Fr 06.04.2007
In den letzten Wochen gab es häufig Probleme bei der Gasversorgung in bolivianischen Städten wie zum Beispiel Cochabamba, Oruro, El Alto und La Paz; die BewohnerInnen müssen in enormen Schlangen stundenlang auf die Ankunft des Gases warten, und oft kommt es schlicht nicht.
Der Erklärungen gibt es viele, wie immer, wenn etwas schief läuft. Die Behörden behaupten, “es gibt keine Gasengpässe und die Situation ist normal in allen Städten des Landes”. Für Otto Normalverbraucher, der Gas kaufen will, sind diese Erklärungen unerklärlich.
Später kommen die etwas ernsthafteren Erklärungen: Die Regenfälle seien schuld, weil sie die Tanklastwagen am Fahren hindern; der Schmuggel nach Peru, wo das Gas teurer verkauft werden kann, wird angeführt; die in ÖPNV-Bussen gehorteten Kanister; auch mit Spekulation und künstlicher Verkanppung durch skrupellose HändlerInnen hat es zu tun.
All dies ist richtig, aber leider ist es nicht die Wurzel des Problems. Diese ist vielmehr das Treiben der Rechten gegen die Regierung Evo Morales, welche eine Destabilisierung betreiben und dabei von den bolivianischen und internationalen Unternehmen unterstützt werden, welche immer noch die Produktion von Erdöl und –gas des Landes kontrollieren. Diese Herrschaften sind mit der aktuellen Situation nicht zufrieden, sondern wollen mit der Ausschlachtung Boliviens weitermachen, welche ihnen die vorherigen Administrationen erlaubt hatten.
Nötig ist eine vollständige Verstaatlichung der Öl- und Gasvorkommen
Trotz all der Reden über die Verstaatlichung der Kohlenwasserstoffe haben in Wirklichkeit weiter die transnationalen Ölmultis das Verarbeitungsmonopol inne, und - dort, wo es ihnen zugestanden wurde – auch das der Erforschung und Förderung.
Praktisch die gesamte Herstellungskette, mit minimalen Ausnahmen, ist weiter in ausländischen Händen, insbesondere von Repsol aus Spanien und Petrobras aus Brasilien. Es war kein großer Fortschritt, dass YPFB (Yacimientos Petrolíferos Fiscales de Bolivia; staatlich bolivianische Erdöl- und -gasgesellschaft) die Kontrolle über 50 Prozent plus eine Aktie des Erdölsektors übernahm. Angesichts dieser Konstellation können wir festhalten, dass bezüglich der Erdöl- und –gasbodenschätze die Ausraubung Boliviens weitergehen wird und lediglich um einige kosmetische Korrekturen verändert wurde.
Die Rechte und die UnternehmerInnen versuchen, das Land zu destabilisieren
Es ist klar, dass die Rechte und die UnternehmerInnen mit dieser Sabotagepolitik die Regierung beschuldigen und sie anklagen wollen, die Dinge nicht im Griff zu haben, eine “schlechte Regierung” zu sein und überhaupt dass dies geschehe, wenn ideologischen Abenteuern (das heißt dem Sozialismus) nachgegangen wird, die “eine Gefährdung der Sicherheit und der öffentlichen Ordnung” mit sich bringen, was “jemand” beenden und Ruhe und Ordnung zurückbringen müsse. Wie oft haben wir diesen Diskurs gehört oder gelesen? Es ist eine Aufforderung zum Staatsstreich, und die bürgerliche bolivianische Presse ist voll von dieser Art Analyse.
Andererseits ist es unvermeidlich, dass die Bevölkerung mit der Situation unzufrieden ist, wie zum Beispiel früher aufzustehen, um in enormen Schlangen auf eine Gallone Benzin zu warten, und letztendlich Proteste und Blockaden der wichtigsten Straßen durchführt. Die strategischen Punkte jeder Stadt werden von den Leuten ausgewählt, um Straßenzüge lahmzulegen und die Herausgabe des Benzins zu fordern. Dies führt unvermeidlich in einigen Fällen zu Zusammenstößen mit der Polizei.
Das Drehbuch der Sabotage und Destabilisierung des Imperialismus und seiner nationalen Lakaien ist immer das gleiche, und sie setzen es jedes Mal ein, wenn eine Regierung es wagt, ihre Interessen – und sei es nur minimal – zu tangieren.
Obwohl die Regierung Morales nicht direkt an der Situation Schuld ist, entbindet sie das nicht einer gewissen Verantwortung, mit der durch die SpekulantInnen und ReaktionärInnen ausgeübten Kontrolle Schluß zu machen.
Solange die Kohlenwasserstoffe durch die ewig Gleichen kontrolliert werden, halten diese die Instrumente zur Sabotage der Industrie in Händen, und Situationen wie die aktuelle werden sich immer wieder wiederholen.
Es wird behauptet, dass am Dienstag, den 20. März, die Raffinerie Gualberto Villaroel ihren Betrieb wieder aufgenommen hat . Sie war angeblich in “Wartung” gewesen und eine der Hauptverantwortlichen für den Gasmangel, auf den sich die UnternehmerInnen stützten, um den Preis des Treibstoffs hochzutreiben.
Einer der Streitpunkte ist nämlich der auf 22,50 Bolivianos festgesetzte Benzinpreis, was ungefähr drei US-Dollar pro Gallone entspricht, während die Ölfirmen den inländischen Kunden Weltmarktpreise berechnen wollen.
Die bolivianische Rechte will offensichtlich Glauben machen, dass die Engpässe auf die “Verstaatlichung” der Öl- und Gasgewinnungsanlagen zurückgehen, obwohl die Verstaatlichung nicht einmal wirklich stattgefunden hat.
Die bürgerlichen ÖkonomInnen sagen uns, dass – wenn man die Knappheit überwinden will – man ganz einfach die Preise freigeben muss. Der unvermeidliche Preisanstieg würde die Nachfrage nach dem Produkt auf ein mit dem Angebot korrespondierendes Niveau verringern, mit anderen Worten, die ärmste Schicht der Bevölkerung könnte nichts kaufen und so wäre das Problem gelöst.
Aber für uns ist vielmehr klar, dass wir es nicht hinnehmen können, dass in einem Öl- und Gas-Produktions- und Exportland der Bevölkerung dieses essentielle Gut nicht zur Verfügung steht, während einige wenige sich weiter die Taschen auf dem Rücken der Ärmsten füllen wollen.
Was ist die Alternative?
Diese künstlich herbeigeführte Krise hat verdeutlicht, dass die Kohlenwasserstoffe der Kontrolle der transnationalen Konzerne vollständig entzogen werden müssen.
Alle Führungskräfte der transnationalen Konzerne müssen wegen Sabotage oder zumindest wegen Inkomptenz entlassen werden.
Zusätzlich muss die Produktion und das Funktionieren der verschiedenen Anlagen garantiert werden, und die einzigen, die dies wirklich tun können, sind die ArbeiterInnen. Sie müssen die Kontrolle über die Erdöl- und –gasindustrie übernehmen, weil dies die einzige Garantie ist, dass sich eine Situation wie die aktuelle nicht wiederholt.