Antworten auf den Fragenkatalog des "Österreichischen Frauenrings" für die Nationalratswahl 2019

>> Im August schickte der Österreichische Frauenring einen Fragenkatalog zu ungelösten frauen- und gleichstellungspolitischen Problemen an alle bundesweit kandidierenden Parteien – ihre Antworten wurden nun auf der Website des Frauenrings veröffentlicht.
„Frauen stellen in Österreich die Mehrheit in der Bevölkerung und werden die Wahl entscheiden. Die Konzepte der Parteien zu Fragen wie Kinderbetreuung, Altersarmut von Frauen oder Schwangerschaftsabbruch möchten wir ihnen als Entscheidungshilfe für die Nationalratswahl zur Verfügung stellen“, so Klaudia Frieben, Vorsitzende des Frauenrings.
Erfreulicherweise haben mit ÖVP, SPÖ, FPÖ, NEOS, Liste JETZT, Die Grünen, Der Wandel und KPÖ alle bundesweit wahlwerbenden Parteien unseren Fragenkatalog beantwortet.
„Der Österreichische Frauenring wird auch nach der Wahl den Parteien und vor allem der Regierung auf die Finger schauen und sich für die Rechte aller in Österreich lebender Frauen stark machen“, so Frieben. << (Presseaussendung, "Österreichischer Frauenring", 17.09.2019)

Link zur Veröffentlichung des "Österreichischen Frauenrings" und Zusammenfassung aller Antworten der Parteien als PDF zum Download: https://www.frauenring.at/nationalratswahl-frauenpolitischen-konzepte-pa...

Hier die Antworten der SLP in voller Länge und Orginalwortlaut:

1.    Welche Maßnahmen gedenken Sie zu setzen, um Einkommensunterschiede zwischen Frauen* und Männern* zu beseitigen?

In Wahlkampfzeiten reden alle Parteien gerne von „gleichem Lohn für gleiche Arbeit“, doch die wirkliche Veränderung bleibt aus. Schöne Worte oder Regelungen, die am Papier bleiben, helfen uns nicht weiter. Es braucht die Offenlegung aller Bücher und regelmäßige gesetzliche Kontrollen aller Betriebe hinsichtlich der Lohn- und Gehaltszahlungen, in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und Betriebsratskörperschaften. Die Gewerkschaften sind speziell dazu aufgerufen, Kommissionen einzurichten, die in den Betrieben (auch in Kleinstbetrieben) für gleiche Löhne für gleichwertige Arbeit kämpfen.

2.    Besonders Frauen* sind häufig von Armut bedroht. Dabei droht vielen Frauen aufgrund geringer Pension wegen langer Kindererziehungszeiten und/oder  Teilzeitbeschäftigungen Armut im Alter. Welche Maßnahmen werden Sie gegen diese Armutsgefährdung setzen? 

Die SLP fordert einen Mindestlohn von 1.700 Euro netto, ein unbefristetes Arbeitslosengeld ohne Schikanen auf der Höhe des Mindestlohns sowie eine gesicherte, eigenständige Mindestpension für alle in derselben Höhe. Karenz darf nicht mit finanziellen Verschlechterungen einhergehen, deswegen fordern wir vollen Gehaltsbezug während der Karenzzeit sowie die Garantie, nachher wieder in den Job einsteigen zu können. Um zu verhindern, dass Frauen gegen ihren Willen vom Erwerbsleben ferngehalten werden, braucht es flächendeckende, kostenlose und hochwertige Kinderbetreuung.

Um die Teilzeitfalle zu bekämpfen soll bei Teilzeitarbeit die tägliche Normalarbeitszeit grundsätzlich auf ein Fünftel der vereinbarten Wochenarbeitszeit reduziert werden - wird über die tägliche Normalarbeitszeit gearbeitet, sollen Überstundenzuschläge bezahlt werden, also Aufzahlungen in der Höhe von 50% (nicht 25% wie in der aktuellen Mehrstunden-Regelung). Alle Arbeitnehmer*innen, auch geringfügig Beschäftigte und freie Dienstnehmer*innen, müssen voll sozialrechtlich abgesichert und gesetzlich geschützt sein - z.B. was die Lohnersatzleistungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie anteilsmäßige Altersversorgung angeht.

