Do 14.04.2016
Die 1. Runde der Bundespräsidentschaftswahlen stehen bevor. Und der Wahlkampf stößt auf geringes Interesse. Das zeigt die tief gehende Entfremdung von der politischen Elite. Alle KandidatInnen werden – zu Recht – als Teil des Establishments gesehen. Um sich von diesem abzugrenzen versuchen alle, sich als „unabhängig“ zu präsentieren. Dass eine Stichwahl zwischen zwei KandidatInnen, die nicht aus den Regierungsparteien kommen die wahrscheinlichste Variante ist, drückt die Krise der herrschenden Politik und der aktuellen Regierung aus. Ein solches Ergebnis würde die Debatten innerhalb der beiden Parteien sowie die Instabilität der Bundesregierung und damit auch die Wahrscheinlichkeit für Neuwahlen weiter erhöhen. Das Postenkarusell zwischen Bund und Niederösterreich zeigt die Zerrissenheit der ÖVP und es ist wohl nur eine Frage der Zeit bis zur nächsten Obmanndebatte. Das schwache Abschneiden von Hundstorfer zeigt auch, dass die SPÖ schon längst keine ArbeiterInnenpartei mehr ist und der ehemalige Gewerkschafter gerade nicht als „einer von uns“ gesehen wird. Bei der Wien Wahl wurde deutlich, dass die SPÖ inzwischen v.a. in kleinbürgerlichen Bezirken Stimmen gewinnt – diese setzen bei dieser Wahl aber voll auf Van der Bellen.
Van der Bellen, der in den aktuellen Umfragen auf Platz 1 geführt wird ist kein Hoffnungsträger für die Linke. Weder in sozialen Fragen (siehe z.B. seine Positionen zu Wirtschaftspolitik und der EU) ist er hier ein Bündnispartner noch ist er ein aktiver Kämpfer gegen Rassismus und Faschismus. Ein Bundespräsident Van der Bellen wäre ein kleineres Übel als ein Bundespräsident Hofer, aber er würde nicht nur den Rechtstrend der Grünen weiter beschleunigen sondern wäre außerdem ein Problem für die Linke, da er als „Linker“ präsentiert werden würde und damit die Linke mit seinen kapitalismusfreundlichen Positionen und mit seinem oft elitärem Gehabe identifiziert werden würde.
Absurd geradezu der Wunsch mancher Linker nach einem/r starken Bundespräsidentin/en der/die eine blau-schwarze Regierung nicht angeloben würde. Glauben sie wirklich an einen starken Mann/eine starke Frau als Mittel gegen den Aufstieg des Rechtsextremismus. Eine rechtsextreme Partei mit starkem Führerelement verhindern durch eineN quasi-diktatorischen Präsidenten/in?
Griss ist weder wirklich unabhängig noch fortschrittlich. Sie liebäugelt mit den Neos und ist wirtschaftspolitisch auf schwarz-blau Kurs. Sie zeigt einmal mehr das „Frau“ allein noch kein Programm ist. Ihre guten Umfragewerte spiegeln den Wunsch nach KandidatInnen wieder, die nichts mit dem Establishment zu tun haben. Sie und ihr Antreten werden von Teilen der ÖVP als Ausweg aus der Krise der ÖVP gesehen – etwa durch eine zweite, „unbelastete“ ÖVP-ähnliche Partei die Stimmen von enttäuschten ÖVP-WählerInnen auffangen kann und dann als Koalitionspartner zur Verfügung steht. Auf regionaler Ebene hat die ÖVP immer wieder zu dieser Taktik gegriffen und auch aktuell gibt es in der ÖVP solche Überlegungen.
Hofer kann sich noch am ehesten als „Oppositionskandidat“ präsentieren – wobei die Stimmen für ihn weniger für ihn, als für die FPÖ bzw. gegen die anderen sind. Er kommt aus einer deutschnationalen Burschenschaft und ist alles andere als harmlos. Doch darf diese Gefahr auch nicht überbewertet werden. Eine Doppelführung – Hofer als Präsident und Strache als Kanzler – wären zweifellos eine Bedrohung und würden neben massivem Rassismus auch einen beschleunigten Abbau demokratischer Rechte bedeuten – der Beginn des Faschismus wäre es aber dennoch nicht.
Wir könnten in wenigen Monaten mit einem Bundespräsidenten Van der Bellen und einem Kanzler Strache konfrontiert sein – was zeigt, dass die Stimmung nicht einfach insgesamt nach rechts geht, sondern sich v.a. gegen das Establishment, „die da oben“ etc. richtet.
Das es keineN linkeN KandidatIn gibt spiegelt die Schwäche der österreichischen Linken wieder. El Awadalla als Kandidatin von Andas bzw. KPÖ hat die Kandidatur von Anfang an eher halbherzig betrieben und vorzeitig abgebrochen. Es hat sich einmal mehr gezeigt, dass es nicht reicht, sich auf die existierende Linke zu stützen und zu verlassen und zu glauben, durch Medienarbeit (egal ob klassische oder Web 2.0) die konkrete Beteiligung an existierenden Bewegungen zu ersetzen.
Weg mit dem Amt an sich!
Das Amt des/der Bundespräsidentin/en ist an sich schon reaktionär. Es wurde nach dem Abflauen der österreichischen Revolution 1920 neu geschaffen. In der heutigen Form geht es zudem auf die Verfassungsreform 1929 zurück. Mit dieser wollten Bürgerliche und faschistische Heimwehren gezielt das Parlament bzw. die parlamentarische Linke schwächen. Das Amt hat weitreichende quasi-diktatorische Befugnisse: Der/die BundespräsidentIn ist Staatsoberhaupt, OberbefehlshaberIn des Bundesheers, kann den Nationalrat auflösen, die Bundesregierung entlassen und per Notverordnung regieren. Nur weil das bisher keiner getan hat, ändert das nichts daran: dieses Amt ist undemokratisch und gehört abgeschafft.
Die SLP unterstützt keineN der KandidatInnen bei diesen Wahlen, sie alle stehen für eine Politik gegen die Interessen der ArbeiterInnenklasse. KeinE KandidatIn ist einE echte BündnispartnerIn im Kampf gegen Rassismus. Wir verstehen, dass manche hoffen mit einer Stimme für Van der Bellen, oder auch Hundstorfer zu verhindern, dass Hofer in die Stichwahl kommt. Abgesehen davon dass fraglich ist, ob die Taktik aufgeht ist dass auch kein effizientes Mittel, um Rechtsextremismus zurück zu schlagen. Am Sonntag, dem 24. April gibt es viel zu tun: Mobilisieren für den Aufbau einer echten neuen ArbeiterInnenpartei. Proteste gegen die Kürzungen der Bundes- und Landesregierung organisieren wie z.B. für den Protest von Wiener PflegerInnen am 1. Mai für mehr Personal. Gegen Rechtsextremismus aktiv sein wie z.B. gegen den Aufmarsch der neofaschistischen Identitären am 21. Mai. All das ist am 24. April weit wichtiger als die Bundespräsidentschaftswahl.