Sa 01.06.2002
Eine unheilige Allianz aus radikalen christlichen Abtreibungsgegnern und dem Umfeld von FPÖ und Regierung geht weiter in die Offensive: Kurz nachdem Dietmar Fischer (der Leiter von “Human Life International”- Österreich) den Prozess gegen die Mairo-Klinik in erster Instanz verloren hat, klagt er schon wieder; diesmal die Autorin dieses Artikels, SLP-Frauensprecherin Claudia Sorger, wegen übler Nachrede. Mit im Spiel ist die ehemalige Rechtsanwaltskanzlei des Justizministers Böhmdorfer-Gheneff, nunmehr Gheneff-Rami.
Seit einiger Zeit führt die Sozialistische LinksPartei (SLP) eine Kampagne zur Verteidigung der Mairo-Klinik und des Frauenrechts auf Abtreibung durch. In meinem Artikel, der in der Volksstimme erschienen ist, werden die Methoden der radikalen Abtreibungsgegner gegen diese Klinik beschrieben: In aggressiver Weise werden Patientinnen beim Betreten der Klinik belästigt und sind somit einem Spießrutenlauf ausgesetzt, Die “Pro-Life”-AktivistInnen stellen sich ihnen in den Weg und versuchen den Frauen Flugblätter aufzudrängen. Mit Plastikembryonen und überdimensionalen blutigen Bildern wird versucht, die Patientinnen moralisch unter Druck zu setzen. Auch das Klinikpersonal leidet unter diesem Psychoterror: Schon mehrmals wurden MitarbeiterInnen der Klinik bedroht, sie werden regelmäßig gefilmt und fotografiert.
Was ist “HLI” und wie arbeiten sie?
Die Sicherheitsmaßnahmen, die getroffen werden mussten, um die Patientinnen zu schützen, haben enorme Kosten verursacht. Human Life International (HLI) setzt auf eine Einschüchterungstaktik, zu der die tagtäglichen Belästigungen ebenso gehören, wie der Kampf gegen die Fristenlösung auf politischem und juristischem Weg.
Nachdem es dem Leiter von HLI gelungen war, die Räumlichkeiten der Klinik zu kaufen, reichte er letztes Jahr, vertreten durch die Anwaltskanzlei Böhmdorfer-Gheneff, eine Kündigungsklage ein, um die Klinik zur Räumung zu zwingen. Die Klage wurde zwar in erster Instanz zurückgewiesen, doch an der Situation vor der Mairo-Klinik hat sich nichts verändert. In einem Interview, das auf der HLI-Homepage veröffentlicht wurde, kündigte Fischer an “Wenn wir es schaffen, die Besitzer zu werden, dann können wir ihnen (Anm: der Klinik) das Leben schwer machen.”
Rechte Querverbindungen
HLI ist ein weltweit agierendes Netzwerk von “Pro-Life”-AktivistInnen. Diese vertreten eine frauenfeindliche reaktionäre Ideologie, in der Schwangerschaftsabbruch unter allen Umständen verdammt wird, Verhütungsmittel generell abgelehnt werden und Homosexualität als eines der Übel dargestellt wird, welche die Welt zerstören. Evident ist auch die Verbindung zu rechten Parteien und Regierungen: In Wien wurde bei der Gemeinderatswahl in Aussendungen dazu aufgerufen, FPÖ oder ÖVP zu wählen. Jörg Haider übermittelte man/frau den Dank für die Einführung des Kindergelds: “Kinderbetreuungsgeld für alle rettet tausende Kinder vor dem Abtreibungstod”.
Nicht nur in Österreich bekommen radikale Abtreibungsgegner wieder mehr Unterstützung. Beim UNO-Kindergipfel blockierten die USA alle Formulierungen, die als Akzeptanz von Schwangerschaftsabbrüchen bei Minderjährigen ausgelegt werden könnten. “Frauenminister” Herbert Haupt kündigte ja schon vor einiger Zeit an, dem Mann Mitspracherecht einzuräumen und die Fristenlosigkeit für medizinisch begründete Abbrüche auf drei Monate verkürzen zu wollen.