Das Arbeitszeitmodell, das sich an einem 40-Stundenjob als Normalfall orientiert, ist Ausdruck des patriarchalen Charakters des Kapitalismus: Es setzt voraus, dass Haus- bzw. Reproduktionsarbeit von „jemandem“ (also Frauen) geleistet wird, während der Mann in der Arbeit ist. War damit in der Zeit des Nachkriegsaufschwungs noch ein durch entsprechende Rollenbilder abgesichertes Kleinfamilienleben finanzierbar, so ist es das heute selbst mit zwei 40-Stundenjobs kaum mehr. Deswegen brauchen wir eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden bei vollem Lohn und Personalausgleich sowie eine Senkung der täglichen Maximalarbeitszeit auf 6 Stunden. Darüber kämpfen wir gegen alle Versuche, das Pensionsalter zu erhöhen. Es braucht eine Verkürzung der Lebensarbeitszeit mit der Möglichkeit, bei voller Pensionszahlung mit 55 Jahren aufzuhören.

3.    Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Perspektive notwendig, damit strukturelle Ungleichbehandlungen am Arbeitsmarkt (Gender Pay Gap, hohe Teilzeitquoten bei Frauen, ungleiche Aufstiegschancen, geschlechterstereotype Berufswahl, Einkommens- und Pensionseinbußen aufgrund von Elternkarenz) endlich aufgebrochen werden?

Zur Frage nach dem Gender Pay Gap, den Teilzeitquoten und der Elternkarenz verweisen wir auf unsere Antworten zu den Fragen 1 und 2, da diese Fragen eng mit der Frage der strukturellen Ungleichbehandlung am Arbeitsmarkt zu tun haben. An den Schulen und Bildungseinrichtungen muss das kritische Hinterfragen und Auflösen von Rollenbildern nicht nur in den Lehrplänen, sondern vor allem auch in der Praxis des Unterrichts verankert werden. Geschlechterstereotype Berufswahl wird nicht aber nicht nur durch solche Aufklärungsarbeit oder durch Imagekampagnen und „Girls Days“ behoben werden: Es braucht eine massive materielle Aufwertung von als „weiblich“ abgewerteter Arbeit, etwa im Gesundheits- und Sozialbereich durch höhere Löhne und mehr Personal.

Unter struktureller Benachteiligung, nicht nur am Arbeitsmarkt, sondern auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens, leiden auch Frauen mit Migrationserfahrung und jene ohne österreichische Staatsbürger*innenschaft. Wir fordern deswegen die Abschaffung aller fremdenfeindlichen Gesetze (Aufenthalts-, Asyl-, Melde- und Ausländerbeschäftigungsgesetz). Weg mit allen Hürden, die migrantischen Frauen extra in den Weg gelegt werden: Legalisierung aller hier lebenden Migrant*innen und uneingeschränktes Bleiberecht für alle. Legalisierung aller Arbeitsverhältnisse von Migrant*innen  und volle soziale Absicherung aller hier Erwerbstätigen. Wohnungs- und Mietbeihilfen für Migrant*innen zu den gleichen Bedingungen wie für österreichische Staatsbürger*innen und volle demokratische Rechte auf allen Ebenen.

4.    Noch immer leisten Frauen den Löwinnen-Anteil der unbezahlten Arbeit, weswegen seit den 1980er Jahren Kinderbetreuungsplätze flächendeckend in ganz Österreich gefordert werden. Wie werden Sie sich für diese dringend benötigten Einrichtungen einsetzen?

Wir gehören zu den Kräften, die diese Forderung seit der Gründung unserer Vorgängerorganisation in den 1980ern aufstellen. Dass sie – wie etwa auch die Forderung nach gleichen Löhnen – noch immer nicht realisiert ist, ja sich die Lage in vielerlei Hinsicht vor allem in strukturschwachen Regionen durch die Kürzungspolitik sogar verschlechtert hat, zeigt, dass wir uns nicht auf die etablierte Politik verlassen können. Wir brauchen nicht nur Anträge in Gemeinden, Landtagen und im Parlament. Die Geschichte – vor allem die der Frauenbewegungen – zeigt deutlich, dass kein Weg an der Selbstorganisation der Betroffenen und dem gemeinsamen Kampf mit Verbündeten vorbeigeht. Wir brauchen Kämpfe wie den „Kindergartenaufstand“, bei dem sich vor einigen Jahren Elementarpädagog*innen für bessere Arbeitsbedingungen und Personalschlüssel eingesetzt haben, oder Initiativen wie den „Aufstand der Alleinerziehenden“ bei der sich Alleinerziehende selbst organisieren und für flächendeckende, kostenlose und hochwertige Kinderbetreuung kämpfen. Die SLP versteht Mandate in parlamentarischen Gremien deswegen vor allem als Sprachrohre für solche außerparlamentarischen Bewegungen. In Irland, wo unsere Schwesterorganisation Socialist Party im Parlament sitzt, wurde das Recht auf Schwangerschaftsabbruch auch deswegen erkämpft, weil sich die sozialistischen Parlamentarier*innen nicht in den institutionellen Rahmen zwängen ließen, sondern in der ersten Reihe von solchen außerparlamentarischen Kämpfen zu finden waren und diese unterstützten.

