Fr 02.04.2010
Der neue Schwerpunkt des ÖGB beschäftigt sich mit der Verteilung von Reichtum in Krisenzeiten. Es gibt viele Zahlen und es werden Forderungen aufgestellt, die inhaltlich z.T. richtig sind. ABER sie sind ein Rückschritt im Vergleich zu Forderungen der Vergangenheit. Im Interview erklärt ÖGB-Präsident Foglar: „Kurzarbeit und Aussetzverträge sind Arbeitszeitverkürzung. Auch zum Teil erzwungene Teilzeitarbeit ist ein solches Arbeitszeitverkürzungsmodell.“
Entsorgt der ÖGB die 35 Stundenwoche?
Das ist ein Abgehen von der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Diese neuen Modelle sind „Lösungen“ auf Kosten der ArbeitnehmerInnen. Oft ist Kurzarbeit auch nur der letzte Schritt vor den Kündigungswellen.
Die Kampagne zeigt richtig auf, wie zur Ausweitung der Verteilungsunterschiede die Bevölkerung gespalten wird: in beschäftigt und arbeitslos, in weiblich gegen männlich, in krank gegen gesund sowie jung und alt. Allerdings fehlt ein entscheidender Bereich: In- und AusländerInnen. Erst wenn der ÖGB migrantische KollegInnen offensiv organisiert und vertritt, kann eine sinnvolle Umverteilungsdebatte erfolgreich sein. Hier herrschst enormer Nachholbedarf beim ÖGB und seinen FunktionärInnen.
Die ÖGB-Führung versucht den Eindruck zu vermitteln, dass sie der Krise nicht untätig zusieht. Wie diese Forderungen erreicht werden sollen, wird aber nicht erklärt. Der ÖGB fordert das Eintreiben der Unternehmensschulden bei der Sozialversicherung. Aber der ÖGB stellt die Obleute der Gebietskrankenkassen und könnte die Schulden fällig stellen – man tut es aber nicht. Es werden auch keine Aktionen angekündigt. Kampfmaßnahmen wie Betriebsversammlungen, Streiks oder ähnliches werden nicht einmal erwähnt.
Soziale Lage in Österreich
- Eine Million Menschen in Österreich sind armutsgefährdet
- 73,6 % der Steuereinnahmen kommen aus Lohn- und Mehrwertsteuern
- 1,4 % der Steuereinnahmen sind vermögensbezogene Abgaben. Eine Anhebung auf den EU-Durchschnitt von 5,4 % würde vier Mrd Euro jährlich bringen
- Die Gewinne sind 2002-08 um 44 % gestiegen, Gewinnsteuereinnahmen nur um 21 %
- 2008 sind 355 Millionen Überstunden geleistet worden. 27 % davon waren nicht oder nicht korrekt bezahlt. Die unbezahlten Stunden entsprechen 60.000 Vollzeitjobs
- 26 % der Frauen mit Teilzeitjobs würden lieber Vollzeit arbeiten
- Österreich landet auf dem vorletzten Platz einer OECD-Studie zu Arbeitslosengeld und Sozialhilfe
- Jede/r Beschäftigte ging im zweiten Halbjahr 09 durchschnittlich neun Tage in die Arbeit, obwohl sie/er sich krank fühlte.
- Die Zahl der vorgemerkten Lehrstellensuchenden stieg 2008 um 4,4%, die angebotenen offenen Lehrstellen wurden fast 10% weniger
“Das GPA-djp Regionalforum fordert vom ÖGB, die Forderung Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich als zentrale Lösung zur Senkung der Arbeitslosigkeit zu erkämpfen.“
Diesen Antrag stellen SLP-Mitglieder beim GPA-djp Regionalforum in Wien und Salzburg. Im Sinne der KollegInnen, die (noch) einen Job haben bzw. jener die (schon) arbeitslos sind braucht es die Aufteilung der vorhandenen Arbeit auf alle – also Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Arbeitszeitverkürzung war und ist eine der wichtigsten Forderungen der Gewerkschaftsbewegung. Das wurde auch vom 4. GPA-djp Bundesjugendforum bekräftigt.
Die GPA-djp-Regionalkonferenzen im April 2010 können ein Ansatz sein, Aktivitäten zur Umsetzung der Forderungen von fairteilen.at zu beschließen. Sie sind nur mit Einbeziehung der KollegInnen und BetriebsrätInnen vor Ort umsetzbar. Nur wenn die Gewerkschaft die volle notwendige Kampfkraft hat, kann sie die zur Durchführung notwendigen Arbeitskämpfe (Demonstrationen und Streiks) führen. Die Hoffnung in und die Anbiederung an die SPÖ sind die falsche Strategie. Die SPÖ arbeitet in den letzten Jahrzehnten in die andere Richtung. Die Sozialpartnerschaft und die enge Verbindung des ÖGB an die SPÖ bremst und lähmt die Arbeit der Gewerkschaft.
Gerade in Krisenzeiten, wo die Verteilungsspielräume kleiner sind, stoßen Forderungen wie Arbeitszeitverkürzung rasch an die Systemgrenzen des Kapitalismus. Aber sind diese Grenzen das Ende gewerkschaftlichen Denkens? Die Wirtschaft kann nur wirklich kontrolliert werden, wenn sie in der Hand derer ist, die sie kontrollieren sollten: der ArbeiterInnenklasse, und dies sind über 90% der Bevölkerung. Nur dann stehen nicht mehr die Profit-Bedürfnisse einiger weniger Prozent der Bevölkerung im Zentrum, sondern die Bedürfnisse aller.