Fr 05.03.2010
Unter dem Motto NEIN zu Gewalt an Frauen gab es zuletzt eine Parlamentarische Fraueninitiative der Frauensprecherinnen aller (!) Fraktionen. Sind also alle Parteien „eh“ für Frauenbefreiung?
Pünktlich zum Frauentag am 8. März behaupten alle Parteien, dass ihnen Frauenrechte am Herzen liegen. FPÖ und BZÖ betreiben unter dem Deckmäntelchen „Frauenrechte“ Rassismus. Die FPÖ verurteilt z.B.Genitalverstümmelung, ist aber für ein noch restriktiveres Asylrecht, obwohl genau jene Genitalverstümmelung kein Asylgrund ist. Wenn Grüne und SPÖ dieselbe Initiative wie diese beiden Parteien unterstützen spricht das für sich. Denn mit Kräften wie FPÖ und Co. kann es für SozialistInnen und Linke in keiner politischen Frage eine gemeinsame Basis geben! Um Frauen tatsächlich vor Gewalt zu schützen, muss zunächst finanzielle Unabhängigkeit für Frauen erkämpft werden. Durch höhere Löhne, Arbeitsplätze etc.
FPÖ, BZÖ und Teile der ÖVP stellen immer wieder das Abtreibungsrecht in Frage und stehen für ein reaktionäres Frauen- und Familienbild. Die SPÖ hat in der Regierung die Mindestsicherung zu verantworten. Das bedeutet, dass Frauen, die davor vielleicht Sozialhilfe bezogen haben, nun auch dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen müssen, und ihnen gegebenenfalls der Bezug gestrichen werden kann. Und: Sie alle (inklusive der Grünen) befürworten neoliberale Politik wie z.B. Privatisierung. V.a. im Sozial- und Gesundheitsbereich bedeutet Privatisierung, dass von der öffentlichen Hand übernommene Arbeit wieder ins Private und damit auf Frauen abgeladen wird – denn es sind vor allem Frauen, die dann z.B. die Pflege von Alten unbezahlt in der Familie erledigen.
In der Regierung sind mit den Ministerinnen Fekter, Karl, Schmied, Bures und Heinisch-Hosek Frauen am Ruder. Die ÖVP hat in der Regierung sogar fast eine 50% Quote. Verbessert das die Ausgangssituation für Frauen?
Nein, tut es nicht. Im Gegenteil, einige genannten Ministerinnen sind sogar eine Speerspitze der Regierung gegen Frauenrechte – in ihrer tatsächlichen Politik. Frauenministerin Heinisch-Hosek ist gleichzeitig für die BeamtInnen zuständig. Im öffentlichen Dienst ist die Lohnschere nicht gar so eklatant groß wie in der Privatwirtschaft (siehe Kasten). Wenn nun die Regierung eine Verwaltungsreform beschließt und Personal abbaut, dann geht das also vor allem auf Kosten der Frauen. Dasselbe gilt für die Einsparungen bei den LehrerInnen durch Bildungsministerin Claudia Schmied. Wissenschaftsministerin Karl steht zu Numerus Clausus und Bologna und fordert die Wiedereinführung von Studiengebühren. Auch das geht zu lasten von (jungen) Frauen. Denn wenn einer Familie geringe finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, wird zweimal überlegt, ob denn nun der Sohn oder die Tochter studieren soll. Die Ayslpolitik einer Maria Fekter richtet sich gegen Frauen, die vielleicht vor Gewalt, Krieg oder Hunger flüchten. Das allein zeigt schon, dass „Frauen in Führungspositionen“ oder in diesem Fall der Regierung nicht bedeutet, dass dann automatisch frauenfreundlich gehandelt wird. Genausowenig ist es für Frauen angenehmer, von einer Frau gekündigt zu werden. In vielen wesentlichen Bereichen des Lebens zeigt sich ganz klar, dass die Frauenfrage eine Klassenfrage ist. Und, dass es zahlreiche grundlegende Probleme im Kapitalismus gibt, von denen arbeitende Frauen und Männer gemeinsam betroffen sind. Daher greifen auch Frauenquoten zu kurz – denn sie bekämpfen maximal das Symptom, lösen aber die Ursache nicht.
Frauen verdienen rund 1/3 weniger als Männer. Die ÖVP meint zwar „Das Schließen der Einkommensschere ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit“ (Marek), spricht aber im nächsten Atemzug davon, dass „auf die Bereiche der qualifizierte Teilzeitarbeit, der Bildung und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf besonderes Augenmerk zu legen sei“. Heinisch-Hosek fordert Einkommenstransparenz. Wie geht’s also wirklich?
