schlicht die Summe von Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Homophobie, Antikommunismus und Führerkult. All das finden wir in unterschiedlicher Ausprägung auch in der FPÖ. Die FPÖ schickt jedoch, im Gegensatz zu historischen faschistischen Parteien, keine Prügeltrupps auf Straßen und Betriebe, um mit kämpferischen GewerkschafterInnen und anderem „Abschaum“ Schluss zu machen. Sie verwirft auch nicht den Parlamentarismus, wie es im faschistischen Korneuburger Eid der Heimwehren heißt. Sie hat kaum eine AktivistInnenbasis, die bereit ist, für sie auf die Straße zu gehen. Doch es gibt Kontakte zu kleineren faschistischen Gruppen bzw. FaschistInnen in ihren eigenen Reihen. Die FPÖ ist widersprüchlich: Sie muss zurzeit die Ultrarechten zufrieden stellen, aber auch den Wunsch der Herrschenden nach einer vertrauenswürdigen Vertretung.
Damit der Faschismus jedoch zu einer gesellschaftlichen Macht wird, müssen bestimmte konkrete gesellschaftliche Umstände eintreten. Seine gesellschaftliche Basis hat der Faschismus im Kleinbürgertum – traditionell die Klasse der kleinen UnternehmerInnen bzw. der „Mittelschichten“. Das Kleinbürgertum „will antikapitalistisch sein, ohne aufzuhören, kapitalistisch zu sein. Es will den schlechten Charakter des Kapitalismus zerstören, d. h. die Tendenzen, die es selbst ruinieren, und zugleich den »guten Charakter« des Kapitalismus erhalten, der es ihm erlaubt, zu leben und sich zu bereichern“ (Abraham Leon, Die jüdische Frage, 1940). Besonders in schweren wirtschaftlichen Krisensituationen fühlt sich das Kleinbürgertum zwischen den zwei großen Klassen Proletariat und Kapital zerrieben. Das große Kapital bindet sie dann in seinem Kampf ums Überleben an sich, um sie mit aller Kraft gegen die ArbeiterInnenklasse zu richten. „Was wäre zu tun, damit alles besser werde? Vor allem die niederdrücken, die unten sind. Kraftlos vor den großen Wirtschaftsmächten hofft das Kleinbürgertum, durch die Zertrümmerung der Arbeiterorganisationen seine gesellschaftliche Würde wiederherzustellen.“ (Leo Trotzki, Portrait des Nationalsozialismus 1933)
„Hinter jedem Faschismus steht eine gescheiterte Revolution“ lautet die Quintessenz der Faschismusanalyse des deutschen jüdischen marxistischen Theoretikers Walter Benjamin. Der Faschismus richtet sich auf, wenn die ArbeiterInnenbewegung und ihre Führung der großen Masse keinen Ausweg aus der Krise, also den Sturz des Kapitalismus, weisen kann. So nähren sich Griechenlands „Goldene Morgenröte“ an der Enttäuschung über Syriza. Sobald sich die Krise in Österreich verschärft, wird das Kapital immer brutalere Maßnahmen zur Sicherung seiner Macht benötigen. In so einer Situation kann der ideologisch gefestigte Teil der FPÖ Träger einer faschistischen Bewegung werden. Deswegen ist es notwendig, heute mit voller Kraft gegen die FPÖ zu kämpfen und eine starke antikapitalistische Alternative aufzubauen.