Fr 20.03.2020
Corona-Tests, Masken und Schutzausrüstung für alle, die es brauchen. Pharmaindustrie enteignen!
Nach dem chinesischen Regime, das zwar durchaus auch gelobt wird, aber am Ausbruch der Pandemie zentral Schuld ist, stellen nun auch westliche kapitalistische Staaten, allen voran die USA, absolutes Totalversagen im Umgang mit der Corona-Krise zur Schau. Die jahrzehntelang kaputt-gesparten Gesundheitssysteme haben nicht die nötigen Kapazitäten, wie die verheerenden Zustände in Italien zeigen. Überall mangelt es an Test-Kits: pro eine Millionen Einwohner*innen stehen in Österreich aktuell nur 46 Tests pro Tag zur Verfügung [1, Stand: 18.3.], in Italien 213 [2, Stand: 18.3.] und in den USA 112 [3, Stand: 16.3.].
Es wird zwar nachgerüstet, aber viel zu wenig und viel zu spät. Insgesamt wurden in Österreich mit 20.3. gerade einmal 15.613 Menschen getestet [4, Stand: 20.3.].
In Südkorea werden Massentests durchgeführt, in anderen Ländern nicht einmal Menschen mit eindeutigen Symptomen getestet.
Um die bevorstehende Krise doch noch irgendwie abzumildern, versuchte Trump in alter Deal-Maker-Manier die Rechte an einem Impfstoff, der bereits im Herbst einsatzbereit sein könnte, exklusiv für die USA zu sichern. Dafür bot er dem deutschen Konzern Curavec, der seit Anfang Januar zusammen mit dem staatlichen Paul-Ehrlich Institut an der Entwicklung des Impfstoffes forscht, 1 Milliarde Dollar an, aber der Deal platzte. Die Entscheidung darüber lag beim deutschen Multimilliardär Dietmar Hopp, der über seine Beteiligungsgesellschaft Dievini 80% der Anteile von Curavec hält. Absurd, dass ein Mensch die Macht hat, über das Schicksal von Millionen zu entscheiden. Wir können nicht sagen, wie die Entscheidung ausgesehen hätte, wenn der öffentliche Druck geringer gewesen wäre. Aber unabhängig davon, ob in diesem konkreten Fall die Interessen der Bevölkerung oder eigennützige Firmeninteressen im Vordergrund standen, zeigt sich hier doch die ganze Absurdität des Systems. Nicht nur, dass zwar öffentliche Mittel von der Firma benützt werden, aber der private Eigentümer entscheiden kann. Die Ergebnisse exklusiv zu verwenden hängt auch noch daran, dass - sobald es ein Mittel gibt - eine private Firma damit enorme Profite machen wird. Und damit am Leid von Millionen Menschen Milliarden verdient!
Wettbewerb in der Forschung tötet
Schon vor Corona starben jährlich 10 Millionen Menschen an Krankheiten, für die medizinische Therapien vorhanden sind [5]. Wer sich die nötigen Medikamente nicht leisten kann und keine Versicherung hat, geht leer aus. Profitmöglichkeiten entscheiden darüber, für welche neuen medizinischen Therapien und Medikamente überhaupt Forschungsgelder aufgewendet werden und Patente ermöglichen Konzernen Extra-Profite durch monopolistische Preise und zusätzliche Einkünfte aus Lizenzgebühren.
