Mo 24.03.2014
Er hat ja immer schon gewusst, dass er einmal eine Lesung für die SLP halten wird, meinte Krimiautor Andreas Pittler lächelnd. Aus Solidarität mit SLP-AktivistInnen, die aufgrund ihres Engagements in der Flüchtlingsbewegung mit insgesamt etwa 3000€ Polizeistrafen konfrontiert sind, las er am Freitag in der „Librería Utopía“ in Wien aus seinem neuesten Buch „Charascho“, aber auch aus älteren Werken.
Er las Episoden, die den politischen Charakter seiner Werke hervorstrichen – etwa als sein Komissar Bronstein in „Tacheles“ auf den sozialistischen Arbeiter Podlaha stößt, der nach 1934 seine Stelle als Betriebsrat verlor und des Mordes verdächtigt wird. Pittler lässt Podlaha Bronstein, der in ihm für einen kurzen Moment einen Antisemiten vermutet, darüber belehren, dass der Kapitalismus an sich der Feind ist, und eine Trennung in „raffendes“ und „schaffendes“ Kapital antimarxistische Propaganda ist. „Der Antisemitismus ist der Sozialismus des dummen Mannes“, zitiert Podlaha Bebel.
Der Antisemitismus verfolgt Komissar Bronstein, der im Österreich der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Mordfälle aufklärt, auf Schritt und Tritt. So las Pittler aus „Zores“eine Episode, in der Bronstein mit der verzweifelten Situation der jüdischen Bevölkerung Wiens kurz vor dem Anschluss konfrontiert wird – und in der Folge selbst fliehen muss.
Den Abschluss machte Pittler mit einigen Stellen aus „Charascho“, in dem Bronstein 1945 in das zerstörte Wien zurückkehrt, um seine Arbeit wiederaufzunehmen. Mit bitterem Zynismus beschreibt Pittler die weitverbreitete Realitätsverweigerung kurz nach dem Krieg, etwa als seine ehemalige Hausbesorgerin ihn dafür beneidet, dass er 1938 „auf Urlaub“ gegangen sei, während sie hier bleiben musste. Aber Pittler sorgt auch für ein Wiedersehen mit Podlaha, dessen Hoffnung in den Sozialismus ungebrochen bleibt, jedoch von der Sozialdemokratie abermals betrogen werden sollte, auch wenn Theodor Körner, als er Bronstein eine entnazifierte Wohnung zuweist, meint: „Sozialismus ist zuallererst Solidarität!“
Ernster als die Wiener Sozialdemokratie nahmen diese Worte jedenfalls Andreas Pittler und die Gäste der Lesung, die sich danach noch an einem ausgezeichnetem Buffet und Soli-Cocktails erfreuen konnten. Insgesamt wurden über 300 Euro in die Spendenkasse gespült.
Wir danken Andreas Pittler und allen Gästen – Unsere Solidarität gegen ihre Repression!