Mo 18.10.2021
Am 12. Und 14. Oktober fanden große Proteste der Wiener Kindergärten und Horte statt. Insgesamt beteiligten sich knapp 8.000 Kolleg*innen daran! Hierbei ging es unter anderem um bessere Arbeitsbedingungen, kleinere Gruppen sowie die Verwendung von 1 Prozent des BIP statt bisher 0.64 Prozent für den elementarpädagogischen Bereich. Bei dem Protest der privaten Träger und der GPA (Gewerkschaft der Privatangestellten) am 12. Oktober handelte es sich um eine Betriebsversammlung in der Arbeitszeit, die Kindergärten waren bis 12:30 geschlossen, also defacto ein halbtägiger Streik. Am 14. Oktober fand dann eine Kundgebung der Öffentlichen Kindergärten und deren Gewerkschaft YOUNION statt. Bei den Protesten handelte es sich um die erste Arbeitsniederlegung und den ersten größeren Protest von Beschäftigten seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie, jedoch waren die Aktionen leider getrennt voneinander. Viele Kolleg*innen waren der Meinung, man hätte gemeinsam protestieren müssen. Ein gemeinsamer, noch größerer Protest von öffentlichen und privaten Kindergärten und Horten hätte mehr Druck von unten zur Folge gehabt.
Im Vorfeld haben wir als ROSA an der Schule für Elementarpädagogik (BAfEP), die ich besuche, versucht Schüler*innen für einen Schulstreik in Solidarität mit den Kolleg*innen zu gewinnen, da diese ebenfalls von den herrschenden Zuständen im Bildungsbereich betroffen sind. Dabei geht es zusätzlich um die Verbesserung der jetzigen Ausbildungsbedingungen. Hierfür verteilten wir ca. eineinhalb Wochen lang Flyer vor meiner Schule, sowie zusätzlich an der BAfEP in Linz. Außerdem boten wir Streik-Workshops an und ich versuchte zusätzlich den Schulsprecher für das Vorhaben zu gewinnen. Wir organisierten Kundgebungen in Wien und Linz, um Solidarität innerhalb der Bevölkerung für die Proteste aufzubauen und haben auf unserer Instagram- und Facebook-Seite Solidaritätsbotschaften von Betriebsrät*innen und Kolleg*innen aus anderen Bereichen veröffentlicht. Es is nämlich wahrscheinlicher die genannten Forderungen umzusetzen, je mehr Leute sich an den Protesten beteiligen. Auch wenn es dieses Mal nicht gelungen ist die Schüler*innen für einen Kampf zu gewinnen, weil die Furcht vor Konsequenzen zu groß war, konnten wir ihnen einen Weg aufzeigen für Verbesserungen zu kämpfen. Das kann für weitere Proteste relevant sein.
Bei der Teilnahme an dem halbtägigen Streik am 12. Oktober ging es uns auch darum Vorschläge zu machen, wie dieser Kampf gewonnen werden kann, nämlich durch weitere, echte Streiks. Doch die verantwortlichen Gewerkschaften planen momentan keine weiteren, größeren Aktionen, obwohl die Basis sehr motiviert für weitere Proteste wäre. Eine Kollegin hat beim Protest am Donnerstag richtigerweise gesagt “das wird nicht reichen, wir müssen endlich einmal die Kindergärten ganz schließen!”. Nur so kann der höchstmögliche Druck aufgebaut werden. Und streiken geht auch im Sozial-, Gesundheits- und Bildungsbereich!
Es liegt nicht am Geld, wie so oft behauptet wird, dass keine Verbesserungen im Bildungsbereich zustande kommen, sondern dass dieses ungerecht verteilt ist. Deshalb müssen wir einen Kampf um mehr Geld für den Bildungsbereich statt für Banken und Konzerne führen. Wir versuchen deshalb die Kolleg*innen für einen gemeinsamen Kampf für die Bereitstellung von 1,2 Milliarden Euro für den Bildungsbereich zu gewinnen. Diese Summe wurde vom ehem. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verhindert, was im Zuge des aktuellen Korruptionsskandals ans Licht kam. Deshalb protestieren wir am 22.10.2021 vor der Bundeszentrale der Grünen (16 Uhr, Mariahilfer Straße 37-39), die als Koalitionspartner diese und andere Forderungen gegenüber der geschwächten ÖVP durchsetzen könnten. Jetzt haben wir die Chance, Druck auf alle Parteien für diese Forderung aufzubauen. Außerdem möchten wir für die Bildungsdemonstration am 19.10. mobilisieren. Hier geht es um Kürzungen im Wiener Pflichtschulbereich. Wir finden ein größtmöglicher gemeinsamer Kampf kann zu Verbesserungen im gesamten Bildungssystem führen.
Eine weitere Forderung, die die Gewerkschaften aufgreifen müssen, ist jene für bessere Bezahlung. Viele Schilder bei den Protesten haben Lohnforderungen beinhaltet. Die Gehälter der Pädagog*innen sind im Vergleich zur psychischen und körperlichen Belastung viel zu niedrig und steigen im Laufe der Dienstzeit relativ flach. Außerdem braucht es kleinere Gruppen für eine individuelle Betreuung der Kinder, sowie einem generellen Umbau des Bildungssystems, der sich an den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen orientiert, anstatt an der Wirtschaft. Ohne Verbesserung der Arbeitsbedingungen und drastische Lohnerhöhungen wird sich der Personalmangel nur schwer beheben lassen. Das Geld ist da, es stellt sich die Frage, wo es hineingesteckt wird. In Bildung oder für große Konzerne und Banken?
Am 15. Oktober haben wir bei einem ROSA Treffen darüber diskutiert, wie dieser Kampf weitergehen kann. Vielen Kolleg*innen ist nämlich klar, dass ein einziger Streik nicht reichen wird, das wurde bei den Protesten sehr deutlich. Von den Gewerkschaftsführungen kommt diesbezüglich bisher keine weitere Ankündigung. Wir möchten daher Kolleg*innen unterstützen, sich zu organisieren und von unten zu vernetzen. Wir haben schon begonnen, BAfEP Schüler*innen für weitere Aktionen zu vernetzen. Um die Forderungen durchzusetzen, braucht es Druck von unten, um die Gewerkschaftsführung für drastischere Maßnahmen und die Vorbereitung von Streiks zu zwingen. Es braucht auch eine Vernetzung aller österreichischen Kindergärten und weitere Branchen, z. B. den Pflege- und Pflichtschulbereich, denn die Probleme gibt es nicht nur in Wien. Der Kampf in den Kindergärten kann ein Ausgangspunkt für weitere Bewegungen im Bildungs-, Sozial- und Gesundheitsbereich sein. Als sozialistisch-feministische Initiative ROSA unterstützen wir diese Kämpfe und beteiligen uns daran, weil es auch ein Kampf um Frauenrechte ist. Zum Beispiel ist die Forderung nach ausreichenden Betreuungsplätzen mit dem Kampf gegen Gewalt an Frauen verbunden. Ohne flächendeckende Kinderbetreuung und höhere Löhne in frauendominierten Branchen ist es nämlich für Frauen nur schwer möglich arbeiten zu gehen und somit unabhängig von ihrem Partner zu sein. Um all diese Zusammenhänge aufzuzeigen, werden wir Proteste am 25.11., dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen organisieren und in den nächsten Wochen dafür mobilisieren.
Wenn du selbst aktiv werden und bei uns mitmachen möchtest, melde dich bei uns.