Unbezahlte Arbeit bedeutet aber nicht nur Kinderbetreuung, sondern auch eine Reihe anderer haushaltlicher reproduktiver Tätigkeiten, die immer noch zum größten Teil von Frauen geleistet werden. Als Sozialist*innen stehen wir deshalb für die Vergesellschaftung von Hausarbeit, um diese geschlechtliche Arbeitsteilung zu überwinden. Das beinhaltet die flächendeckende Einrichtung von öffentlichen Kantinen, in denen günstig, gesund und hochwertig gegessen werden kann, sowie die Kollektivierung Waschvorgängen durch flächendeckende Waschküchen. Entsprechend muss der Wohnbau neu orientiert werden – weg von auf „klassische“ Kleinfamilien zugeschnittenen Bauformen hin zu günstigen öffentlichen Wohnbauten mit einer Architektur, die verschiedenen Lebens- und Familienformen offensteht, selbstbestimmtes Leben ermöglicht und Einrichtungen zur kollektiven Bewältigung reproduktiver Arbeiten bereitstellt. Zwar reichen auch Maßnahmen wie diese für sich genommen nicht aus, um die geschlechtliche Arbeitsteilung in diesem Bereich verschwinden zu lassen, doch sie bieten die dafür notwendige materielle Basis.

5.    Österreich hat die Istanbul-Konvention ratifiziert und sich verpflichtet alles zu tun, um gewaltbetroffene Frauen und Kinder zu schützen und zu unterstützen. Wie kann aus Ihrer Sicht der Gewaltschutz für Frauen verbessert werden und welche konkreten Pläne haben Sie dafür?

In den Jahren nach 2013 hat die Kürzungspolitik die Lage oftmals massiv verschlechtert. Als Sofortmaßnahme braucht es die Rücknahme aller Subventionskürzungen für Beratungsstellen und Vereine wie Maiz. Autonome feministische Einrichtungen (wie z.B. der “Verein Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen und Mädchen”) müssen finanziell ausreichend unterstützt und ausgebaut werden. Wir fordern ein flächendeckendes Angebot an gut ausgebauten, selbstverwalteten Frauenhäusern. Ob städtisch oder autonom, die finanziellen Mittel müssen dafür von öffentlicher Hand sichergestellt werden. Dazu benötigt es einen sensiblen unbürokratischen Umgang der SachbearbeiterInnen in Wohnungs- und Sozialämtern mit den Opfern von Gewalt. Hier haben Gewerkschaften und Personalvertreter*innen eine wichtige Rolle zu spielen, indem sie das Thema auf den Tisch bringen - denn unter ihren Kolleg*innen wie “Kund*innen” gibt es sowohl betroffene Frauen als auch Täter.

Jede Frau, die Opfer häuslicher Gewalt wurde, soll ein Übergangsgeld von mindestens 1.700 Euro netto erhalten, bis sie Arbeit findet. Frauen und Kinder müssen Zugang zu kostenloser juristischer, sozialer und psychologischer Betreuung haben.

Im juristischen Bereich braucht es die Einrichtung einer unabhängigen Anlauf- und Beratungsstelle für Frauen, die von Gewalt betroffen sind, in den Bezirksgerichten. Diese soll erstens juristische Beratung, Vermittlung zu in diesem Bereich erfahrenen AnwältInnen etc. anbieten und zweitens als Beschwerdestelle für diskriminierende Behandlung von Frauen durch Richter*innen, Staatsanwält*innen etc. fungieren. Die in Scheidungsverfahren oder in Prozessen wegen Vergewaltigung oder Körperverletzung amtierenden Richter*innen etc. müssen der öffentlichen Kontrolle durch Gewerkschaften, Jurist*innen und Frauenbeauftragten unterliegen.

