Mi 24.07.2019
Im Rahmen des 'Winterpakets' können Menschen in Not niederschwellige Unterstützung in Form von Speisen, Unterkunft und Beratung erhalten. Denn von November bis April stellt der 'Fonds Soziales Wien' ein zusätzliches Budget für Wärmestuben und Notquartiere. Diesen Winter waren 1.400 Menschen darauf angewiesen. Die Einrichtungen waren voll ausgelastet. Ab 30. April wurden mit dem Ende des Winterpakets ca. 950 Schlafplätze gestrichen. Nur noch ein Notquartier für Männer mit lediglich 70 Notschlafplätzen wird über den Sommer betrieben. Für Frauen gibt es keinen einzigen Notschlafplatz!
Für das Angebot gibt es keine besonderen Voraussetzungen. Man braucht nur eine Zuweisung von der Beratungsstelle. Entsprechend lang ist die Warteliste. Am härtesten traf die Umstellung auf den Sommerbetrieb Menschen ohne jeglichen Anspruch auf Sozialleistungen. Wer keinen Platz hat, muss draußen schlafen. Verdrängung aus dem öffentlichen Raum und Polizeischikanen, bei denen Zelte, Schlafsäcke und Kleidung beschlagnahmt werden, sowie erhöhte Abschiebegefahr, erschweren die Situation enorm. Psychische und körperliche Erkrankungen, die oft vorkommen, bedeuten unter solchen Umständen oft Verelendung oder gar den Tod. In den ersten Monaten des Sommerbetriebes sind an den Folgen der Umstellung mindestens 5 Personen verstorben. Am 12. Juni ist ein Klient des Notquartieres in Schubhaft gestorben.
Initiative 'Sommerpaket' kämpft für Ganzjahres-Notquartiere
'Sommerpaket' ist eine Initiative von Basis-Mitarbeiter*innen der Wohnungslosenhilfe. Sie wurde diesen Frühling gegründet. Nach einigen Treffen wurden drei zentrale Forderungen formuliert, die an den 'Fonds Soziales Wien' und Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) gerichtet sind: ganzjähriges Angebot der Notquartiere für alle Personengruppen (vor allem Frauen und Transpersonen); bessere Qualität der Unterbringung mit Zugang zu fachgerechter Pflege und medizinischer Versorgung; Verbesserungen der Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter*innen. Die Initiative hält regelmäßig Treffen ab, um ihre Basis zu stärken und sich mit anderen Initiativen im Sozialbereich wie „Sozial, aber nicht blöd“ zu vernetzen. Ein guter Schritt in Richtung der Lösung der akuten Notlage unserer Klient*innen. Mehr dazu auf http://sommerpaket.noblogs.org
Im Kapitalismus kein gutes Wohnen für Alle
Um Verbesserungen in der Wohnungslosenhilfe zu erreichen, werden Appelle an Geldgeber & Management nicht genügen. Wir müssen bereit sein, Arbeitskampfmaßnahmen zu ergreifen – wie politische Betriebsversammlungen und letztlich Streiks. Auch müssen wir andere relevante Bereiche unserer Branche (z.B. Pflege, Beratung, Reinigung) einbinden, um Erfolg zu haben. Kämpferische und basisorientierte Teile der Gewerkschaften und Betriebsrät*innen können da eine wichtige Rolle spielen. Um langfristig alle Missstände ums Wohnen lösen zu können, braucht es einen Bruch mit den bestehenden Eigentumsverhältnissen und dem Kapitalismus. Als erster Schritt könnte eine radikale Besteuerung und Enteignung von Superreichen und Immobilien-Haien Mittel freigeben, mit denen neue leistbare Wohnräume geschaffen und das Sozialbudget finanziert werden können.