Wettbewerb wird als zentrale Triebkraft des Kapitalismus gefeiert und behauptet, davon würden insbesondere Konsument*innen profitieren. Doch bedeutet das auch, dass Forschungsergebnisse geheim gehalten anstatt ausgetauscht werden, dass Monopole geschaffen und so Milliarden der Zugang zu wichtiger Medizin verweigert werden kann. So sichert das Patentsystem den Konzernen für eine bestimmte Zeit (in Deutschland 20 Jahre [6]) die alleinigen Rechte an dem Produkt, mit dem Ziel, Forschungs- und Entwicklungskosten für neue Produkte an private Investor*innen auszulagern. Es schafft also den rechtlichen Rahmen für absurde Preissteigerungen wie im Fall des Pharmakonzerns Valeant. Zwischen 2010 und 2015 erhöhte dieser den monatlichen Preis für das zur Behandlung der eher seltenen Wilson-Krankheit nötige Medikament Syprine von 650$ auf 21.000$. In der gleichen Zeit stieg der Wert von Valeant um das 34-Fache, von $2.3 Milliarden auf $78 Milliarden [7]. Im Kapitalismus ist Gesundheit eine Ware mit der insbesondere die Global Player der Pharmaindustrie enorme Profite machen.
Wenn der Präsident der Ärztekammer Szekeres sagt „wir werden nie ausreichend Tests haben, um alle zu testen“, dann zeigt das, zwei Sachen. Zum einen, dass die allergrößte Mehrheit der Regierungen viel zu spät und zögerlich auf die Corona-Krise reagiert haben – die Aufstockung der Testkapazitäten hinkt der Ausbreitung der Krankheit hinterher. Zum anderen, dass die Produktion nach Profit und Wettbewerb nicht nur ineffizient ist, sondern, wie die aktuelle Krise zeigt, auch lebensbedrohend sein kann. Ist die Pharmaindustrie nicht Profitzwängen unterworfen, dann wird produziert, was nötig ist, nicht was Profit abwirft. Und ist sie Teil einer demokratischen staatlichen und internationalen Planung, kann sie rasch auf die jeweils nötige Produktion umgestellt werden. In der aktuellen Situation würde das bedeuten, die Produktion im ausreichenden Umfang und unabhängig von der Profitabilität auf einfache Test-Kits für Corona, Masken etc. umzustellen. Das würde die Informationen darüber, wer infiziert ist, massiv erhöhen und Quarantäne-Maßnahmen etc. könnten wesentlich gezielter eingesetzt werden, anstatt über ganze Städte de facto Ausgangssperren zu verhängen. Mit einer weltweiten und vorausschauenden Planung hätte die aktuelle Katastrophe massiv reduziert werden können. Große Teile der weltweiten Produktion von Medikamenten bzw. ihren Bestandteilen findet in China bzw. Indien statt. Engpässe sind hier vorprogrammiert. Mit einer auf mehr Länder aufgeteilten Produktion können Lieferschwierigkeiten vorgebeugt werden und stärker auf regionale Bedürfnisse eingegangen werden. Mit einer internationalen Planung kann außerdem auch überall auf die aktuellsten Forschungsergebnisse zurückgegriffen werden.
Deshalb fordern wir:
- Sofortige Umstellung der Produktion im Kunststoff-, Pharma- und Chemiebereich auf Handschuhe, Masken, Desinfektionsmittel, Schutzanzüge, Test-Kits etc.
- Sofortige Enteignung aller Betriebe die aus der Situation Profit schlagen wollen oder sich einer notwendigen Produktionsumstellung verweigern.
- Demokratische Planung des Einsatzes von existierenden Mitteln (Tests, Masken etc.) nach Bedürftigkeit, nicht nach Finanzstärke, und Ausbau dieser Mittel.
- Schluss mit dem Patent-Monopol: freier Zugang zu allen Forschungsergebnissen!
- Keine Profite mit der Gesundheit: Der gesamte Gesundheits- und Pharmabereich muss vergesellschaftet und unter demokratische Kontrolle gebracht werden, denn der kapitalistische Profitzwang gibt einen Dreck auf Menschenleben.
[1] https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2054733-Wir...
[2] https://www.tagesschau.de/faktenfinder/letalitaet-coronavirus-101.html
[3] https://twitter.com/COVID2019tests/status/1240296031406915584?s=20
[4] https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Neuartige...(2019-nCov).html
[5] https://uaem.org/press/uaem-and-the-access-to-medicines-crisis/
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Patent
[7] Dokumentation Dirty Money, Episode Drug Short, Minute 21:30)