Gewalt an Frauen findet zwar – auch wenn das konservative Kräfte gerne leugnen – zum größten Teil im häuslichen Rahmen statt, aber sie beschränkt sich nicht darauf. Gerade Bewegungen wie MeToo haben die Dimension von sexueller Belästigung anderem gewalttätigen Verhalten am Arbeitsplatz aufgezeigt. Es braucht deswegen einen konsequenten Kampf gegen Sexismus am Arbeitsplatz: Betriebsrät*innen müssen durch fachliche Schulung für das Problem sensibilisiert werden, damit sich die Betroffenen an sie wenden können, im Vertrauen darauf, dass ihre Beschwerde ernst genommen wird. 

6.    Werden Sie die Forderungen des bekanntlich weit unterstützten Frauen*volksbegehrens in der nächsten Legislaturperiode umsetzen? Wie gedenken Sie dies zu tun?

Die SLP hat das Frauen*volksbegehren unterstützt und mit dessen Aktivist*innen auch gemeinsame Veranstaltungen organisiert und anderweitig zusammengearbeitet. Dabei haben wir jedoch auch immer betont, dass Volksbegehren auch trotz breiter Unterstützung in den Schubladen der Politik vergammeln, wenn der Kampf nicht außerhalb dieser Institutionen fortgesetzt und intensiviert wird. Die SLP wird nicht in der nächsten Regierung sein – doch wir werden uns weiterhin auf der Straße, in Betrieben und Ausbildungseinrichtungen für Forderungen des Volksbegehrens wie Arbeitszeitverkürzung, Ausbau der Kinderbetreuung, Kampf gegen Gewalt an Frauen etc. einsetzen. Wir laden die Aktivist*innen des Frauenvolksbegehrens dazu ein, hier zusammenzuarbeiten und Druck durch Kampagnen aufzubauen, anstatt zu hoffen, dass das Parlament sich darum kümmern wird.

7.    Wie halten Sie es mit Quoten? Sind Sie aus Ihrer Sicht notwendig und wo bzw. sollen sie zur Anwendung kommen?

Die SLP lehnt Quoten nicht ab, besonders dort wo es sie bereits gibt – doch sie behandeln Symptome eines tiefer liegenden Problems, welches durch Quoten nicht gelöst werden wird. Wir unterstützen Quoten in Fällen, wo sie als Mittel gedacht sind, um die Beteiligung und Einbindung von Frauen im Kampf gegen Sexismus und Kapitalismus zu kämpfen, nicht jedoch dort, wo sie als rein symbolische Maßnahmen von genau diesem Kampf ablenken sollen. So halten wir wenig von der Frauenquote der „Expert*innen“regierung, welche die kapitalistischen und sexistischen Verhältnisse im Sinne der Herrschenden weiterverwaltet. Wir halten es für einen Fehler, zu glauben, dass Frauen in mächtigen Positionen automatisch die Situation von allen Frauen verbessern. Es ist kein Sieg für Frauen, dass aggressive Neoliberale wie Christine Lagarde oder Ursula von der Leyen jetzt Spitzenpositionen in der EU besetzen. Sie werden das kapitalistische Kürzungsdiktat und die imperialistische Agenda, unter denen insbesondere Frauen leiden, fortführen. Als Sozialist*innen weisen wir immer darauf hin, dass die unversöhnlichen Trennlinien in der Gesellschaft zwischen oben und unten, also zwischen den Klassen, verlaufen. Ziel sozialistisch-feministischer Politik muss es sein, diese Spaltung zu überwinden. Das bedeutet den gemeinsamen Kampf aller, die „unten“ sind - die in ihrer großen Mehrheit nicht männlich und nicht weiß sind - gegen die Herrschenden in Politik, Betrieb und Gesellschaft - die in ihrer großen Mehrheit männlich und weiß sind.

8.    Die letzten Monate waren unter anderem geprägt von Diskussionen um eine Einschränkung der Fristenlösung. Welchen Stellenwert haben reproduktive Rechte für Sie und wie gedenken Sie, diese für Frauen zu schützen?

