Di 07.08.2018
Kleider machen Leute. Als Tsipras in Griechenland mit der Hoffnung auf eine linke Wende gewählt worden war, weigerte er sich, Krawatte zu tragen – ein Skandal am hochnoblen Polit-Parkett. Seinem Finanzminister Varoufakis warf „Die Zeit“ sogar „Straßenkämpfer-Look“ vor. Von den ArbeiterInnen Europas ernteten sie dafür aber Sympathie. Heute sieht die Welt anders aus: Syriza hat sich nicht nur dem Kleidungs- sondern auch dem Spardiktat unterworfen. Auch an anderen medial präsenten Linken glänzen heute mehr die teuren Uhren als ihre Politik. Wagenknecht besitzt ein stattliches Vermögen und Melénchon vermietet zahlreiche Wohnungen in Paris.
SozialistInnen fordern von VertreterInnen der ArbeiterInnenklasse, dass sie mit uns allen auf derselben Augenhöhe leben, arbeiten und kämpfen. Aus diesem Grund deckeln z.B. ernsthafte linke Organisationen die Gehälter ihrer PolitikerInnen beim Durchschnittslohn einer Facharbeiterin. Auch wenn sich die individuelle Überzeugung nicht direkt am Kontostand ablesen lässt: Ein Aufruf zum Streik klingt glaubwürdiger, wenn er von der Nachbarwohnung und nicht aus dem Villenviertel kommt. Es ist auch eine Lehre der Geschichte: Ende des 19. Jahrhunderts bildete sich in der ArbeiterInnenbewegung eine privilegierte Schicht aus ParteiführerInnen und BürokratInnen. Diese teilten nicht mehr die Lebensbedingungen ihrer Basis – bald dafür aber die Interessen ihrer neuen bürgerlichen FreundInnen: vom Abwürgen der revolutionären Bewegungen bis zur Unterstützung für imperialistische Kriege.