Mi 24.02.2016
Vorbemerkung: Am Freitag und Samstag, dem 12. und 13. Februar, haben Bäuerinnen und Bauern, die aus ganz Griechenland in die Hauptstadt gekommen waren, den Syntagma Platz im Zentrum Athens besetzt. Sie forderten die Rücknahme des neuen Renten-Gesetzes, dass die SYRIZA-Regierung auf den Weg bringen will.
Das folgende Flugblatt ist von Xekinima, der Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Griechenland, in den Tagen kurz vor dem Protest der Bäuerinnen und Bauern erstellt und verteilt worden. Darin wird zum vereinten Kampf von ArbeiterInnen, Bäuerinnen und Bauern gegen die Politik von Regierung und der Troika aufgerufen.
Bei der derzeitigen Bewegung der Bäuerinnen und Bauern in Griechenland handelt es sich um einen der wichtigsten Kämpfe in ihrer Geschichte. Diese Bewegung ist von größerer Bedeutung als die letzte große Erhebung aus dem Jahre 1996. Damals blockierten die Bäuerinnen und Bauern wieder einmal die Autobahnen, um gegen den sogenannten „sozialistischen“ Premierminister Simitis zu protestieren.
Natürlich gibt es einen guten Grund für die beispielhaft umfassende Mobilisierung der Bäuerinnen und Bauern. Dieser Grund besteht nicht darin, dass die Bäuerinnen und Bauern etwas „nicht verstehen“ oder dass sie „in die Irre geführt“ worden wären, wie die Regierung behauptet. Der Grund ist, dass das neue Renten- und Steuersystem, das die Regierung umzusetzen versucht, einfach die Existenz der großen Masse der verarmten Bäuerinnen und Bauern bedroht. Genau wie im Rest der „entwickelten“ Länder wird für die Bäuerinnen und Bauern die Folge so aussehen: Die landwirtschaftliche Produktion wird in den Hände einer Handvoll superreicher LandwirtInnen gelangen, die nur zwei Prozent bis vier Prozent der Bevölkerung ausmachen. Die Kleinbetriebe von heute werden dann nur noch landlose ArbeiterInnen hervorbringen, mit Löhnen auf niedrigstem Niveau, vergleichbar dem, was EinwanderInnen heute von gierigen GroßbäuerInnen erhalten.
Der Kampf der verarmten Bäuerinnen und Bauern von heute findet im Interesse der gesamten ArbeiterInnenklasse statt. Wenn die Bäuerinnen und Bauern es schaffen, die Regierung dazu zu zwingen, von ihrem Vorhaben abzulassen, dann wird der Weg für die ArbeiterInnen und verarmten Schichten frei sein, um die Regierung zurückzudrängen. Das würde es uns erlauben, lautstark die Forderung vorzubringen: „Wir werden die Schulden nicht zahlen!“. Das ist ein Slogan, der in den Mittelpunkt der Forderungen der ArbeiterInnen, Bäuerinnen und Bauern und aller Armen im Land rücken muss.
Natürlich werden die EU und die KreditgeberInnen mit der schon üblichen Drohung vom „Grexit“ reagieren. Die Bewegung kann und muss diesen Erpressungsversuch beantworten, indem sie die Umsetzung eines sozialistischen Programms einfordert. Auf dieser Grundlage kann die Wirtschaft geplant werden. Zu Beginn müssen die primäre und die landwirtschaftliche Produktion unterstützt werden, und es müssen Schritte zum Wiederaufbau der griechischen Industrie unternommen werden, die von den Vorgängerregierungen aus sozialdemokratischer PASOK und konservativer „Nea Demokratia“ zerstört worden ist. Diese Planung und dieser Neuaufbau der Wirtschaft muss im Sinne der Gesellschaft vonstatten gehen – nicht zum Nutzen der fünfzig Familien, die auf parasitäre Weise den Reichtum des Landes unter der Kontrolle haben!
Um ein derartiges sozialistisches Programm zur Anwendung bringen zu können, müssen wir mit der Verstaatlichung des Bankensystems und der Schlüsselindustrien beginnen. Einhergehen muss dies mit der Einführung einer nationalen Währung, der Kontrolle über die Kapitalströme und den Außenhandel. Die Produktion und Verteilung der Güter muss demokratisch geplant werden. Dazu braucht es die Kontrolle und Verwaltung durch die Beschäftigten selbst.
Heute drücken die Bäuerinnen und Bauern die Hoffnung der ArbeiterInnen in den Städten aus, die sich im Zuge der letzten Jahre an historischen Schlachten beteiligt aber leider nicht gewonnen haben. Die Anwesenheit der Bäuerinnen und Bauern auf dem Syntagma Platz muss von der gesamten griechischen Gesellschaft unterstützt werden. Dies bedeutet:
- Die Parteien und Organisationen der Linken, die nicht sektiererisch sind und sich für gemeinsames Handeln einsetzen, müssen die Initiative ergreifen, um die Gewerkschaftsvorsitzenden unter Druck zu setzen. Am Ende müssen die letzteren zu konkreten Aktionen aufrufen.
- Basis-Gewerkschaften sollten ihre Mitglieder dazu aufrufen, die Bäuerinnen und Bauern zu unterstützen, indem sie zu Kundgebungen auf dem Syntagma Platz mobilisieren.
- Das Handelszentrum in Athens, in dem die Linke stark vertreten ist, muss umgehend zu Streikmaßnahmen aufrufen, die ab Freitagmittag beginnen sollten, damit die ArbeiterInnen sich den Bäuerinnen und Bauern auf dem Syntagma Platz anschließen können.
- Die Gewerkschaftsbünde (in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst) müssen dringend unter Druck gesetzt werden, damit sie umgehend zu einen neuen 24-stündigen Generalstreik in den nächsten Wochen aufrufen. Dies muss auf den erfolgreichen Streik vom 4. Februar folgen. Danach muss dann ein 48-stündiger Generalstreik durchgeführt werden.
- Die Besetzung des Syntagma Platzes durch die Bäuerinnen und Bauern darf nicht am Sonntag beendet werden. Naturgemäß werden die meisten Bäuerinnen und Bauern wieder zurück in ihre Betriebe müssen und somit auch die Blockaden der Straßen aufgeben. Doch eine starke Delegation sollte ausharren und den Syntagma Platz besetzt halten – zusammen mit ArbeiterInnen und jungen Leuten.
Wir können eine gemeinsame Front des Kampfes aufbauen, der alle unterdrückten Schichten der Gesellschaft angehören! Wir können Schäuble und seinen Freunden, den multinationalen Konzernen und EU-Bürokraten, der herrschenden Elite in Griechenland und ihren politischen Vertretern eine Lektion erteilen!