Fr 15.07.2011
Am 18. Juni 2011 veranstaltete die FPÖ ihren „Grundsatzparteitag“ in der Grazer Messe. Geladen waren rund 600 Delegierte, welche aus ganz Österreich angereist waren um „ihrem H. C.“ die nötige Anerkennung zu zollen. Mit Blasmusik und Bier wurde ein „neues“ altes Parteiprogramm, welches sich nun endlich wieder der „deutschen Volks-, Sprach- und Kulturgemeinschaft“ zuerkennt, beschlossen. Bei der Wahl des Parteiobmanns wurde Strache ohne GegenkandidatInnen mit 94,36 % wiedergewählt.
In seiner zweistündigen Hetzrede stellt er den Kanzleranspruch, ansonsten gab es viel übliches: AusländerInnen- und EU-Hetze vermischen sich mit angeblicher Systemkritik. Ein Blick auf die zehn freiheitlichen Gebote, welche das „Grundsatzprogramm“ anleiten, zeigt Altbekanntes, Konservatives und Wirtschaftsliberales: So wird vom freiheitlich nationalen Rechtsstaat und Gesundheitswesen gesprochen (für StaatsbürgerInnen), der Familie (Frau/Mann/Kind) als „Klammer einer funktionierenden Gesellschaft“ (also gegen homosexuelle Partnerschaften, Adoptionsrecht und Abtreibung), den Möglichkeiten der Marktwirtschaft (die wohl beliebteste Umschreibung für Kapitalismus, Leistung soll sich schließlich lohnen!!) und „ein Verbund freier Vaterländer“ wären das Ziel.
Norbert Hofer, selbst Mitautor des Programms, gesteht unter anderem, das Parteiprogramm des VdU von 1949 als Vorbild genommen zu haben, da es so „grundsätzlich“ gewesen sei. Der „Verband der Unabhängigen“ fungierte 1949 als Auffangbecken ehemaliger NSDAP–Mitglieder.
Straches dreifach-Spagat
Die FPÖ hat aus ihrer Vergangenheit und den schmerzhaften Erfahrungen als Regierungspartei und einer Parteispaltung in FPÖ/BZÖ gelernt. Der ideologisch bewusste rechts-außen-Flügel in Form der Burschenschaften, der die FPÖ dominiert, stand einer neuerlichen Regierungsbeteiligung lange skeptisch gegenüber. Mölzer hat im News-Interview hier einen gewissen Kurswechsel vorgegeben und reagiert damit auch auf den Druck von den FunktionärInnen der FPÖ, die endlich an die Futtertröge der Macht wollen. Die FPÖ ist in Umfragen massiv gestärkt, teilweise stärkste Partei. Sie profitiert maßgeblich von der Schwäche der anderen Parteien.
Mit Barbara Kappel macht die FPÖ ein deutliches Angebot an die Wirtschaft und die ÖVP. Die rechte Hand des milliardenschweren FPÖlers und Unternehmers Thomas Prinzhorn ist selbst Chefin von Austrian Technologies und pflegt beste Kontakte zu verschiedensten Großunternehmen. Sie ist eine Neoliberale, möchte Körperschafts- und Einkommenssteuer senken und definiert die FPÖ als „Partei der LeistungsträgerInnen ... welche die Abgabenquote und die Lohnnebenkosten senken möchte, um einen wettbewerbsfähigen Standort zu schaffen“.
Doch wie jede bürgerliche Partei wird auch die FPÖ in Krisenzeiten dazu gezwungen, zu kürzen. Um das Image der „sozialen“ Heimatpartei zumindest eine Weile aufrecht zu erhalten, wird sie versuchen, besonders hart auf MigrantInnen einzuschlagen, um bei ihrem sozial schwachen WählerInnenklientel die Angriffe hinauszuschieben.
Der FPÖ gelingt es geschickt, verschiedenes rechtes Gedankengut aufzufangen. Ob nun KarrieristInnen wie Barbara Kappel, welche so schnell wie möglich nach Macht streben oder Burschenschafter wie Martin Graf (Olympia). Den 3. Part, welchen Strache zu bedienen hat, sind die WählerInnen. Die Brücke zwischen diesen Lagern zu schlagen, gelingt ihm bisher noch ganz gut, wird jedoch mit einer Regierungsbeteiligung immer schwieriger werden. Die Probleme werden sich dadurch nicht lösen, sondern nur die Angriffe auf MigrantInnen und dann auch „österreichische“ ArbeiterInnen und Jugendliche verstärken.
Strache verhindern
Während in anderen Ländern Reichtumsbesteuerungen oder Systemalternativen diskutiert werden, spielen in Österreich Themen wie die effektivsten Möglichkeiten von Abschiebungen der rechtspopulistischen Hetze und damit den Freiheitlichen in die Hände. In der ÖVP gibt es relevante Teile, die mit einer Koalition mit der FPÖ liebäugeln. Die SPÖ schließt zwar zur Zeit eine solche aus, treibt aber durch ihre Politik die WählerInnen der FPÖ in die Arme. Kein kleineres Übel wird die FPÖ stoppen, sondern eine breite soziale Bewegung von Studierenden, SchülerInnen und Lehrlingen, von Erwerbslosen und ArbeitnehmerInnen, von In- und AusländerInnen gemeinsam gegen die Kürzungspolitik der Regierung. Eine solche Bewegung kann auch ein Ansatzpunkt für eine neue Partei sein, die so dringend nötig ist. Eine Partei, die Kämpfe gegen Sozialabbau mit Kämpfen gegen Rassismus verbindet und eine wirkliche, sozialistische Alternative zu den etablierten Parteien darstellt.