Do 14.02.2013
Am 4.2. wurden die diesjährigen Lohn- und Gehaltsverhandlungen für den Gesundheits- und Sozialbereich abgeschlossen. 140.000 direkt Betroffene und viele KollegInnen, deren Einkommen sich nach dem BAGS-KV richtet, werden mit lächerlichen 2,75% abgespeist.
Ein positives Signal ist die Abstimmung über das Verhandlungsergebnis im Verhandlungsteam. Mit 19 zu 21 war die Abstimmung denkbar knapp. Wahrscheinlich ist es einer der höchsten Ablehnungsquoten in der Geschichte österreichischer KV-Verhandlungen. Die Ablehnung ist vor allem auch Ausdruck eines steigenden Drucks in den Betrieben.
Aber was bewegt die 21 VerhandlerInnen, die für den schlechten Abschluss gestimmt haben?
Diese Frage stellen sich viele wütenden KollegInnen. Bei manchen „Ja-Stimmen“ handelt es sich um ehrliche GewerschafterInnen die vielleicht fälschlicherweise glaubten „mehr sei nicht drinnen“. Manche die mit Ja stimmten sehen denn Abschluss als politische Niederlage, stimmten aber mit Ja, weil sie derzeit keine Perspektive für einen Arbeitskampf sehen. Sie suchen nach einer Strategie, wie wir das nächste Mal einen solchen Abschluss verhindern können.
Aber einem wesentlichen Teil der FunktionärInnen fehlt offensichtlich jedes Gefühl dafür, was es heißt, bei den niedrigen Gehältern im Sozialbereich ein Leben bzw. das Leben einer Familie finanzieren zu müssen. Manche sind offensichtlich so abgehoben, dass ihnen die KollegInnen, die tagtäglich diese nervenaufreibende, anstrengende Arbeit machen, vollkommen egal sind. Für jene KollegInnen, etwa im Pflegebereich, die trotz harter Arbeit, 1000 Euro und weniger verdienen, bedeutet dieser Abschluss, weiter an der Armutsgrenze zu bleiben. Selbst wenn es künftig gelingt, durch eine kämpferische Bewegung höhere Abschlüsse zu erzielen, wird gerade diesen KollegInnen der heurige miese Abschluss noch lange nachhängen.
Der Abschluss bringt einen großen Autoritätsverlust für die Spitzen von GPA-DjP und Vida.
Tausende sind am 30.1. auf die Straße gegangen, um für einen gerechten Abschluss zu demonstrieren. Die Daueransage, dass an Ende der Verhandlungen eine „3 vorm Komma stehen muss“ haben noch alle im Ohr. Viele die demonstrieren waren, die ihre KollegInnen und FreundInnen mobilisiert haben, fühlen sich jetzt zu Recht verhöhnt. Dazu kommen noch jene, die während der Demo arbeiten mussten, weil sonst ihre KlientInnen und PatientInnen nicht versorgt gewesen wären. Viele waren schon nach den zahmen Protesten letztes Jahr enttäuscht. Sie sind gekommen in der Hoffnung, dass es der Gewerkschaft diesmal ernst ist. Es wird in Zukunft schwerer werden diese KollegInnen auf die Straße zu bringen.
Dass das Sozialsystem stückchenweise zu Grabe getragen wird, ist schon lange für alle spürbar. Die permanenten Sozialkürzungen schaden dem Sozial- und Pflegebereich. Die Finanzierung der Löhne und Gehälter steht in manchen Bereichen auf wackeligen Beinen. Der Widerstand gegen das steirische Sozialbudget 2010 und andere Bewegungen zeigen aber, dass es möglich ist dagegen Widerstand zu organisieren. Aber scheinbar nehmen manche GewerkschaftsfunktionärInnen aus diesem Bereich eher tatkräftig die Schaufeln in die Hand um das Grab dafür zu schaufeln, indem sie für diesen faulen Kompromiss auf Kosten der Beschäftigten gestimmt haben.
Der Kampf gegen einen niedrigen Abschluss hätte politische Signalwirkung haben können!
Damit hätte die Dynamik, die durch den Kampf der Salzburger Landesbediensteten gegen die Nulllohnrunde begonnen hatte, bundesweit ausgedehnt werden können. Dieses miserable Verhandlungsergebnis zeigt, wie dringend der Aufbau einer kämpferischen Opposition innerhalb der Gewerkschaften ist. Im Sozialbereich gibt es Chancen, den Aufbau einer solchen Opposition voranzutreiben. Hier kommt den 19 BetriebsrätInnen, die den Abschluss abgelehnt haben, eine wichtige Rolle zu. Ein Grund für die politische Niederlage liegt im Fehlen einer kämpferischen Alternativstrategie. Hätte einige BetriebsrätInnen und VerhandlerInnen einen Weg auf gezeigt, wie man mit Kämpfen in den Betrieben mehr gewinnen kann, wäre die Abstimmung wohl anders ausgegangen.Ein erster Schritt in der Nacht des 4.2. wäre die Einberufung einer BetriebsrätInnenkonferenz und die Organisation eines bundesweiten Streik- und Aktionstags gewesen.
Belegschaften müssen jetzt entscheiden: Entweder den aktuellen Abschluss bekämpfen oder schon jetzt Kampfmaßnahmen fürs nächste Jahr vorbereiten.
Im Kampf gegen die Nulllohnrunde im Öffentlichen Dienst hat eine Vielzahl von Belegschaften, über 80% in Wien, Resolutionen an die Gewerkschaftsspitzen verfasst, in denen diese zum Kampf gegen die Nulllohnrunde aufgefordert werden. Ähnliches Handeln ist auch im Sozialbereich möglich! Nun gilt es auf Betriebsversammlungen den Abschluss zu besprechen. Je nach Stimmung und Entscheidung der verschiedenen Belegschaften könnte man versuchen, denn aktuellen Abschluss zu Fall zu bringen oder Aktionen für nächstes Jahr in den Betrieben vorzubereiten. Jedenfalls gilt es mit Debatten und Urabstimmungen in den Betrieben über den aktuellen Abschluss nächste Schritte vorzubereiten. So oder so wäre sinnvoll, eine Aktionsgruppe von BetriebsrätInnen und KollegInnen zu bilden, die mit der Vorbereitung von Streikmaßnahmen beginnt. Das diese auch im Sozial- und Pflegebereich möglich sind zeigen viele internationale Beispiele. Die Frage „Wie weiter?“ sollte, nach den Debatten in den Betrieben, auf einer gemeinsamen BetriebsrätInnenkonferenz debattiert werden.
Kämpferische sozialdemokratische BetriebsrätInnen, wütende Fraktionslose, AUGE, GLB und work@social in der GPA-DjP haben hier auch die Verantwortung, mit dem Aufbau einer kämpferischen Opposition zu beginnen.
Wir müssen gemeinsam für die Zukunft verhindern, dass eine so große Gruppe an Unzufriedenen ohne kämpferischer Strategie dasteht.
Spätestens bei den nächsten KV-Verhandlungen im Sozialbereich besteht die Chance für eine deutliche Gehaltssteigerung zu kämpfen. Diese Chance dürfen wir nicht ungenützt lassen. Die SLP wird in den nächsten Wochen und Monaten Vorschläge machen und Aktion in diese Richtungen setzten. Schon jetzt laden wir alle ein, mit zu machen.
Herbert Wanko, Betriebsrat bei Jugend am Werk Lehrlingsausbildung, SLP-Wien
Christian Bunke SLP-Wien
Michael Gehmacher, Behindertenbetreuer, SLP Wien