Fr 29.04.2011
WelcheR linkeR BetriebsrätIn kennt das nicht? Wenn mit einem/r SpitzengewerkschafterIn über die Verschlechterungen diskutiert wird, die – zum Teil – vollkommen widerstandslos hingenommen wurden, kommt ein „Argument“ ganz sicher: „Wir würde eh gern kämpfen – aber leider die Leute in den Betrieben machen nicht mit “.So mancheR BetriebrätIn, so mancheR PersonalvertreterIn denkt dabei an die letzte – vielleicht schlecht besuchte – Betriebsversammlung und stimmt der Behauptung zu. Tatsächlich herrscht bei vielen BetriebsrätInnen und GewerkschafterInnen große Skepsis über Kampfbereitschaft und Mobilisierungsfähigkeit der Basis.Auf der anderen Seite der politischen Skala stehen linke AktivistInnen, die in ihrer Propaganda so tun, als würde es reichen, wenn die Gewerkschaftsspitze zum Streik ruft, um alle Betriebe lahm zu legen.
Bei ernsten Protesten war die Basis immer da In den letzten zehn Jahren ist bei jedem ernst gemeinten Aufruf die Gewerkschaftsbasis mitgegangen. Als 2001 Hans Salmutter von der blau-schwarzen Bundesregierung putschartig als Präsident der Sozialversicherung abgelöst wurde, beschloss der ÖGB eine Großdemonstration. Wenige Tage später demonstrierten mehr als 50.000 Menschen. Beim Postbusstreik 2002 wurde der Betriebsratsvorsitzende des Postbus ein Medienstar, weil er tat, was sich viele ArbeitnehmerInnen wünschten. Die Streiks 2003 waren mit über einer
Million Beteiligung ein Beweis für den Kampfwillen der KollegInnen.Auch alle ernst gemeinten Befragungen von Gewerkschaftsmitgliedern und die Urabstimmung 2001 zeigen, dass die meisten Gewerkschaftsmitglieder einen kämpferischeren Kurs wollen und bei einer Mobilisierung dabei wären. Aktuell in der Steiermark sind es die eigenständigen Aktivitäten, vor allem von Menschen aus dem Sozialbereich, die den ÖGB in den Kampf gezwungen haben. Gewerkschaftslinke in der Verdi Baden-Würtemberg haben die Streikmotive der Verdi-Mitglieder analysiert. Er hat festgestellt, dass die ArbeitnehmerInnen dann zu Streiks bereit sind, wenn sie das Gefühl haben, dass es „tatsächlich um etwas geht“. Auch in Österreich haben die Gewerkschaftsmitglieder ein feines Gespür dafür, ob tatsächlich gekämpft wird. So erklärt sich auch, dass Demonstrationen zum Dampfablassen und zu Showzwecken eher nur von eingefleischten (und freigestellten) FunktionärInnen besucht werden.
Niemand will Statist sein Tatsächlich sind manche Menschen in den Betrieben passiv. Denn sie sehen die politische Rolle von BetriebsrätInnen und Gewerkschaften in der Sozialpartnerschaft. Sie engagieren sich nicht in der Gewerkschaft, weil sie damit keine Möglichkeit verbinden, ihre soziale Situation zu verbessern. Viele KollegInnen besuchen keine Betriebsversammlungen mehr, weil sie zu Recht das Gefühl haben, dass dort nichts Relevantes entschieden wird. Bei der ÖGB-Urabstimmung 2001 haben über 800.000 Menschen mitgemacht. Ihre Antworten wurden in einem großen „Altpapiercontainer“ entsorgt. Wenn Menschen zu StatistInnen degradiert werden, muss mensch sich nicht wundern, wenn sie dazu keine Lust mehr haben.
50 Jahre Sozialpartnerschaft haben eine ganze Generation mit einer passiven politischen Kultur geprägt. Viele Linke glauben, es muss wieder 50 Jahre dauern um das zu ändern. Aber die Streiks 2003 und die Entwicklung in der Steiermark zeigen, dass es viel schneller gehen kann.
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Viele fragen sich zu recht, warum sie mutiger als ihre VertreterInnen sein sollen. Klar ist: Mit der Sozialpartnerschaft kann heute keine echte Lohnerhöhung und keine soziale Verbesserung erreicht werden. Wer etwas erreichen will, muss sich überlegen, wie ein politischer Kampf gemeinsam mit den KollegInnen im Betrieb und auf der Straße geführt werden kann.
Klassenkämpferische Opposition beginnt im Betrieb
Der Aufbau einer klassenkämpferischen Opposition beginnt im Betrieb. Läuft im Betrieb etwas falsch, dann muss das mit der Belegschaft besprochen und bekämpft werden. Forderungen zu Lohn, Arbeitszeit etc. sollen in der Betriebszeitung vorgestellt und einer Abstimmung unterzogen werden. Statt einer „One-Man-Show“ von meist freigestellten BetriebsrätInnen braucht es lebendige Diskussionen, an denen sich möglichst viele beteiligen. Auf Betriebsversammlungen müssen echte Entscheidungen über Ziele und Kampfformen getroffen und Urabstimmungen über Verhandlungsergebnisse durchgeführt werden. Die Themenwahl darf sich nicht auf den Betrieb beschränken. Soziale Angriffe von Regierungen, Verschärfungen in der Ausländergesetzgebung oder Bildungsabbau betreffen die Beschäftigten genauso. Solche Themen sollten einen festen Platz in der politischen Arbeit im Betrieb haben. Auch die Zusammenarbeit mit Betriebs- und GewerkschaftskollegInnen die ähnlich denken um gemeinsam eine kämpferische und demokratische Gewerkschaftsbewegung aufzubauen ist Teil dieser Arbeit. Die Streiks im Sozialbereich in Oberösterreich und die Entwicklung in der Steiermark zeigen, dass die Gewerkschaftsmitglieder alles andere als passiv sind.