Fr 05.08.2022
Teuerung, Skandale und Hitze: Die Regierung steckt in einer tiefen Krise denn sie kann keines der Probleme auch nur im Ansatz lösen. Also hofft sie durch das Aus für die Quarantäne für symptomfreie Corona-Positive zu punkten. Dass das von Mediziner*innen als populistischer Unsinn gesehen wird ist egal und passt ins Bild einer von Umfragewerten und Interessensgruppen aus der Wirtschaft getriebenen Regierung.
Klar ist: es geht nur an der Oberfläche darum, mehr Bewegungsfreiheit für die Bevölkerung zu schaffen. V.a. geht es um eine Maßnahme um den Personalmangel in den Griff zu bekommen. Denn die nächste Wirtschaftskrise steht bevor und da hofft man bis dahin noch so viel wie geht rauszuholen. Das geht aber nur, wenn die Betriebe ausreichend Personal haben. Und wenn die Kinder betreut werden - müssen doch künftig positiv getestete Beschäftigte in den Kindergärten weiter arbeiten gehen. Ähnliches im Gesundheitswesen: schon bisher wurden Beschäftigte angesichts des massiven Personalmangels dazu angehalten, weiter zum Dienst zu erscheinen, auch wenn der zweite Strich am Test erschien. Nun geht das ganz offiziell. Welches Risiko das für Kolleg*innen und Patient*innen bedeutet wird dabei ausgeblendet. Auch im Dienstleistungsbereich gilt: Vorgesetzte müssen zwar informiert werden - Kund*innen aber nicht! Gut möglich also, dass der Kundenberater in der Bank oder die Beschäftigte bei der Anmeldung gerade ansteckend ist. Denn keine Symptome bedeutet nicht, dass keine Ansteckungsgefahr besteht. Hier werden also Arbeitsschutzmaßnahmen ausgehebelt und es ist nur eine Frage der Zeit, bis andere Regelungen, die dem Schutz der Beschäftigten vor z.B. Lärm, Hitze oder Giftstoffen dienen ein ähnliches Schicksal erleiden.
Wird Corona zur “normalen Grippe”?
Der grüne Gesundheitsminister Rauch nennt das Ganze “Leben mit dem Virus” und tritt damit in die Fußstapfen von Kurz und seinem die Pandemie habe sich von einer “gesamtgesellschaftlichen Herausforderung zu einem individuellen medizinischen Problem gewandel”. Immer mehr zieht sich der Staat aus seiner Verantwortung und schiebt diese dem/der einzelnen zu. Kein Wunder also das wenige Wochen vor Schulschluss die Tests an den Schulen abgeschafft wurden - wie hoch die Zahlen tatsächlich wird angesichts sinkender Testmöglichkeiten immer unklarer. Klar: wo nicht getestet wird, gibt es auch keine positiven Ergebnisse. Wie praktisch. Nicht nur das wir aktuell in einer Welle stecken - kaum jemand der nicht infiziert ist bzw. jemanden kennt der es gerade ist - im September droht der nächste Corona-Herbst. Auch diesmal wird er “ganz überraschend” kommen.
Tatsächlich scheint Corona viel von seinem anfänglichen Schrecken verloren zu haben. Dank Impfung (von deren Schutz indirekt auch die Ungeimpften profitieren) und besserem Wissen über Behandlungsmöglichkeiten sind schwere Verläufe und Todesfälle zurückgegangen. Was allerdings noch weitgehend unklar ist, ist wie es mit den Folgen ist. “Long Covid” ist weit verbreitet (Zahlen schwanken zwischen 7,5 und 41%). aber selbst wenn nur jede 15. Person langfristig unter den Spätfolgen einer Infektion leidet so sind das Hunderttausende. Was das für das Recht auf Krankenstand und dessen Bezahlung bedeutet ist aktuell noch unklar. Es ist allerdings davon auszugehen, dass auch hier Kürzungen auf dem Rücken der Kranken vorgenommen werden.
Andererseits müssen wir uns keine Sorgen um die Firmen machen. Diese klagen aktuell darüber, dass das Aus der Quarantäne bedeutet dass die Firmen Krankenstände bezahlen müssen - bisher hatte das die öffentliche Hand im Fall von Covid übernommen! Nach den Milliarden an Geld geschenken für Firmen und Konzerne kriegen sie den Hals nicht voll und wollen dass die Steuerzahler*innen weiter für die - gestiegenen - Profite aufkommen sollen.
Das Ende der Quarantäne hat also 2 Aufgaben: Arbeitskräfte für die Firmen zu besorgen und die Beliebtheit der Regierung zu steigern. Doch die Schwurbler*innen werden sich nicht davon ködern lassen und die Mehrheit lehnt die Maßnahme ab und sieht sich nun - noch mehr - von dieser Regierung verkauft und verraten. Der Herbst wird diese Trends noch verstärken. Ausbaden müssen das nicht nur all jene die erkranken sondern v.a. die Beschäftigten im Gesundheitswesen die ohnehin schon völlig überlastet sind. Die Spitäler sind voll. Ende Juli erklärt z.B. Betriebsrat Gruber aus der Linzer Uniklinik “Es fehlt an allen Ecken und Enden". Das steht stellvertretend für alle Berufsgruppen im Gesundheitswesen die mit Bangen auf das Quarantäne-Ende blicken. Nicht nur, dass sie als infizierte arbeiten “dürfen”, werden auch die Infizierungen und damit jene die ins Spital oder sogar in die Intensivstation müssen steigen. Wenn in einer Woche die Corona-Patient*innen auf der Intensivstation um 57% zunehmen, dann sollten die Politiker*innen endlich mehr Personal einstellen und nicht das überlastete Personal noch weiter überlasten und gefährden!
All das wird auch die politische Krise weiter verschärfen. Die etablierten Parteien haben hier keine Antworten zu bieten wurzelt ihre Politik doch tief in der menschenverachtenden kapitalistischen Logik. Im Gegenteil liegt die Antwort auf Krise, Chaos und Corona bei jenen, die darunter am meisten leiden und gleichzeitig jene sind, die das Ganze am Laufen halten: bei den Beschäftigten in Pflege und Sozialem, am Bau und im Transport, im Handel und im Bildungswesen. Aber um ein Gesundheitswesen durchzusetzen, dass sich statt an Profiten an dem orientiert, was Notwendig ist um sozial und gesundheitlich Sicherheit zu schaffen können wir uns weder auf rechte Hetzer noch auf die etablierten Parteien verlassen. Hier müssen wir bei den Protesten gerade auch im Sozial- und Gesundheitswesen ansetzen, sie ausweiten und mit anderen wie z.B. in der Bildung sowie dem Kampf für höhere Löhne und gegen die Teuerung verbinden. Und in so einem Protest können wir uns nicht von einem “das geht nicht” ausbremsen lassen: wenn der Kapitalismus unsere Gesundheit gefährdet, dann müssen wir dieses Problem als Ganzes beseitigen. Indem wir den vorhandenen Reichtum für alle nutzen, die großen Gesundheitskonzerne und Versicherungen den Profitinteressen und die Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam demokratisch planen.