ÖVP verheddert sich in Widersprüchen – sie fordern eine Schließung der Einkommensschere, promoten aber Teilzeitarbeit als Lösung für die Probleme von Frauen. Tatsächlich ist Teilzeitarbeit ein Faktor für den niedrigeren Verdienst von Frauen (siehe Kasten). Mit Vereinbarkeit von Beruf und Familie meint die ÖVP, dass prekäre Jobs für Frauen geschaffen werden sollen – und sie so leichter auszbeuten sind. Auch die von Heinisch-Hosek geforderte Einkommmenstransparenz löst das Problem Einkommensschere nicht per se. Tatsächlich geht es darum, für höhere Löhne für Frauen und Männer zu einzutreten und zwar gemeinsam. Wir müssen dafür kämpfen, dass es auch jene Männer verstehen, die es jetzt noch nicht kapieren: Niedrige Löhne für Frauen sind schlecht für alle ArbeitnehmerInnen! Denn die Kette ist immer nur so stark wie das schwächste Glied. Solange es eine Gruppe gibt, die weniger verdient als eine andere, können die einen gegen die anderen ausgespielt und als LohndrückerInnen eingesetzt werden – nach dem Prinzip „Teile und herrsche“. Eine Offenlegung der Gehälter könnte ja auch eine Diskussion über Lohnkürzungen bei Männern zur Schließung der Einkommensschere in Gang setzen. Wir dagegen stehen für eine Angleichung nach oben statt nach unten. Der Kampf für höhere Löhne in klassischen Frauenberufen (wie z.B. bei den KindergärtnerInnen) ist ein zentraler Schritt. Gewerkschaftliche Organisierung von Frauen ebenso. Im Handel gab es in der Vergangenheit wiederholt Initativen in diese Richtung, z.B. bei Schlecker. Es ist verständlich wenn Frauen aufgrund von Erfahrungen mit Gewalt Bedenken haben, mit Männern gemeinsam zu kämpfen. Hier ist ein sensibler Umgang nötig. An der grundlegenden Notwendigkeit eines gemeinsamen Kampfes von Männern und Frauen gemeinsam gegen das System das sie ausbeutet und gegeneinander auszuspielen versucht, ändert das aber nichts.
Von Clara Zetkin stammt der Ausspruch „Kein Sozialismus ohne Frauenbefreiung – keine Frauenbefreiung ohne Sozialismus“. Was bedeutet das?
Für den Kapitalismus ist die Unterdrückung von Frauen ein zentraler Bestandteil. Einerseits leisten sie unbezahlte Arbeit in der Familie um die nächste Generation von ArbeiterInnen großzuziehen. Andererseits brauchen die Unternehmen die Arbeit von Frauen in prekären und Niedriglohnjobs, um ihre Profite zu sichern. Für uns sind Frauenfragen zentrale Fragen der ArbeiterInnenbewegung und Teil des Kampfes für eine andere, eine sozialistische Gesellschaft. Jede Verbesserung für Frauen ist – ebenso wie jede andere Reform im Kapitalismus (die eine wirkliche Verbesserung bedeutet) – eine wichtige Errungenschaft. Frauenunterdrückung und -ausbeutung vollständig zu beseitigen können aber weder Frauen allein, noch ist dies im Rahmen einer Klassengesellschaft dauerhaft möglich. Deshalb sind für uns der Kampf für Frauenbefreiung und der Kampf für Sozialismus untrennbar verbunden.
In einer sozialistischen Gesellschaft hätten Frauen und Männer tatsächlich die Möglichkeit ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Bereits vor hundert Jahren hat die proletarische Frauenbewegung dafür bemerkenswerte Ideen entwickelt: Die Hausarbeit würde vergesellschaftet und aus dem Raum des Privaten genommen – es gäbe gratis öffentliche Küchen, Restaurants und Kantinen, flächendeckende kostenlose qualitativ hochwertige Kinderbetreuung nach Bedarf etc. Die finanzielle Abhängigkeit der Ehepartner voneinander wäre Vergangenheit. Jeder und Jede müsste nur ein paar Stunden am Tag arbeiten. Frauen könnten dadurch tatsächlich am politischen und kulturellen Leben teilnehmen, weil sie Zeit hätten die sonst in Haushalt, Kinder und Job fließen würde. Es gäbe keine Notwendigkeit mehr für die Unterdrückung der Frau.
Um es mit den Worten von Clara Zetkin (im Januar 1914 in der Zeitschrift Gleichheit) zu sagen: „Wir müssen Sorge tragen, dass der Frauentag nicht nur eine glänzende Demonstration für die politische Gleichstellung des weiblichen Geschlechts, sondern darüber hinaus der Ausdruck einer Rebellion gegen den Kapitalismus, eine leidenschaftliche Kampfansage all den reaktionären Maßnahmen der Besitzenden und ihrer willfährigen Dienerschaft, der Regierung ist.“