Die SLP ist seit Jahrzehnten im Kampf für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch aktiv. Wir haben unzählige Kampagnen geführt, auch gemeinsam mit Aktivist*innen von Organisationen, die im Frauenring aktiv sind. Für eine ausführliche Darstellung unserer Aktivitäten und unseres Programms in diesem Bereich verweisen wir auf unsere Broschüre „Volle Selbstbestimmung für Frauen“ (https://www.slp.at/sites/default/files/brochure_fulltext_pdf/frauenbrosc...).

Wir fordern die komplette Legalisierung von Schwangerschaftsabbruch. Schwangerschaftsabbrüche müssen kostenlos in allen Bundesländern und in allen öffentlichen Spitälern bzw. Spitälern, die Geld vom Staat erhalten, durchgeführt werden. Dafür braucht es eigene Abteilungen. Die SLP tritt außerdem für die Schaffung von selbstorganisierten Frauengesundheitszentren durch die öffentliche Hand ein, die auch Beratung und Behandlung bei Schwangerschaftsabbrüchen anbieten.

Wir fordern umfassende Aufklärung in Kindergärten und Schulen, die sich nicht auf Heterosexualität beschränkt, sondern alle Formen von Sexualität inkludiert. Weiters fordern wir die kostenlose Abgabe von Verhütungsmitteln. Diese müssen außerdem anonym abgegeben werden, ebenso wie Abtreibungen anonym durchgeführt werden müssen, damit Frauen nicht durch Eltern bzw. Partner überwacht und kontrolliert werden können.

Wir fordern eine Bannmeile für Abtreibungsgegner*innen rund um Kliniken und Arztpraxen. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, können wir uns dabei nicht auf die Polizei verlassen – deshalb ist es notwendig, dass Betroffene, Klinikpersonal und Anrainer*innen einen Schutz organisieren.

Die SLP ist eine aktive Kraft im Kampf gegen die reaktionäre Offensive aus kirchlichen, konservativen und rechtsextremen Kreisen. Die Fristenlösung steht schon lange auf der Abschussliste dieser Kräfte, nun sehen sie die Zeit gekommen, aus ihren Löchern zu kriechen. Die SLP wird den Widerstand gegen die selbsternannten „Lebensschützer“ (die in Wahrheit Frauenmörder sind) weiter auf die Straße tragen, zusammen mit der von uns initiierten feministisch-sozialistischen Plattform „Nicht mit mir“ und anderen feministischen Zusammenhängen. Wir brauchen jetzt schon eine Kampagne für eine starke gemeinsame Mobilisierung am 8. März, um die reaktionäre Offensive zurückzuschlagen.

9.    Viele Frauen und vor allem feministische Aktivist*innen sind im Netz immer wieder mit massivem Frauenhass im Netz konfrontiert. Nicht zuletzt der Fall von Sigi Maurer zeigt deutlich, dass es hier endlich deutliche gesetzliche Regelungen geben muss. Welche Maßnahmen bzw. Gesetzesänderungen sind hier aus Ihrer Sicht wichtig?

Der Fall Sigi Maurer hat Licht auf das gewalttätige Verhalten geworfen, dem Frauen und insbesondere LGBTQIA+Personen täglich ausgesetzt sind. Das Internet verdichtet diese Gewalt auf verschiedenste Weisen und bietet Sexisten zahlreiche Schlupflöcher für ihre Hetze. Gleichzeitig hat jedoch die (verbliebene) Anonymität im Internet gerade für Frauen und auch hier insbesondere LGBTQIA+Personen auch ein wichtige Schutzfunktion. Der Kampf gegen Online-Belästigung darf deswegen nicht zur Aufweichung allgemeiner persönlicher Rechte, etwa durch Klarnamenpflicht (welche z.B. Transpersonen speziell diskriminieren würde) führen. Zielführender wäre es, dafür zu kämpfen, dass diese Formen virtueller Gewalt als Straftatbestand anerkannt werden und verfolgt werden müssen. Die Erfahrung zeigt, dass die Polizei und das Rechtssystem hier aus eigener Initiative nichts unternehmen wird. Ein erster Schritt, um Druck aufzubauen, kann eine bundesweite Dokumentationsstelle für sexistische Hetze im Internet sein, die von Frauenorganisationen kontrolliert und durch öffentliche Gelder finanziert wird.