Mo 31.10.2011
Das Bedürfnis, zu helfen, zeigt, dass Menschen nicht an sich schlecht sind. Aber die Ursache des Hungers ist der Kapitalismus, ein System, in dem eine herrschende Elite weltweit auf Kosten des Restes profitiert. Diese Elite nutzt das Bedürfnis, anderen zu helfen, um von den Ursachen des Hungers abzulenken. U.a. wird suggeriert, „wir“ würden auf Kosten der Hungernden in Wohlstand leben.
Tatsächlich sind es große Unternehmen, ihre UnterstützerInnen in der etablierten Politik in Europa, in den USA und in Asien, die gemeinsam mit den afrikanischen Eliten den Hunger in Afrika verursachen. Die Trennlinie zwischen VerursacherInnen und Leidtragenden läuft nicht zwischen Nord- und Südhemisphäre oder entlang nationaler Grenzen, sondern entlang der Klassenlinie.
Almosen und bevormundende Fürsorge drängen die Betroffenen in die Opferrolle, suggerieren deren Unfähigkeit, stärken Abhängigkeit und sind gleichzeitig Ablenkungsmanöver. Unternehmen heften sich Begriffe wie Charity und Corporate Social Responsibility auf die Fahnen. Armut und Hunger werden damit für Profite instrumentalisiert. Mikrokredite als neoliberale Form der „Hilfe zur Selbsthilfe“ geben Banken einen „humanistischen“ Anstrich. Sie stehen aber den Allerärmsten nicht zur Verfügung, müssen zurückgezahlt werden, kosten Zinsen, schaffen Abhängigkeit, verschieben Menschen vom eigenen Land in den Dienstleistungssektor und sind eine Falle in Notsituationen. Ein Wildwuchs an profitorientierten „NGOs“ macht aus „Hilfe“ das große Geschäft.
Auf der anderen Seite leisten Menschen in zahlreichen Vereinen, kirchlichen Institutionen, Nichtregierungs- und Non-Profit-Organsiationen engagierte Arbeit in der Bekämpfung des Hungers. Doch diese Arbeit wird von der etablierten Politik gerade so wenig unterstützt, dass sie als Ablenkung verwendet werden, aber nichts Wesentliches ändern kann. Entwicklungszusammenarbeit ist ein Tropfen auf den heißen Stein und eine Notmaßnahme, solange Hunger System ist. Die etablierte österreichische Politik hat mit der Kürzung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit im jüngsten Sparpaket endgültig ihre Verantwortung für den Hunger abgewälzt.
Wirkliche Hilfe für Hungernde ist zu begrüßen und zu unterstützen, aber sie bleibt unzureichend, solange die Ursachen nicht beseitigt werden. Oft wird die Lösung in der Stärkung der „Marktwirtschaft“ und demokratischen Reformen in den neokolonialen Ländern gesehen. Unter demokratischen Reformen wird aber meist Aufbau oder Festigung des Kapitalismus und der mit ihm verbundenen bürgerlichen Demokratie verstanden. Letztere sieht zwar Grundrechte vor, aber kein Recht auf Nahrung und Arbeit sowie keine sozialen Grundrechte. Der grundrechtliche Schutz des Eigentums hilft denen, die keines haben, nichts. Im Gegenteil, die Konzerne und ihr Eigentum an riesigen Landflächen, das sie durch Landnahme vermittels der örtlichen herrschenden Eliten ergattert haben, werden geschützt. Und auch die Marktwirtschaft ist in Afrika längst angekommen. Landraub und Hunger sind die Folge.
Der russische Revolutionär Leo Trotzki hat Anfang des 20. Jhdts. analysiert, dass in Ländern, in denen die bürgerliche Klasse schwach und vom Ausland abhängig ist – wie eben in den neokolonialen Ländern Afrikas – nur die ArbeiterInnenklasse, gestützt auf die Masse der armen Bauern, Trägerin der Revolution sein kann und eine Revolution daher eine sozialistische sein muss. Die diktatorischen Regimes der neokolonialen Länder sind einerseits mit dem Imperialismus und andererseits mit den feudalen Strukturen verbunden. Grundlegende demokratische Rechte, die Aufteilung des Landes auf KleinbäuerInnen und echte soziale Rechte müssen also auch dort von der ArbeiterInnenklasse erkämpft werden indem der Kapitalismus überwunden wird. Der global organisierten Herrschaft von Konzernen muss daher eine international organisierte revolutionäre Partei von ArbeiterInnen entgegengestellt werden. Entgegen dem Bild der passiv Leidenden gibt es auch in Afrika eine starke ArbeiterInnenklasse, die eine reiche Tradition und Praxis von Protesten, Strukturen und Widerstand hat. Die Zusammenarbeit von ArbeiterInnenorganisationen hier und dort für ein gemeinsames Ziel ist der beste Kampf gegen den Hunger und seine Ursachen. Der Kapitalismus kann nicht gezähmt werden und es gibt keinen Kapitalismus mit menschlichem Antlitz. „Internationale Solidarität“ der ArbeiterInnenklasse ist kein nostalgisches Schlagwort, sondern eine Notwendigkeit für den Fortschritt in eine Welt ohne Hunger.