Eine der Hauptaktivitäten der militanten Abtreibungsgegner ist die Bekämpfung von Gruppen, die sich für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch einsetzen.
“HLI” und der 11. September
In den USA führen sie permanent Prozesse und Kampagnen gegen die sogenannten Pro-Choice-Organisationen. Im Februar dieses Jahres wurde auf der HLI-Homepage eine Stellungnahme des HLI-Präsidenten Reverent Thomas Euteneuer veröffentlicht, in dem er sich gegen die Bezeichnung der HLI-Aktivitäten als Terror ausspricht. Terror wird seiner Meinung nach von den Pro-Choice-Aktivisten ausgeübt, die er mit den Terroristen des 11. September vergleicht: “Der einzige Unterschied zwischen Abtreibung und dem terroristischen Akt des 11. September ist, dass CNN uns nicht gestattet, die brutale Ermordung der Abtreibungsopfer oder die ‘ground zero’–Stelle ihrer Ermordung zu anzusehen.” Im Anschluss findet sich eine Aufforderung an die HLI-Unterstützer, sich gegen die Bezeichnung als “Terroristen” zur Wehr zu setzen.
Neue Offensive von HLI
Mittlerweile gehen die Aktivisten in Österreich nicht nur mit Klagen in die Offensive, sondern erweitern auch ihre Standorte. Für den 1. Juni wurde die Gründung eines “Frauen-Forschungs-, Dokumentations- und PAS-Heilungszentrum” am ehemaligen Standort der Mairo-Klinik angekündigt. Ebenfalls angekündigt wird die Ablöse der Lizenzrechte “Ärzteinstitut Mairo”. Ob das “Heilungszentrum” unter diesem Namen geführt werden soll, geht aus den Flugblättern nicht hervor. Es würde aber zu der Vorgangsweise passen, dass teilweise versucht wird, Patientinnen mit dubiosen Informationen in die “Beratung” zu locken. Welches politische Ziel damit verfolgt wird, kommt klar zum Ausdruck: “Das Institut wird vieles beitragen, dass die Fristenlösungs-Gesetzesänderung nicht 60 Jahre dauert.”
In der Propaganda der radikalen Abtreibungsgegner wird behauptet, dass die Straffreiheit zu einer Zunahme der Abtreibungen führt. Doch das Gegenteil ist der Fall: Mit der Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs ist die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche europaweit deutlich zurückgegangen.
Beispiel Niederlande
In den Niederlanden, wo die liberalste Abtreibungspolitik praktiziert wird, besteht die geringste Zahl an Schwangerschaftsabbrüchen im europäischen Vergleich. Ausschlaggebend, ob sich Frauen für Kinder entscheiden oder nicht, ist die bestehende soziale Absicherung.
So zeigt sich, dass in jenen Ländern mit einem flächendeckenden Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen die Geburtenraten höher sind, als in jenen Ländern, wo hauptsächlich die Frauen für die Kinderbetreuung verantwortlich gemacht werden. Jede Frau soll sich frei entscheiden können, ein Kind zu bekommen oder eine Schwangerschaft abzubrechen. Dazu gehört auch eine ausreichende finanzielle und soziale Absicherung, die durch das viel beworbene Kindergeld sicher nicht gewährleistet ist.
Recht auf Abtreibung verteidigen!
Durch die Klage hat unsere Kampagne zur Verteidigung der Mairo-Klinik natürlich zusätzliche Brisanz erhalten - jetzt ist es wichtig, eine breite Gegenöffentlichkeit herzustellen, um auch die politischen Hintergründe aufzuzeigen. Die radikalen Abtreibungsgegner müssen gestoppt werden.
Wir fordern:
- Bannmeile für militante Abtreibungsgegner rund um Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen!
- Unterbringung der Mairo-Klinik in Räumlichkeiten der Gemeindespitäler
- Möglichkeit auf Schwangerschaftsabbruch in allen Bundesländern!
- Schwangerschaftsabbruch auf Krankenschein!
- Kostenlose Verbreitung von Verhütungsmitteln!