Do 04.04.2019
Die wissenschaftlichen Fakten zur Klimakrise sind seit Jahrzehnten bekannt. Die wirklich notwendigen Maßnahmen, um eine realistische Chance zu haben, das 1,5°C-Ziel von Paris halbwegs einzuhalten, auch: Wir müssen ab sofort alle zehn Jahre den globalen Ausstoß von Treibhausgasen mehr als halbieren und ab 2050 dürfen gar keine Treibhausgase emittiert werden.
Das steht in komplettem Widerspruch zu dem, was die Regierungen unternehmen, nämlich wenig bis nichts. Sie behaupten, dass Umweltschutz und „Wirtschaft“ Hand in Hand gehen könnten, beschwören einen „Grünen Kapitalismus“ und betonen, dass jede*r Einzelne etwas gegen die Klimakrise tun soll. Wenn wir alle Bio kaufen und auf Ökostrom umstellen, schaukeln wir das schon. Da wir natürlich weiter konsumieren sollen, sonst würde ja die Wirtschaft leiden, können wir den CO2-Ausstoß kompensieren, dafür werden z.B. ein paar Bäume in Südamerika gepflanzt (was häufig zu Lasten der lokalen Bevölkerung geht, die von ihrem Land vertrieben wird). Dieser Ablasshandel soll unser Gewissen beruhigen und schützt die großen Konzerne davor, ihre Produktion umzustellen.
Es ist zwar sinnvoll, den Fleischkonsum zu reduzieren (die Produktion von Rindfleisch verursacht 50-mal mehr Treibhausgase als die von Getreide) und wenn möglich Bahn, Öffis und Rad statt Flieger und Auto zu nehmen, aber das ist nicht die Lösung. Der Fokus auf individuelle Konsumentscheidungen lenkt vom wirklichen Problem ab.
Die Klimakrise kann nicht durch „Grünen Kapitalismus“ gelöst werden.Dieser ist der Versuch, die Ursachen eines Problems als dessen Lösung darzustellen. „Grüner Kapitalismus“ ist die Illusion, dass auf Basis der existierenden Marktmechanismen und Warenstruktur ernsthafter Umweltschutz möglich wäre. Es wird so getan, als wäre Umweltschutz ein Zusatzstoff, der jedem Produkt zugefügt werden könnte, ohne die Grundpfeiler, kapitalistisches Wachstum und Profitstreben sowie daraus sich ergebend Planlosigkeit und Überproduktion, zu verändern. In Kombination mit erbarmungsloser Konkurrenz führt das dazu, dass ernsthafter Umweltschutz nicht wettbewerbsfähig ist und damit nicht im nötigen Ausmaß wirksam sein kann. Umweltschutzauflagen werden von den Konzernen angegriffen und solange verwässert, bis sie marktkonform sind. Der Emissionshandel ist das beste Beispiel. Dieser hat u.a. in der EU und Australien großen umweltschädlichen Konzernen durch die Vergabe der CO2-Zertifikate Gewinne und gleichzeitig den Staaten Verluste beschert.
Laut der britischen Zeitung The Guardian sind 100 Konzerne für 71% der globalen Treibhausgasemissionen seit 1988 verantwortlich. Die Regierungen haben kaum Vorschriften und Verbote und keine effektive CO2-Steuer eingeführt. Sie schützen die Konzerne - Wachstum und Profit dürfen nicht in Frage gestellt werden. Das führt zur perversen Situation, dass Österreich und die EU klimaschädliche Industrien mit Milliarden fördern. Allein in Österreich belaufen sich die umweltschädlichen Subventionen auf 3,8-4,7 Mrd. € pro Jahr. Die EU zahlt jährlich Subventionen von 58 Mrd. € für Kohlekraftwerke und durch fehlende Kerosin-Steuern verliert sie Einnahmen von 30-40 Mrd. €. Indirekt bezahlen so wir alle für die Profite der Konzerne und bekommen im Austausch dafür die Klimakrise. Das ist aber kein Alleinstellungsmerkmal konservativer-rechtsaußen Regierungen. In Bezug auf den Bau der 3. Piste am Flughafen Schwechat war Ex-Kanzler Kern der Meinung „es könne nicht sein, dass vage Begriffe wie Klimaschutz ein solches Projekt zu Fall bringen.“
Das alles zeigt, dass wir den Regierungen nicht vertrauen können. Sie vertreten nicht unsere Interessen. Diese Einsicht ist besonders wichtig angesichts der aktuellen Klimastreik-Bewegung. Slogans wie „wir streiken bis ihr handelt“ und „Systemwandel statt Klimawandel“ sind griffig und zeigen die zum Teil radikale Haltung der Bewegung. Gleichzeitig gibt es aber auch bei vielen die Hoffnung, dass dieser Systemwandel mit den jetzigen Parteien möglich wäre. Das ist eine Illusion. Der Staat ist nicht neutral, sondern indirekter Ausdruck und Verteidiger der kapitalistischen Verhältnisse.
Die Einhaltung des 1,5°C-Zieles erfordert derart fundamentale Veränderungen von Industrie, Infrastruktur und Landwirtschaft, dass diese bei weitem den Rahmen dessen sprengen, was in diesem System möglich ist. Wir müssen u.a. den Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern, die Energieversorgung von fossilen Brennstoffen auf 100% erneuerbare Energien umstellen und die Wirtschaft planen, um Produkte langlebiger und Produktion nachhaltiger zu machen. Um die Klimakrise wirklich zu bekämpfen, brauchen wir ein grundlegend anderes System: Eines, das sich an den Bedürfnissen von Mensch und Natur orientiert und auf allen Ebenen demokratisch organisiert ist. Als erstes müssen die 100 größten Treibhausgas-Emittenten vergesellschaftet und unter demokratische Kontrolle jener gestellt werden, die nicht von Profiten, sondern ganz normaler Arbeit leben. Denn über das, was uns als Gemeinschaft gehört, können und müssen wir auch als Gemeinschaft entscheiden. Nur dann können wir die oben beschriebenen Maßnahmen auch umsetzen.