Sa 28.10.2017
Es herrscht Krise in der Beziehung der Sozialpartner. Die dritte Verhandlungsrunde im Metallbereich wurde ergebnislos abgebrochen. Die Fronten sind hart. Die ArbeitnehmerInnenseite fordert 4% mehr und diverse Verbesserungen. Die Arbeitgeber bieten 0,0% und verlangen als Bonus für dieses „großzügige“ Angebot diverse Verschlechterung wie z.B. die Halbierung von Diäten bei Auslandsreisen. Deshalb wurden am 25.10.2017 österreichweit Betriebsratsversammlungen einberufen, bei denen auch SLP und Aufbruch-AktivistInnen vorort waren. Dieser Bericht behandelt die Konferenz in Vösendorf. Bei Gesprächen mit BetriebsrätInnen klang sehr die Enttäuschung über die Sturheit der Arbeitgeber und die fehlende Wertschätzung für die Beschäftigten heraus. Auf der Konferenz berichteten die Verhandlungsführer über die starken Wirtschaftszahlen und die guten Aussichten für die Zukunft, die Basis für die aufgestellten Forderungen sind. Danach schilderten sie die Problematik der Verhandlungen jedes Jahr und wie man ständig von den Industriellen verarscht wird. („Verarscht“ wurde neben einigen anderen Kraftausdrücken ziemlich oft verwendet und ist daher Titelgebend für diesen Bericht.) Es wurde z.B. erzählt, dass die Verhandler auf der Gegnerseite versuchten, Inflationszahlen aus dem Ausland als Grundlage zu verwenden, oder wie ein Industrieller meinte, dass er nur Müsli und Mineralwasser zum Frühstück braucht und locker mit €15 durch den Tag kommt und deshalb die ArbeitnehmerInnen sowieso immer zu viel fordern und bekommen. Es gab auch Wortmeldungen aus dem Publikum. Ein Betriebsrat sagte, dass er und seine Belegschaft voll hinter dem Verhandlungsteam stehen und wenn es zu Kampfmaßnahmen kommt, sie in der ersten Reihe stehen werden. Ein anderer erzählte, dass seine KollegInnen ihm mitgegeben haben, dass er bei einem Ergebnis unter 4% gar nicht mehr zurück kommen braucht und sie dann mit Pflastersteinen ihrer Wut Ausdruck verleihen werden. Ein weiterer Betriebsrat gab an, dass es immer Wut und Enttäuschung darüber gibt wenn die Verhandler mit hohen Forderungen in die Verhandlungen gehen, dann das Ergebnis bei weitem nicht erreicht wird und das Ganze dann noch als Erfolg verkauft wird. Als Zahlen nannnte er hier als Beispiel die jetzigen 4% und als mögliches Ergebnis 2,2%. Darauf deutete ein Kollege aus dem Verhandlungsteam an, dass es einen schlechten Abschluss nicht geben wird, weil wenn sie um die 2% abschliessen, sie gar nicht mehr in die Wirtschaftskammer gehen könnten, da sie dann keiner mehr ernst nimmt. Man darf gespannt sein.
Zum Schluss wurde eine Resolution über Betriebsversammlungen in den nächsten Tagen mit großer Mehrheit angenommen. Die Wut ist groß, Kampfbereitschaft ist vorhanden. Das gilt es jetzt aufzugreifen bei den Betriebsversammlungen. Wenn es in manchen Betrieben eine depressive Stimmung gibt, so dann v.a., weil man sich an große Ankündigungen, denen wenig folgte, gewöhnt hat. Das kann man überwinden, wenn eine wirkliche Perspektiven geboten wird wie gekämpft und wie gewonnen werden kann. Sie wollen nicht verhandeln? Wir müssen schon lange nicht! Die Gewerkschaftsbewegung, historisch, international, aber auch in heute in Österreich, kennt andere Methoden um zu erreichen, was nötig ist und um zu ihrem Recht zu kommen. Das geht aber nur mit den Beschäftigten, indem sie in alle weiteren Schritte aktiv und demokratisch eingebunden werden. Es wurde auch viel darüber geredet, dass in den Beschäftigten wieder ein „Wir-Gefühl“ beim Wort Gewerkschaft erzeugt werden muss. Das wurde im letzten Jahr mit Onlineumfragen versucht - ein kleiner Anfang, dem aber weit mehr folgen muss. Jetzt muss dieses „Gemeinsam“ in der Praxis angewendet werden um das Vertrauen vieler Enttäuschter zurück zu gewinnen. Die Gewerkschaftsbewegung muss wieder zu Kräften kommen, da es in Zukunft öfter und härtere Angriffe seitens der Bosse geben wird, vor allem jetzt da sie in freudiger Erwartung einer schwarz-blauen Regierung sind. Vor dieser wurde auf der Konferenz richtigerweise auch gewarnt und es wurden Maßnahmen versprochen, bei Anfgriffen auf ArbeitnehmerInnenrechte. Bleibt zu hoffen, dass den Worten auch Taten folgen und dass die Gewerkschaftsführung nicht versucht, die Kollegnnen auf die SPÖ (die in der Praxis vieles nicht anders macht) zu vertrösten. In diesen kommenden Kämpfen sind die Beschäftigten die Partner an die sich die Gewerkschftsbürokraten wenden müssen. Denn eines ist an diesem Vormittag wieder deutlich hervorgestochen: „Sozialpartnerschaft“ ist nur eine leere Worthülse. Bei so einer „Partnerschaft“ kann man jedem nur dringendst eine Trennung empfehlen.
