Fr 01.10.1999
Nach der tiefen Wirtschaftskrise in Südostasien 1997/98 ist nun scheinbar Ruhe eingetreten. Scheinbar - denn die japanische Wirtschaft steht nach wie vor auf wackeligen Beinen, China veröffentlicht geschönte Statistiken, zwischen Indien und Pakistan schweelen nationalistische Konflikte, in Indonesien erschießt die Polizei StudentInnen...
Die Berichte über Asien sind widersprüchlich - auf der einen Seite lesen wir, die Wirtschaft habe sich erholt, auf der anderen von enormen sozialen Problemen - die aktuelle „Erholung” findet zum größten Teil am Rücken der Bevölkerung statt. Durch die Krise wurden mindestens eine Million Arbeitsplätze vernichtet, mindestens 100 Millionen Menschen zusätzlich (!) in die Armut gestürzt. Jedes fünfte asiatische Kind zwischen 5 und 14 Jahren ist nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation ILO gezwungen zu arbeiten.
Um von dieser Situation abzulenken, flüchten sich viele Regierungen der Region in Nationalismus. Der Konflikt um Kaschmir zwischen Indien und Pakistan, aber auch das Gemetzel in Ost-Timor, basieren auf solchen Ablenkungsmanövern. In Indien sind offiziell 35 Millionen Menschen arbeitslos, die Analphabe-tenrate erreicht mit 750 Millionen Menschen einen neuen Rekord und wenn die Menschen gegen diese Lebens- und Arbeitsbedingungen protestieren, sehen sie sich mit Terror konfrontiert. Im Juli wurden 17 ArbeiterInnen einer Tee-Plantage ermordet, weil sie für bessere Löhne und gegen die Diskriminierungen durch das Kastensystem protestierten.
In Indonesien ist die Situation nach den mehr oder weniger demokratischen Wahlen und der Abstimmung in Ost-Timor alles andere als stabil. Einerseits gibt es Konflikte zwischen verschiedenen VertreterInnen der herrschenden Klasse (eine der Ursachen für das Gemetzel in Ost-Timor). Andererseits sind die Forde-rungen der Bewegung von 1998 keineswegs erfüllt worden - ganz im Gegenteil geht der Staat nach wie vor mit scharfer Repression gegen demonstrierende StudentInnen vor.
In China versucht das Regime mittels geschönten Statistiken von der ernsten wirtschaftlichen und sozialen Situation abzulenken. Mehr als 100 Millionen Menschen sind (illegale) Wanderarbeiter, Schätzungen sprechen von rund 20 % Arbeitslosigkeit. Im 50igsten Jahr nach der Chinesi-schen Revolution von 1949 leben Millionen ChinesInnen in den Sonderwirtschaftszonen unter Bedinungen wie im 19 Jahrhundert. Die „Kommunistische” Partei versucht durch die chinesische Form des Übergangs zum Kapitalismus (langsamer als in Rußland), an der Macht zu bleiben und ihre Privilegien zu erhalten. Nicht zuletzt blüht in China auch die Korruption.
Asien ist und bleibt Krisenherd - die vielzitierte Erholung ist keine. Und wird deshalb die sozialen Probleme Asiens nicht einmal ansatzweise lösen können. Die herrschenden Zu- und Mißstände können nur durch Bewegungen wie jene der StudentInnen in Indonesien von 1998 geändert werden. Bewegungen, an denen sich die Mitglieder und Sektionen des Komitees für eine ArbeiterInneninternationale in vielen asiatischen Ländern aktiv beteiligt!