So 26.05.2019
Bouteflika, der verhasste Präsident Algeriens, ist nach wochenlangen Massenprotesten zurückgetreten. Das Regime in Algerien klammert sich aber verzweifelt weiter an die Macht. Die Wucht der revolutionären Bewegung in Algerien erinnert an die ersten Wochen des revolutionären Kampfes in Ägypten und Tunesien 2011. Die Massen in Algerien haben aus 2011 gelernt und sind sich bewusst, dass ein Sturz des Regimes alleine die Probleme nicht lösen wird. Die Idee, dass das ganze System weg muss („systeme degage“), ist überall. Die kleine Autonome Gewerkschaftsföderation (CSA) hatte für den 10. April zu einem Generalstreik gegen die Übergangsregierung von Bedoui aufgerufen. Die Basisgewerkschaften der Hauptföderation, der UGTA, haben begonnen, die Bewegung zu unterstützen. Sie rufen zu Aktionen gegen die Unternehmen und die „kleinen Bouteflikas“ auf - und zum Sturz des Regimes.
Algerien erlebt gerade den Beginn einer Selbstorganisierung. Kampfkomitees müssen sich überall herausbilden. Sie müssen Forderungen diskutieren - wie verbesserte Arbeitsbedingungen, Gleichheit für alle etc. Vertreter*innen sollten in Koordinierungskomitees gewählt werden, auf allen Ebenen, bis hin zu einer bundesweiten Koordinierung. Die Clique an der Macht und die unterschiedlichen Klans im Herzen der Armee oder der FLN haben Algeriens Reichtum mit den Multinationalen und Imperialist*innen geteilt. Es wird keine Demokratie in Algerien geben, so lange sich diese kapitalistischen Räuber*innen an der Macht halten. Der alten Elite und dem Militär darf nicht vertraut werden - es darf keine Teilnahme von Vertreter*innen der Arbeiter*innenschaft an einer Regierung auf Basis des Kapitalismus geben. Die Kampfkomitees können als Orte fungieren, in denen ein neues Algerien diskutiert werden kann. Nur eine Regierung der Arbeiter*innen und Jugendlichen aus der revolutionären Bewegung kann den Wunsch eines demokratischen freien Algeriens garantieren. Die Frage einer verfassungsgebenden Versammlung und der nächsten Wahlen wird oft aufgeworfen. Doch diese Schritte können ein Weg für die Herrschenden sein, die revolutionären Massen zu umgehen, wenn diese sie nicht zu ihrem Instrument machen. Doch dafür brauchen sie eine Partei, die wirklich für die Interessen der Arbeiter*innen, Pensionist*innen, Arbeitslosen, kleinen Bäuer*innen und Jugendlichen aller Kulturen steht.
Das CWI fordert volle Unterstützung für die algerische Revolution. Raus mit Bouteflikas Schergen! Wir sind für volle demokratische Rechte, für das Recht, sich in Gewerkschaften zu organisieren und das Recht zu streiken, für das Recht auf freie Presse und Medien, Versammlungsfreiheit, Freiheit sich in Parteien zu organisieren, die nicht die Rechte anderer beschränken. Wir sind für das Recht auf Selbstbestimmung der Amazigh (Berber), sowie aller unterdrückten Minderheiten. Wir sind gegen die Diskriminierung auf Basis von Geschlecht, Familienzugehörigkeit, Nationalität, Glauben oder sexueller Orientierung - das reaktionäre Familienrecht muss weg. Es muss Unterstützung für Mitglieder der Staatskräfte geben, wenn diese sich auf die Seite der Bevölkerung schlagen. Wir fordern einen unbefristeten Generalstreik und den Aufbau von Kampfkomitees in jedem Betrieb und jeder Nachbarschaft, sowie deren Zusammenschluss und Koordinierung auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene. Wir sind für eine revolutionäre verfassungsgebende Versammlung und eine Regierung der gewählten Vertreter*innen der Arbeiter*innen und Armen, mit jederzeitiger Wähl- und Abwählbarkeit, die nicht mehr als einen Durchschnittslohn erhalten. Wir fordern eine sofortige Erhöhung der Löhne, Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und Aufteilung der Arbeit auf alle. Wir fordern die Offenlegung der Bücher sowie den Stopp aller Privatisierungen und Wiederverstaatlichung von bereits privatisierten Unternehmen unter Kontrolle der Komitees. Die wichtigen Sektoren der Wirtschaft müssen in öffentliches Eigentum übernommen werden, damit ein Plan für deren Entwicklung unter demokratischer Kontrolle der gewählten Repräsentant*innen der Arbeiter*innen aufgestellt werden kann.
Die begonnene Revolution öffnet riesige Möglichkeiten. Die Massenbewegung in Algerien kann den Beginn einer neuen Runde des Kampfes in Nordafrika markieren - sie muss jedoch die Lektionen aus 2011/12 lernen. In Tunesien gab es einen Generalstreik im öffentlichen Dienst und Demonstrationen, die den Fall des Regimes fordern. Es gab eine Bewegung in Marokko, Sudan steht am Beginn von revolutionären Erhebungen, auch hier haben die Aktivist*innen Lehren aus der arabischen Revolution gezogen. Ein demokratisches sozialistisches Algerien könnte den Weg für eine erfolgreiche revolutionäre Welle in Nordafrika ebnen. Der Kapitalismus muss international gestürzt und durch eine sozialistische Gesellschaft ersetzt werden.