Sa 01.02.2003
Das Buch hätte ursprünglich schon am 12. September 2001 erscheinen sollen, allerdings kamen dann die Terroranschläge von New York dazwischen und verzögerten das Erscheinungsdatum. Die USA wurden zu dieser Zeit von einer Welle des neuen Patriotismus heimgesucht und der Verlag Harper Collins weigerte sich, das Buch zu veröffentlichen und seinen Ruf und damit auch Profite zu riskieren. Michael Moore wollte seinen fertigen Text aber nicht abändern und bekämpfte die versuchte Zensur. Moore machte die Schwierigkeiten mit seinem Verlag öffentlich, daraufhin kam es stürmischen Protesten durch solidarische BuchhändlerInnen. Harper Collins beugte sich schließlich dem Druck und veröffentlichte das unveränderte Werk.
Es ist ein Buch voller Wahrheiten, voller erschreckender Wahrheiten bei deren Lektüre man zeitweise sehr wütend werden kann. Buch und Film, man kann sie völlig getrennt von einander betrachten, dennoch gehören sie irgendwie zusammen, runden Moores kritischen bis zynischen Blick auf sein Amerika, das er nach wie vor auch liebt, erst ab. Zusammen erscheinen sie wie ein organisches Ganzes.
Stupid White Men besteht aus vielen Daten, Zahlen und Fakten, die man mitunter am liebsten nicht gelesen haben mag. Moore stellt den Zusammenhang zwischen den etablierten Parteien und den Großunternehmen her. Auch ein offener Brief an George W. Bush ist eines der Kapitel, in dem Moore alles auflistet, was Bush in seiner bisherigen Amtszeit verbockt, verhindert oder veranlasst hat. Haarsträubende Dinge stehen in dieser seitenlangen Liste, etwa horrende Kürzungen im Bundeshaushalt für Kultur, oder die Nicht-Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls, das178 Staaten unterzeichnet haben, oder die 50 prozentige Kürzung der Forschung nach erneuerbaren Energiequellen. Auch sind noch einmal Hintergründe zur Wahl nachzulesen, die klar die groteske Realität belegen, dass der eigentliche Präsident Al Gore heißen müsste.
Vor die Einleitung hat Moore die Äußerung von George W. Bush gesetzt, die er dem schwedischen Premierminister gegenüber machte, nicht bemerkend, dass noch eine Fernsehkamera lief: "Irre, dass ich gewonnen habe. Ich trat an gegen Frieden, Wohlstand - und gegen den Amtsinhaber."
Moore gelingt es durchaus einige Missstände im kapitalistischen System auf humorvolle Weise aufzuzeigen, er geht aber nicht soweit das System in Frage zu stellen und Alternativen anzubieten. Dieses Problem wird vor allem bei der Einschätzung der Demokratischen Partei deutlich, einerseits charakterisiert er sie zutreffend als Machtpartei, die den Interessen der Großunternehmen dient, andererseits richtet er aber den moralischen Aufruf an sie, sich ihrer wahren Werte zu besinnen.
Stupid White Men schafft es durchaus die LeserInnen gut zu unterhalten, doch wer sich von dem Buch politische Alternativen erwartet wird höchstwahrscheinlich enttäuscht werden. Aber dazu können wir ja auch einige Lesetipps geben...