Mi 20.04.2016
Im April 1916 versuchten einige tausend RebellInnen durch einen bewaffneten Aufstand die Unabhängigkeit zu erkämpfen. Obwohl das „Easter rising“ brutal niedergeschlagen wurde, gilt es als Beginn der irischen Unabhängigkeit. Neben großteils bürgerlich-nationalistischen Kräften beteiligten sich auch SozialistInnen wie James Connolly am Aufstand.
Der Aufstand war keine Revolution an der sich große Teile der Bevölkerung beteiligten, sondern eine Rebellion von einigen Tausend. Die Chance auf Erfolg war daher gering. Es gab kaum Aktivität außerhalb Dublins, keinen Generalstreik und keine größeren Demonstrationen. Das Scheitern zeigt auch, dass individuelle, im Geheimen geplante Aktionen nicht ausreichen, um einen der mächtigsten imperialistischen Staaten zu besiegen. Es waren Massenbewegungen, die in Sri Lanka oder auch Vietnam die Unabhängigkeit erkämpft haben.
Dass es die Grundlage für eine tatsächlich siegreiche Revolution gegeben hätte, zeigten die Klassenkämpfe 1917-21. Es gab landesweite Generalstreiks gegen die Einführung der Wehrpflicht und zur Unterstützung von hungerstreikenden Gefangenen. Die Irische Transport- und Allgemeine Arbeitergewerkschaft (ITGWU) wuchs von 5.000 Mitgliedern 1916 auf über 100.000 im Jahr 1920. In Belfast zeigten 1919 protestantische und katholische ArbeiterInnen das Potential für gemeinsamen Widerstand von unten durch einen Generalstreik mit 100.000 Beteiligten. Auch die Unterstützung für sozialistische Ideen war enorm. An einer Feierlichkeit anlässlich der Russischen Revolution beteiligten sich im Februar 1918 in Dublin über 10.000 Menschen und in Limrick wurde während eines lokalen Generalstreiks der „Limricker Sowiet“ ausgerufen.
Diese großen Massenkämpfe zeigen das Potential für Veränderung von unten. Heute gibt es in Irland eine Massenbewegung gegen die Wassersteuer.
Die Socialist Party (SP, irische Schwesterorganisation der SLP) hat zusammen mit anderen eine Boykott-Kampagne gegen die Wassersteuer organisiert. Bis heute zahlen bis zu 50% der Bevölkerung nicht und wie lange es die Steuer daher noch gibt ist fraglich.
Das beweist, wie wichtig Organisationen sind, die erfolgreichen Widerstand auf Massenbasis organisieren können. Was es damals und heute gebraucht hätte bzw. braucht, ist eine starke Organisation für ArbeiterInnen, die die Bewegung organisiert und aufzeigt, wie gewonnen werden kann.
Ein großer Fehler, den die ArbeiterInnenbewegung 1916-21 gemacht hat, war, dass man sich wiederholt der bürgerlich nationalistischen Bewegung unterordnete. Connolly beteiligte sich am Aufstand ohne sozialistischem Programm und Labour (die Sozialdemokratie) folgte de facto der Parole „Labour must wait“ und überließ bürgerlichen NationalistInnen das Feld. Der Mangel einer sozialen Alternative für ArbeiterInnen in Nord- und Südirland ermöglichte es den Herrschenden, entlang religiöser Linien (ProtestantInnen gegen KatholikInnen) zu spalten und die Bewegung so insgesamt zurück zu schlagen.
Auch heute spielt der Kampf für nationale Unabhängigkeit auf der ganzen Welt eine wichtige Rolle (Schottland, Katalonien, Kurdistan usw.). Und überall ist es gleich wie 1916 in Irland: es gibt keine echte nationale Befreiung, die eine wirkliche Verbesserung für das Leben der Bevölkerungsmehrheit bedeutet, ohne sozialistische Veränderung.
In Irland gibt es über 60 Jahre nach der offiziellen Unabhängigkeit die selben grundlegenden Probleme – noch immer dominieren die Interessen internationaler KapitalistInnen und irischer Bosse. Nationale Befreiung und Kampf gegen Kapitalismus müssen also Hand in Hand gehen.
Dafür müssen die wichtigsten Banken und Konzerne verstaatlicht und unter demokratische Kontrolle gestellt werden, um so zu verhindern, dass Vermögen einfach abgezogen wird. Und um sicher zu stellen, dass die Wirtschaft im Interesse der großen Bevölkerungsmehrheit genutzt wird.
Um aus der Geschichte zu lernen, braucht es eine Organisation, die als „Gedächtnis der ArbeiterInnenklasse“ funktioniert. Die SP und ihre Bündnispartner haben seit kurzem sechs VertreterInnen im irischen Parlament. Sie nutzen das, um Bewegung auf der Straße zu unterstützen und sozialistische Ideen zu verbreiten. Ein Slogan bei der letzten Wahl war „echte Veränderung – keine Pseudoveränderung“ und in ihrer ersten Rede im Parlament machte die frisch gewählte SP-Abgeordnete Ruth Coppinger mit einem Zitat von Connolly klar: „Die Zeit das kapitalistische System zusammenzuflicken ist vorbei; es muss verschwinden“.