Hier der Text des Flugblattes, das SLP-AktivistInnen bei den Betriebsratskonferenzen verteilt haben:
+4% für uns alle! Es geht um die Metaller, die Gewerkschaft und noch mehr!
0% sind kein Angebot, das ist eine Provokation, gerade angesichts der Wachstumszahlen! Es ist kein Zufall, dass sie so eine Dreistigkeit kurz vor einer wahrscheinlichen schwarz-blauen Koalition wagen: Die MetallerInnen sind im Zentrum der Gewerkschaftsbewegung und die steht als Ganzes unter Beschuss. Angriffe auf die Arbeiterkammer, Betriebsräte, Kollektivverträge etc. steigern sich seit Jahren, auch im Metall-Bereich. Mit der neuen aggressiveren Regierung der Reichen als Rückendeckung wollen die Arbeitgeber das Tempo erhöhen. Es geht nicht „nur“ um den KV, wenn sie gleichzeitig über Einschränkung gewerkschaftlicher Rechte und die Abschaffung der AK diskutieren.
Gut, dass wir heute über Kampfmaßnahmen diskutieren! Es wird nötig sein, sie auch umsetzen!
Wir können der neuen Regierung keine Schonfrist geben um zu schauen, was sie macht. Wir wissen schon jetzt, dass sie 12-Stunden-Tag, 60 Stundenwoche und das Ende der Kollektivverträge wollen. Aus den Streiks 2011 wissen wir, dass sich für uns lohnt zu kämpfen. Wir wissen aber auch, dass wir nicht auf halbem Weg aufhören dürfen. Als erste KV Runde der „Saison“ kommt dem Metaller-Abschluss auch eine Verantwortung für die anderen Branchen zu. Was hier erreicht wird, wie hier gekämpft wird hat große Bedeutung. Holen wir uns die 4% - dann bedeutet das auch Erhöhungen in anderen Bereichen, dann können wir auch für +4% für Soziales, Gesundheit, Bildung und Pensionen kämpfen. Kämpfen wir nicht nur hinter verschlossenen Betriebstoren sondern gehen wir hinaus in die Nachbarschaften, vor Spitäler und andere Betriebe – weil es nicht nur um die Metaller geht! Machen wir laute und sichtbare Aktionen wie Demos und Kundgebungen - das vervielfacht den Druck auf die Arbeitgeber und ermöglicht unseren Familien, FreundInnen und KollegInnen in anderen Bereichen den Kampf zu unterstützen. Kämpfen wir öffentlich, erklären wir unsere Forderungen und schützen uns so auch vor der erwartbaren Medienhetze gegen die „gierigen Metaller“! Organisieren unseren Arbeitskampf demokratisch, mit gewählten Streikkomitees, täglichen Versammlungen in den Betrieben und Nachbarschaften in denen die Forderungen und die nächsten Schritte gemeinsam besprochen und beschlossen werden. Entscheiden wir gemeinsam über ein mögliches Verhandlungsergebnis in einer Urabstimmung.
Die kommende Regierung will Österreich “fit” machen und meint damit, dass wir alle länger für weniger Geld arbeiten sollen. Machen wir der Regierung durch einen entschlossenen Kampf Beine und kämpfen wir dafür, dass der gesellschaftliche Reichtum nicht nur einer kleinen Elite, sondern uns allen zugute kommt.