Mo 01.05.2000
Betriebsversammlungen, sogar einzelne Aktionen auf der Straße, wie die Demonstrationen der HausmeisterInnen und der Angestellten der AK: Der ÖGB ist offensichtlich gezwungen, sich zu bewegen. Doch sind die bisher gesetzten Maßnahmen ausreichend, um dem blau-schwarzen Totalangriff etwas Ernstzunehmendes entgegenzusetzen?
Sehen wir genauer hin, entpuppt sich schnell, dass der ÖGB – oder richtiger seine Spitze – Angst vor der eigenen Courage hat. Betriebsversammlungen werden dezitiert nicht als “Protest”- sondern als “Informations”veranstaltungen bezeichnet. Gefordert wird oft wenig: Außer die Regierung an den Verhandlungstisch zu bitten.
Verhandeln bis zum umfallen
Die ÖGB-Spitze beschwert sich bitter darüber, dass sie nicht mehr zu Verhandlung hinzugezogen wird. Sieht mensch sich die »Erfolgsbilanz« der Verhandlungen mit der alten Regierung an, könnte mensch zum Schluss kommen, das Motto der ÖGB-Führung sei: »Sozialabbau - nur mit uns!« Die Sparpakete, die Pensionsreform, die Verschlechterungen im Gesundheits-wesen, die Ausweitung der Ladenöf-fnungszeiten, die Zerschlagung der Verstaatlichten, ... all das wurde in den vergangenen Jahrzehnten durch Verhandlungen mit der ÖGB-Spitze legitimiert. Die Herren in den Gewerkschaftszentralen arbeiten schon wieder eifrig an »Alternativkonzepten« zum Belastungspaket der Regierung. Von echten Alternativen wie Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn, Sozialversicherungsbeiträgen auf Wertschöpfungsbasis, Besteuerung von Besitz, Spekulation und Profit, ... ist nur halbherzig die Rede, real werden lediglich Maßnahmen zur Abfederung der Härtefälle gefordert. Bei vielen Angriffen der Regierung reagiert die Gewerkschaftsführung überhaupt nicht. Die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten, bei gleichzeitigem Abbau von Schutzmaßnahmen für die ohnehin schon belasteten Belegschaften, scheint eine gegessene Sache zu sein. Verzetnitsch & Co haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt: Diese Regierung ist nicht bereit, auch nur Details zu verhandeln, bei noch so großzügigen Angeboten des ÖGB. Die alte Regierung hat mit dem ÖGB verhandelt bis dieser umgefallen ist, die neue setzt darauf, dass die ÖGB-Spitze auch ohne Verhandlungen umfällt. Wie es scheint, eine nicht unberechtigte Hoffnung.
Echter Widerstand ist nötig
Um die Generalangriffe auf die ArbeiterInnenbewegung abzuwehren und mehr noch, längst fällige Verbesserungen zu erreichen, wird wohl mehr notwendig sein, als wehleidiges Lamentieren über geschwunde Verhandlungsbereitschaft. Will der ÖGB Teil der Lösung sein, und nicht Teil des Problems, muss er beginnen den Widerstand in die Betriebe zu tragen und ihn mit der Bewegung außerhalb der Gewerkschaft zu verbinden. Mit einem mutigen Programm, das echte Lösungen für die Probleme der Mehrheit der Arbeit-nehmerInnen anbietet, könnte der ÖGB die 1,5 Millionen Mitglieder mobilisieren und den blau-schwarzen Sozialabbauern schnell die rote Karte zeigen. Die Sozialistische LinksPartei argumentiert seit Beginn der Widerstandsbewe-gung in und außerhalb der Gewerkschaft, wie der Widerstand weiterentwickelt werden könnte, wie gewerkschaftlicher Widerstand effektiver sein könnte und vor allem wie Widerstand in und außerhalb der Gewerkschaften zusammenwachsen kann. Unter zwei Schlagwörtern könnten diese Ideen zusammengefasst werden: Information und Mobilisierung.
Wir schlagen eine umfassende Aufklärungskampagne in den Betrieben nicht nur über die Attacken der Regierung, sondern auch über mögliche Widerstandsformen vor. Die Betriebsversammlungen sollen nicht nur informieren, sie sollen gleichzeitig klar das Ziel verfolgen, der Regierung Widerstand entgegenzusetzen. Des weiteren schlagen wir eine gesamtösterreichische BetriebsrätInnen-konferenz vor, die sich das Ziel steckt, klare Aktionen vorzubereiten.
Mobilisierung
Die SLP schlägt vor, einen Aktionstag mit Streiks in verschiedenen Betrieben als ersten Schritt der Mobilisierung der Mitgliederbasis des ÖGB zu organisieren. Um diesen Ideen in der Gewerkschaft Gehör zu verschaffen, startete die SLP eine Unterschriftenaktion, welche die oben genannten Punkte zusammenfasst.
Die am 5. Mai stattfindende BetriebsrätInnenkonferenz in Wien ist ebenso ein richtiger Ansatz wie der bereits geplante ÖGB-Aktionstag am 16. Mai. Aber beides ist nicht genug. Der 16. Mai muß durch Warnstreiks in Betrieben, wie Post, Telekom, ÖBB, ... Nachdruck ausüben. Für Juni bereitet die SLP gemeinsam mit VertreterInnen des GLB ein BetriebsrätInnentreffen vor, auf welchem Bilanz über die bisherige Bewegung gezogen und eine gemeinsame Vorgehensweise für die kommende Zeit beraten werden soll. Es geht darum, jetzt mit kämpferischen Ideen im ÖGB Schritte für eine Mobilisierung der Mitglieder zu setzen und jene Menschen im ÖGB, die bisher oft vereinzelt und allein Widerstand geleistet haben, zusammenzubringen. Zu diesem Vorhaben leistet die SLP mit ihrer Initiative einen Beitrag.